Grosser Bruder

Leserbrief von Jo Schädler, Bendern

Putin lässt seine Bürger mit sagenhaften 880‘000 Videokameras überwachen? Zwei Drittel davon hat der Staat, das andere Drittel sein Vasall, die Polizei installiert, um jeden Schritt der Bürger genau unter Kontrolle zu haben und um bei auch kleinsten Vergehen, oder einer Unzulänglichkeit, sofort für Ordnung und Ruhe zu sorgen.

Unweigerlich kommt einem da Georg Orwells grosser Bruder (Big Brother) in den Sinn. 880 Tausend Videosysteme sind ja auch finanziell ein kräftiger Aufwand aus Steuergeldern, zumal es ja gilt, die gesammelten Daten fein säuberlich im Archiv aufzubewahren. Wie lange und unter welcher Kategorie, darüber kann sich der arme Russe die Karten legen. Meinen die einen, das gälte, die Sicherhit der Bürger zu gewährleisten, sagen die andern, dass es eher darum geht, den Bürger zu beobachten und ihn unter der Allmacht des Staats mürbe und gehorsam zu halten.

Stünde so ein Bericht wie dieser „fiktive“ bei uns über Russland in der Zeitung, würde man das Geschriebene wahrscheinlich als unverrückbar wahr ansehen und Putin würde in der Gunst der Leser noch weiter hinunter  getreten. Tatsächlich aber sind diese 880‘000 Videokameras auf die in Liechtenstein installierten Systeme auf die Bevölkerung Russlands hochgerechnet. 225 Kameras für die nur 39‘500 Einwohner Liechtensteins ist eine stolze Anzahl. Eine Kamera für 175 Einwohner die niemand hinterfragt. Was passiert mit den Aufnahmen, zu welchem Zweck und wo und wie lange werden sie aufbewahrt, hinterfragt auch hier, wie beim Gesundheitsdossier niemand. Wobei auch hier angebracht wäre: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.