Leserbrief von Jo Schädler,
Bendern 

Seid ihr alle da, ruft das Kasperle hinter dem Vorhang. Und tatsächlich, tri tra trullala die Kasperle sind sogar alle selber wieder da.

Und zwar zünftig erzählfreudig und schon legen sie los und erzählen uns ganz aufgeregt, wie gut es uns allen geht. Was wir für ein stabiles Land wir doch haben, in welchem Milch und Honig aus allen Rohren regelrecht herausspritzen. Gerade unsere politische Stabilität, unser Ansehen im Ausland, unsere innere Zufrieden und Ausgewogenheit, würden uns zum funkelnden Schatz dieser Erde machen, an dem sich all die Leidenden, die Gebrochenen und Gestrandeten ein Beispiel nehmen müssten.

Die hervorragende Dualität zwischen Fürst und Volk, die selbst verliebte Paare um den Verstand bringen und die darob sogar vergessen, sich fortzupflanzen. All diese Glückseligkeit, diese vom lieben Gott extra für uns installierte Wonne in unserem Juwel, dürfe auf gar keinen Fall und niemals mit Experimenten und demokratischen Störungen durch eine Direktwahl, der uns Regierenden aus dem Gleichgewicht gebracht werden.

Und weiter erzählen die Kasperle am weit geöffneten Vorhang, dass wir alle keine Angst haben müssen, denn kein gemeiner Räuber Hotzenplotz, oder gar der gefährliche Rumzeis wird uns jemals bedrohen können. Niemals würde bei uns ein Minister vorzeitig aus dem Amt gejagt und ihm gerade noch der Prozess gemacht, niemals würden wir einen Regierungschef schon nach hundert Tagen wieder zum Teufel jagen und ihn den Räubern zum Frasse vorwerfen. Theaterleiter, Radiomoderatoren bekämen die Milde der Gerichte regelrecht auf goldenem Tablett hinterhergetragen.

An die fünfhundert Verordnungen, Gesetze, Änderungen und sonstige   Kalbereien aller Art, würden Regierung und Landtag jedes Jahr in schlaf und traumlosen Nächten für unser Glück erfinden müssen. Und dann meldet sich auch noch ein reicher Treuhänder und Bankbesitzer am nicht wegzudenken Radio Li und warnt vor jeder Änderung, die uns und seinem Konto schaden könnten.