Die Eidgenossen konnten die Burg Gutenberg 1499 nicht erobern

Burg Gutenberg in Balzers heute

Vor 525 Jahren tobte der Schwabenkrieg zwischen Eidgenossen und Habsburgern. Auch das Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein wurde in diesen Krieg hineingezogen. Schloss Vaduz ging in Flammen auf, in Triesen fand eine blutige Schlacht statt. Nur die Burg Gutenberg konnten die Eidgenossen nicht einnehmen. 

Text: Günther Meier

Wenige Jahre nachdem Christoph Kolumbus im Jahre 1492 Amerika entdeckt hatte, befanden sich die Herrschaft Schellenberg und die Grafschaft Vaduz in einen Krieg verwickelt, der das ohnehin arme Gebiet in arge Nöte brachte. Der Schwabenkrieg, auch Schweizerkrieg genannt, dauerte von Januar bis September 1499. Den Anlass bildete die Auseinandersetzung zwischen den Eidgenossen und dem Haus Habsburg um die Vorherrschaft im Grenzgebiet, das eine Linie von Graubünden über den Bodensee bis gegen Basel umfasste. Die Kampfhandlungen erreichten schon im Februar das Gebiet des heutigen Liechtenstein, das damals im Besitz der Freiherren von Brandis war. Nachdem die Eidgenossen die Burg Gutenberg nicht hatten einnehmen können, kam es in Triesen zu einer Schlacht, in deren Verlauf die Habsburger Truppen von den Eidgenossen nach Vorarlberg zurückgedrängt wurden. «Nachdem sich die schwäbischen Landsknechte nach der blutig geschlagenen Schlacht bei Triesen nach Feldkirch und Bregenz geflüchtet hatten», schreibt der Historiker Claudius Gurt im Historischen Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, «war das brandisische Land den Raubzügen der siegreichen Eidgenossen und Bündner schutzlos ausgeliefert.» Vaduz und Schaan wurden geplündert, Bendern ging in Flammen auf, vorher schon war es in Balzers und Triesen zu Plünderungen und Brandschatzungen gekommen, Schloss Vaduz wurde angezündet und zerstört.

Die Burg Gutenberg hielt den Kanonen stand

Eine besondere Rolle bei den Auseinandersetzungen zwischen Eidgenossen und Habsburgern im Alpenrheintal spielte die Burg Gutenberg. Am 4. Februar 1499 befanden sich eidgenössische Soldaten auf der schweizerischen Rheinseite, während sich auf der liechtensteinischen Seite schwäbische Landsknechte auf der Burg Gutenberg verschanzt hatten. Die Schwaben waren sich offenbar ziemlich sicher, dass die Eidgenossen die Burg nicht einnehmen konnten, denn nach dem Wiederaufbau nach dem Alten Zürichkrieg 1445 waren die Ringmauern erhöht und die Zinnen ersetzt worden. Nachdem die schwäbischen Krieger die Eidgenossen provoziert hatten, wurde die Burg fast den ganzen April 1499 mit mehreren hundert Mann belagert. Die Eidgenossen beschossen die Burg mit Kanonen, konnten den starken Mauern aber nichts anhaben. Chronisten zufolge öffneten die Belagerten die Fenster und reinigten mit Besen die Mauern, um damit den Kanonenbeschuss der Eidgenossen zu verspotten. Bei der drei Wochen dauernden Belagerung drohten die Vorräte auf der Burg auszugehen, was die Belagerten zu einem Trick greifen liess, auf den die Eidgenossen prompt hereinfielen: Das letzte Kalb warfen die Schwaben mit Lärm über die Felswand hinunter, um den Eidgenossen damit vorzugaukeln, die Nahrungsvorräte würden noch lange halten – und täglich würden Feste gefeiert.

Die Provokationen der Schwaben und die Belagerung der Eidgenossen
schildert Peter Kaiser in seiner Chronik auf eindrückliche Weise. Eidgenössische Truppen seien von Chur in Richtung Rheintal marschiert, um sich mit den dortigen Truppen zusammenzuschliessen. Als die Besatzung auf der Burg die Gegner vorbeiziehen sah, seien Schüsse abgefeuert worden, um die Eidgenossen auf ihre Präsenz aufmerksam zu machen. Zur Verhöhnung der Eidgenossen hätten sie «Muh! Muh! Plä! Pläh!» geschrien, was die eidgenössischen Soldaten derart provozierte, dass sie den Rhein überquerten, einige Häuser anzündeten und mit der Belagerung der Burg begannen, die Festung jedoch nicht einnehmen konnten. Aber, so Peter Kaiser, damit sei der Krieg zwischen Eidgenossen und Schwaben bzw. Habsburgern auf die Grafschaft Vaduz ausgedehnt worden. 

Blutiges Gemetzel und grausames Abschlachten

Der Krieg verlagerte sich in Richtung Triesen. Wie Peter Kaiser in seiner Chronik schreibt, seien Eidgenossen am Fasnachtsdienstag von der Luziensteig herab nach Balzers vorgestossen und hätten sich mit den rund 1000 Eidgenossen verbündet, die am Tag zuvor über den Rhein nach Triesen vorgestossen waren. Die Eidgenossen befanden sich mit etwa 6000 Mann in der Überzahl, sodass sich ihre Gegner zurückziehen mussten. Die Kampfhandlungen im Gebiet von Triesen werden von Historikern als brutale Schlacht geschildert, als blutiges Gemetzel und als grausames Abschlachten. Die schwäbischen
Truppen, die grosse Verluste erlitten, wichen nach Vaduz zurück, ein Teil der Männer stieg bei der Flucht nach Triesenberg hinauf, überquerte den Kulm und rettete sich durch das Saminatal nach Feldkirch, wo sie später mit anderen schwäbischen Truppenteilen
die Eidgenossen aufzuhalten versuchten. Zahlreiche Kämpfer auf beiden Seiten verloren ihr Leben, man schätzt, dass gesamthaft etwa 600 umkamen. 

Claudius Gurt vermutet, dass es auch in der Zivilbevölkerung viele Opfer gegeben habe. Zwar hätten sich wohl viele Triesnerinnen und Triesner vor den Kämpfen ausserhalb des Dorfes in Sicherheit bringen können, andere hätten sich aber wahrscheinlich in ihren Häusern verbarrikadiert, die gegen die wilden Eidgenossen wenig Schutz boten. Gurt schreibt darüber: «Dass die Sieger auch gegenüber der Zivilbevölkerung keine Gnade kannten, zeigte sich in der anschliessenden Plünderung und Zerstörung von Triesen. Was nicht wohl schon früher von den Schwäbischen zur Versorgung der Truppe beschlagnahmt worden war, zogen nun die Eidgenossen ein, was nicht niet- und nagelfest war, wurde mitgenommen, das Vieh zum nächsten Lagerplatz getrieben und das Dorf in Schutt und Asche gelegt.»

Landsknechte ertranken auf Schloss Vaduz im Wein 

Ohne grossen Widerstand zogen die Eidgenossen in der Folge der Triesner Schlacht nach Vaduz. Im Visier hatten die Landsknechte die Vorräte auf Schloss Vaduz, wo damals Ludwig von Brandis residierte. Obwohl man das Schloss hätte verteidigen können, weil es reichlich mit Waffen ausgestattet war, hatte Ludwig von Brandis einen anderen Plan. Er bat die Hauptleute der Eidgenossen, die eine bedingungslose Kapitulation verlangten, ins Schloss und ersuchte um Verhandlungen. Um weiteres Blutvergiessen zu verhindern, bot er 10’000 Gulden an, wenn das Schloss und Vaduz nicht geplündert würden. Die Heerführer waren dem Handel nicht abgeneigt, doch die wilden Landsknechte scherten sich nicht um Verhandlungen, drangen ins Schloss ein, zertrümmerten die Einrichtungen und raubten alles, was ihnen in die Finger kam. Eine Gruppe verschaffte sich Zugang zum Weinkeller. Während sich die durstigen Krieger am Wein labten, zündeten ihre Kollegen in den oberen Stockwerken das Schloss an. Peter Kaiser schreibt in seiner Chronik, das übermütige Kriegsvolk habe in wilder Lust den Brand gelegt, dem die saufenden Gesellen, die den Kellermeister erstochen hatten, zum Opfer fielen. 

Der Bündner Dichter Simon Lemnius fasste das dramatische Ereignis auf Schloss Vaduz mit dem Zusammenbruch der Decke zum Weinkeller in ein Gedicht:

«Dreizehn zechende Männer ergaben inzwischen im kühlen
Kellerraum sich dem frohen Genuss des köstlichen Weines, 

frisch mit gewaltigem Kruge entschöpften sie ihn den Gefässen,
als ob’s der Feier der bacchischen Orgien gelte; sie lehnten
sich an die Fässer; da bebte die Mauer und stürzte zusammen.
Tief in dem Wein sie begrabend, inmitten der Gaben des Baccus,
gossen die Zecher die trunkene Seel’ aus im süssen Getränke.
Dieser schlürft noch im Sterben das Nass und ein anderer gibt es
wieder mit Blut von sich, und verspritztes Gehirne vermischt sich
unter dem Fass mit dem Weine; der Schenk fällt, tödlich getroffen.
So war der Frevel gebüsst und die Fässer befleckt mit der Lache.
Atmend noch seufzte ein Greis: O hätt’ ich doch froh vor dem Tage

und vor dem Todesgeschicke die Fülle des Weines genossen.»

Die Burg Gutenberg, sozusagen ein Vorposten des Schwäbischen Bundes, hatten die Eidgenossen nicht einnehmen können. Einen weiteren Riegel bildete Feldkirch, das den Zugang zum Walgau und dem Montafon versperrte. Die Eidgenossen teilten ihre Kämpfer in Gruppen auf, um das Nadelöhr Feldkirch mit einem Zangengriff einzunehmen. Eine dieser Gruppen hatte den Auftrag, über den Sarojasattel in Richtung Frastanz zu gelangen, um den Schwäbischen und Habsburgern in den Rücken zu fallen. Um diesen Plan zu verwirklichen, fanden sie – so will es die Sage – mit der Hilfe eines ortskundigen Schaaners den Weg hinter die Stellungen der Verteidiger. Uli Mariss soll, Erbsen streuend, den Eidgenossen vorangegangen sein und oben auf dem Sattel auf seinen Lohn gewartet haben. Der Schweizer Hauptmann soll ihn gebeten haben, niederzuknien und seinen Hut aufzuhalten, damit er den Lohn empfangen könne. Doch statt den Hut mit Geld zu füllen, schlug ihm der Eidgenosse mit dem Schwert den Kopf ab, der in den Hut fiel. «So bekam der Verräter seinen Lohn», schreibt Peter Kaiser in seiner Chronik. 

Die Eidgenossen erreichten mit ihrer Taktik das Ziel: In der äusserst blutigen Schlacht bei Frastanz wurden die meisten schwäbischen und habsburgischen Soldaten getötet oder ertranken beim Rückzug in der Ill.