Der Köfferli-Schädler – ein Liechtensteiner Original

Viele haben ihn persönlich gekannt, viele von ihm gehört, vom «Köfferli- Schädler», einem der grössten Originale, das Liechtenstein je gekannt hat. Der Köfferli-Schädler war berühmt wegen seines Witzes, seiner Schlagfertigkeit und seines goldigen Humors. Ihn konnte nichts erschüttern, auch nicht, dass man ihn irrtümlicherweise für tot erklärt hatte. Er wischte diese Nachricht mit einem selbst verfassten Gedicht aus der Welt.

Er war das Liechtensteiner Original schlechthin, der mit schwarzem Frack, einer schwarzen oder farbigen Fliege, einem Gocks und einem alten Fahrrad von Haus zu Haus pilgerte. Der Köfferli-Schädler, sein richtiger Name war Ferdinand Schädler, wurde am 27. November 1900 als Sohn des Johann und der Christine Schädler-Kuppler geboren. Er starb am 10. April 1966 in seiner Heimatgemeinde Triesenberg, wo er auch beerdigt wurde.

Auf seinem Fahrrad, vorne hatte er einen Aufbau, auf dem sich sein mit Leder eingebundenes Blech-Köfferli mit der Aufschrift «Vorsicht Köfferli Schädler» befand. Täglich fuhr er mit seinem Velo durch die Dörfer Liechtensteins, um allerlei Waren des täglichen Gebrauchs zu verkaufen. In seinem umfangreichen Sortiment hatte er beispielsweise Hosenträger, Schuhbändel, Schnupftabak, Rasierklingen, Faden, Fingerhüte, Kinderspielsachen und auch Süssigkeiten. 

Der Köfferli-Schädler war nie verheiratet und hatte auch keinen festen Wohnsitz. Das hat ihn gelegentlich mit dem Gesetz in Konflikt gebracht, genauso wie das Fehlen des Hausierer-Patents. Die Behörden liessen beim Köfferli-Schädler in den allermeisten Fällen Gnade vor Recht ergehen und bezahlten oft die Taxe für das gesetzlich vorgeschriebene Patent aus eigener Tasche. Als er aber dann eines schönen Tages gegen das Sanitätsgesetz verstieß, indem er Kopfwehpulver der Marke «Kafa» und Kondome verkaufte, gab es keine Gnade mehr für ihn. Im Jahr 1961 musste er ins Gefängnis. Für ihn kam der Gefängnisaufenthalt gerade rechtso die Quellen – denn normalerweise übernachtete er auf Heustöcken oder Kuhställen. 

Wie der Vaduzer Journalist und Lokalhistoriker Markus Meier im Magazin «Monat» im April 2010 schrieb, hätte der «Köfferli Schädler» dies auch in einem Schreiben an Dr.med. Edwin Heeb in Schaan, der ihm medizinisch betreute, mit folgenden Worten bestätigt: «Bin gut aufgehoben hinter den Gardinen im Grossen Haus. Würde mich freuen, wenn Sie mich in der feudalen Wohnung besuchen würden.»

Ferdinand Schädler hatte aber auch Freunde in den obersten Kreisen des Landes, wie zum Beispiel Fürstin Gina, denn er durfte als einziger ihr Autogramm verkaufen. Auch Prinz Emanuel zählte zu seinen Freunden. 

Eine Frohnatur
Der Köfferli-Schädler war eine Frohnatur, immer zuvorkommend, höflich und gut gepflegt. Selten wurde er von der Tür gewiesen. Er war in der Bevölkerung beliebt und geschätzt. 

Er lebte viele Jahre bei Franz Schreiber, Automechaniker, in Schaanwald und später im alten Maurer Gefängnis, welches nicht mehr benutzt wurde. 

Über den Köfferli-Schädler gibt es so manche humorvolle Geschichte. Ein Auszug:

Den Landtag im Köfferli
Eines Tages soll er mit seinem Velo aus dem Vorarlbergischen in Schaanwald über die Grenze gekommen sein, als ein Zöllner ihn nach dem Inhalt seines Koffers fragte. Darauf antwortete der Köfferli-Schädler: «Na, den ganzen Landtag von Liechtenstein.» Der Zöllner habe ihn darauf verdutzt angeschaut und bemerkt: «Mach doch ko Spröch!» Als der Zöllner einen Blick in den Koffer warf, rief er erstaunt aus: «Aber das sind ja nur Lumpen!» Da lachte der Köfferli schelmisch und meinte: «Das haben jetzt aber Sie gesagt.» (Erzählung von Historiker Arthur Brunhart, Balzers)

Dr.med.vet.David Matt

 

«Anti-Babypilla»
Dr. «Nätzele» Matt bei einer «Saumetzgete» (Schlachtpartie) bei Alban Matt im Ortsteil Popers in Mauren mit dem Hausmetzger Fehr von der Binza, Robert Matt, Kurt Matt und auch der Köfferli-Schädler in der Runde. Während der Schlachtpartie sagte dieser: «Heider ghört, jetzt sölls Bolla [Pillen] för d‘Fraua geeh. Wenn d’Frau a einzigi davo nimmt, gits kai Kind.» Daraufhin der Nätzele-Doktor: «Dena set ma Anti-Baby-Pilla. Aber du hescht jo koo Frau, du bruchscht dia Dinger sowieso net.» Der Köfferli Schädler war um die Antwort nicht verlegen und sagte: «Ma cha jo nia wissa.» 

Abkürzung durch die «Armahüler-Bündt»
Eine weitere heitere Geschichte aus dem Jahre 1954: Start zum Weiherring-Strassenlauf im Jahre 1954 in Mauren. Start und Ziel vor dem «Strumpf-Oehri-Huus». Der Köfferli-Schädler nahm an diesem Rennen ebenfalls teil, natürlich mit dem Zylinder auf dem Kopf, der ohnehin sein Markenzeichen war. Sein Schmäh: Er nahm die Abkürzung vom Schlosser Matt über den Gehweg in der Bürgerheimbündt zum Haus von «Wissle» Johann Oehri, mitten durch den heutigen Sport- und Freizeitpark. Bis er dort vom Gehweg auf die Weiherringstrasse einbog, waren die anderen Läufer schon wieder da und der Köfferli Schädler hängte sich hinten an. 

Am Ende war er der Erste, er hatte nur die Hälfte der Strecke zurückgelegt und überholte im Zieleinlauf die gesamte Konkurrenz. Rufe wie: «Bschiss, das gilt nicht, du bist nur die Hälfte der Strecke gelaufen, du hast abgekürzt, du musst disqualifiziert werden», waren unüberhörbar. Darauf sagte der Köfferli-Schädler: «Jo, das scho. Aber i bi au mit der Hälfte vom 1. Preis z’frida.»

Der Köfferle Schädler als Dichter
Ferdinand Schädler war nicht nur der letzte seines Standes als Wanderhausierer im Fürstentum Liechtenstein – ein Geschäft übrigens, das er verstand wie kaum ein anderer vor ihm – er hatte auch, man glaubt es kaum, eine dichterische Ader.


Köfferli-Schädler als Dichter

Als der Köfferli-Schädler sich nach einem Unfall mit seinem Fahrrad ins Spital-
pflege begeben musste, schrieb er folgende Zeilen:

Hab Pech gehabt
Fuss und Oberschenkel hin,
zum Flicken im Spital ich bin,
hoffe, dass es nicht lange geht
und Ihr mich wieder beim Hausieren seht.
Mit Gruss Köfferli-Schädler

Einmal verbreitete sich eine Geschichte wie ein Lauffeuer im Land: «Habt Ihr gehört, der Köfferli-Schädler ist gestorben». Da man ihn zu früh für tot erklärt hatte, reagiert er mit folgendem Gedicht:

Die Schauer-Mähr
Habt Ihr gehört die Schauer-Mähr,
der Köfferli-Schädler lebt nicht mehr,
derweil in Grabs man nicht lang macht,
ihm einen 80er-Nagel angebracht,
kunstgerecht und fein,
wie es eben muss sein,
die Sehnsucht nach dem Liechtenstein,
die trieb ihn wieder heim,
mit Glocken-Geläut man mich empfing,
im Spital im Ländle drin.
Hoffe, dass es nicht mehr lange geht,
und ihr mich doch noch lebend wiederseht.
Gruss Köfferli-Schädler