du – die Unabhängigen sind wieder aufgestanden

Von links Jack Quaderer, Peter Wachter, Pio Schurti

Die im Jahr 2013 von Harry Quaderer aus Schaan gegründete Partei «du – die Unabhängigen» hat für die nächsten Jahre einiges vor. Nach der Abspaltung der politischen Gruppierung DpL 2018 schafften die Unabhängigen es nicht mehr in den Landtag. Doch sie geben nicht auf, sind wieder aufgestanden. Geht es nach dem Willen des neuen du-Präsidenten Pio Schurti aus Triesen, wird sich seine Partei neu aufstellen – in der Absicht bei den Gemeinderatswahlen im kommenden Jahr und bei den nächsten Landtagswahlen im Jahr 2025 wieder anzutreten.  

Seit wann besteht die Partei du?
Pio Schurti:
Als politischer Verein bzw. als Partei besteht «du – die Unabhängigen» seit dem Frühling 2013. Harry Quaderer hatte im Herbst 2012 beschlossen, bei den folgenden Landtagswahlen als Unabhängiger – anstatt als Kandidat einer Partei – zu kandidieren. Neun Personen schlossen sich ihm an und setzten sich auf seine Wahlliste. Wir konnten aus dem Stand vier Landtagssitze erringen. Erst nach diesem erfreulichen Wahlresultat haben wir formell die Partei gegründet. Wir waren als Unabhängige auf einer Wahlliste angetreten und gründeten dann logischerweise die Partei der Unabhängigen. 

Wie ist die politische Ausrichtung und hat sich daran etwas geändert?
Die Unabhängigen haben immer grossen Wert darauf gelegt, für sich als Partei keine politische oder ideologische Ausrichtung zu definieren. Wir möchten konsequent der Verfassung nachleben, in welcher klar festgehalten ist, dass Landtagsmitglieder ihr Mandat frei ausüben sollen. So heisst es dort: «Die Mitglieder des Landtages stimmen einzig nach ihrem Eid und ihrer Überzeugung» (Art. 57 LV) und geloben, «das Wohl des Vaterlandes ohne Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern» (Art. 54 LV).

Diese Verfassungsbestimmung gilt nicht nur für du-Abgeordnete, sie ist der massgebende Leitsatz für alle Unabhängigen. Der Leitsatz gibt vor, wie wir denken und handeln, nicht was wir tun wollen. Wir sind uns einig über die Art und Weise, wie die anstehenden Aufgaben anzupacken sind, nämlich:

  • pragmatisch anstatt mit parteilichen oder privaten «Nebenrücksichten»,
  • zielstrebig und geradlinig anstatt mit parteipolitischen Winkelzügen und Hakenschlägen,
  • vom gesunden Menschenverstand anstatt politischer Korrektheit geleitet,
  • mit dem Wohl der Allgemeinheit fest im Auge anstatt auf Partikularinteressen schielend,
  • zupackend anstatt zaudernd.

Wie unser Name «du – die Unabhängigen» sagt, sind wir keine Einheitspartei, sondern eine Gruppe von selbständig denkenden und handelnden Personen, die sich zusammengefunden haben, weil wir ähnliche Überzeugungen vertreten, was die wesentlichen Staatsaufgaben betrifft. Dementsprechend haben wir in keinem Wahlkampf ein «Wahlprogramm» vorgelegt und den Wählerinnen und Wählern das Blaue vom Himmel herunter versprochen. Wir haben uns darauf beschränkt, unsere «Positionen» in zentralen politischen und gesellschaftlichen Bereichen zu umreissen. Trotzdem wurden in der Nachwahlbefragung des Liechtenstein-Instituts nach den Landtagswahlen von 2017 unsere «Positionen» als bestes «Wahlprogramm» gewertet. Auf der Basis seiner Umfragen hat uns das Liechtenstein-Institut leicht rechts von der politischen Mitte verortet. Vereinfacht darf man so schon sagen, dass wir eher konservative Wähler haben. Mir ist aber wichtig, dass wir als wertkonservativ verstanden werden. Wir sind keine Strukturkonservativen, die einfach an alten Zöpfen hängen und in ausgetrampelten Trüja herum stapfen. Werte gilt es zu bewahren, Strukturen darf und soll man durchaus durchbrechen. 

Worin liegt der Unterschied zwischen wert- und strukturkonservativ?
Dazu nur ein Beispiel, das zurzeit besonders heftig diskutiert wird. «Familie» ist ein Wert. Jedes Kind sollte wohl behütet, gut versorgt und geliebt in einer Familie aufwachsen können. Wer «Familie» mit einer Ehe zwischen Mann und Frau gleichsetzt, ist strukturkonservativ. Es gibt verschiedene Familienmodelle. Die Iren, ein gewiss ebenso katholisches wie konservatives Volk wie die Liechtensteiner, haben dies erkannt und 2015 in einer Volksabstimmung die «Ehe für alle» kurzerhand in der Verfassung verankert. Egal wie man zur gleichgeschlechtlichen Ehe oder zum Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare steht, die Iren haben gezeigt, was wirklich zählt: Werte, aber nicht verkrustete Strukturen. Als Unabhängige wurden wir und werden wir immer noch oft missverstanden. Manche Leute meinen, als Unabhängiger könne man doch unmöglich fürs Impfen, erst recht nicht für ein Impfobligatorium sein. Das ist ein falsches Verständnis davon, was es heisst, unabhängig zu politisieren. Als Unabhängige lassen wir uns eben nicht von politischen oder ideologischen Mustern leiten. Wir sind nicht immer darauf bedacht, dass jede Stellungnahme zum Bild passt, das man allenfalls von uns hat. Unabhängig zu politisieren bedeutet eben auch, unabhängig von den nächsten Wahlen zu politisieren. Unabhängige werden deshalb nie Corona-Massnahmengegnern oder Putin-Lovern hübsch tun, nur weil sie auf ein paar Stimmen aus diesen Lagern hoffen.

Der Wähleranteil der du schrumpfte in der Zeitspanne des Jahres 2017 bis zu den Landtagswahlen 2021 von 18,4 auf 4,2 Prozent, und die Partei verlor rund 27’000 Stimmen. Damit scheiterte die bis dahin stärkste Oppositionspartei an der Sperrklausel von 8 Prozent. Was war der Grund, dass es die einst stolze Partei du mit zuletzt fünf Sitzen nicht mehr in den Landtag geschafft hat?
Eine Umfrage und Untersuchung des Liechtenstein-Instituts hat gezeigt, dass wir die meisten Wähler an die DpL verloren haben. Offenbar wurde die DpL als die «Nachfolgepartei» der Unabhängigen wahrgenommen. Für mich hat das damit zu tun, dass eben missverstanden wurde, wofür die Unabhängigen stehen. 

Wie wollen Sie die verlorenen Wählerinnen und Wähler wieder zurückgewinnen? Wo sehen Sie erfolgversprechende Ansätze?
Es geht nicht ums Zurückgewinnen. Wir wollen genügend Wählerinnen und Wähler gewinnen, um die 8-Prozent-Hürde zu überwinden. Ich hoffe, dass unsere künftigen Wählerinnen und Wähler klar sehen, wofür, für welche Werte die Unabhängigen stehen. Dass sie klar sehen, dass «unabhängig» nicht einfach «losgelöst» und «individualistisch» bedeutet. 

Wir sind nicht naiv und wissen natürlich, dass man sich als Partei und Kandidat gut «verkaufen» muss, vor allem natürlich im Wahlkampf. Ich hoffe, es gelingt, uns gut zu «verkaufen», indem wir den Leuten zeigen können, dass wir eine positive Kraft sein können, sei es im Landtag oder im Gemeinderat. Wir wollen uns nicht «anpreisen», indem wir beteuern, «wir sind eine positive Kraft, wir sollten wieder im Landtag vertreten sein». Die Leute sollen an unseren Worten und Taten erkennen, dass es eine gute Entscheidung ist, uns zu wählen. Wir wollen eine Wählerschaft, die uns wählt, weil sie unsere Haltung, unsere Art gut findet, auch wenn sie einzelne Standpunkte überhaupt nicht teilt. Ein Beispiel: Ideal ist, wenn wir trotz unserer Haltung zur Impfpflicht gewählt werden. Wir möchten gewählt werden, weil wir uns getraut haben und uns auch in vielen anderen Fragen getrauen, klar Stellung zu beziehen. 

In der Politik kann man es nie allen recht machen. Man sollte es gar nicht erst versuchen. Für die Unabhängigen ist dies eine Leitlinie: Wir können und wollen es nicht allen recht machen. Wir hoffen aber darauf, dass die Leute dies auch schätzen und uns wählen, obwohl wir es ihnen in der einen oder anderen Frage nicht recht gemacht haben. Deshalb freut mich sehr, wie viel Zuspruch wir in letzter Zeit bekommen haben. Am meisten freut mich, dass auch Leute, die in der Sache nicht oder zumindest nicht ganz einig gehen, mit dem was wir in den jüngsten Stellungnahmen gesagt haben, sich trotzdem anerkennend äusserten, weil wir eben eine klare Haltung zeigen, anstatt es aus wahltaktischem Kalkül allen recht machen wollen.

Die du-Gruppierung hat gegenwärtig den Status einer ausserparlamentarischen Opposition, welche das politische Geschehen im Lande aufmerksam verfolgt. Wie würden Sie die momentane Arbeit der Kollegialregierung beurteilen und auf welchen Politikfeldern würden Sie einen anderen Weg einschlagen?
Bei vielen Regierungen, nicht nur bei dieser, hat mich oft das Gefühl beschlichen, dass wir nicht von der Regierung, sondern von der Landesverwaltung regiert werden. Bei dieser Regierung ist dieses Gefühl besonders ausgeprägt.

Wir sind eine Oppositionspartei, zurzeit sogar eine ausserparlamentarische Oppositionspartei. Wir massen uns deshalb nicht an, den Regierungsparteien, die eine klare Mehrheit errungen haben, nahelegen zu wollen, in welchen politischen Bereichen sie einen anderen Weg einschlagen sollten. Wir werden aber natürlich weiterhin die Kollegialregierung und den Landtag auf ihrem Weg beobachten und punktuell zu ihrem Tun und Lassen Stellung nehmen. 

Was machen Sie im Hauptberuf und wieviel Zeit opfern Sie für die Partei?
Ich bin Auftragsschreiber. Ich schreibe und übersetze für andere. Ich redigiere und lektoriere auch grössere Manuskripte wie Bücher, Dissertationen etc. Daneben fungiere ich als Wirt im Gasthaus Linde in Triesen. Die Parteiarbeit ist nicht immer, kann aber sehr zeitaufwendig sein. Man müsste schon genau definieren, was Arbeit für die Partei ist, um genau buchführen zu können. Ist ein politisches Gespräch im Postfächer-Raum auf der Post Arbeit für die Partei? Ich verbringe sicher viel Zeit mit politischen Gesprächen, aber eben – ist das Zeit, die ich für die Partei opfere? Opfern tu‘ ich übrigens sowieso nicht. Ich bin von Natur aus mit meiner Zeit recht freigebig.