«Alle sollen sich in Triesenberg so wohl wie möglich fühlen»

Frühling in der Gemeinde Triesenberg, Foto: Daniel Schwendener

Christoph Beck ist dieses Jahr in seine dritte Mandatsperiode als Gemeindevorsteher von Triesenberg gestartet. Für die Legislatur 2023–2027 hat er sich zusammen mit dem Gemeinderat viel vorgenommen. Im Interview gibt er einen Einblick in diese Pläne und zeigt auf, was die Gemeinde sonst noch beschäftigt.

Interview: Heribert Beck

 

Gemeindevorsteher Christoph Beck

Herr Vorsteher, die Gemeindewahlen liegen zwar schon neun Monate zurück. Dennoch die Frage: Wie haben Sie den Wahlsonntag erlebt und wie beurteilen Sie Ihr Resultat? Immerhin haben Sie den Urnengang mit knapp 60 Prozent der Stimmen mit grossem Vorsprung für sich entschieden.

Christoph Beck: Wenn ich ein bisschen weiter zurückblicke, habe ich wirklich drei ganz unterschiedliche Wahlen erlebt. 2015, als ich zum ersten Mal als Vorsteherkandidat angetreten bin, war mein Vorsprung mit einem Prozent äusserst knapp. 2019 hatte ich zwar keinen Gegenkandidaten. Die 75,5 Prozent der Stimmen, die ich erhalten habe, waren aber eine schöne Bestätigung für die Arbeit, die der Gemeinderat, die Verwaltung und ich in den vorangehenden vier Jahren geleistet haben. Dieses Mal war die Spannung gross. Ich habe zwar im Vorfeld immer wieder gehört, dass es für mich reichen wird, aber die Wahl nie als schon gelaufen betrachtet. Im Gegenteil: Ich bin stets von einem knappen Resultat ausgegangen. Umso schöner war der Nachmittag des Wahlsonntags, als das Ergebnis feststand. Über die 59,7 Prozent habe ich mich sehr gefreut. Ebenfalls hat mich gefreut, dass mein Gegenkandidat Mario Bühler mir umgehend persönlich zum Sieg gratuliert hat.

Der Gemeinderat ist etwa zur Hälfte mit neuen Mitgliedern besetzt. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit seit der Aufnahme der Geschäfte am 1. Mai?

Zunächst nutze ich die Gelegenheit, allen Kandidatinnen und Kandidaten nochmals ganz herzlich zu danken – für ihr Engagement und ihre Bereitschaft, sich für ein öffentliches Amt zur Verfügung zu stellen. Es ist schade, dass sie nicht alle in den Gemeinderat einziehen konnten. Der Wechsel mit fünf neuen Mitgliedern und einem neuen Vizevorsteher hatte natürlich zur Folge, dass wir uns zunächst einarbeiten und finden mussten. Wir haben den Neuen zunächst alle Bereiche der Gemeindeverwaltung vorgestellt, die Kommissionsmitglieder bestimmt und unsere Ziele in einem Workshop definiert. Dabei hat sich wieder gezeigt, dass neue Köpfe auch immer wieder frische Ideen einbringen. Seither ist die Arbeit gut angelaufen. Wir konnten bereits das eine oder andere bewegen, und ich freue mich auf die kommenden drei gemeinsamen Jahre.

Sie haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass in diesen drei Jahren einige Baustellen – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn – auf den Gemeinderat und Sie warten. Wie geht es beispielsweise mit dem Dorfzentrum weiter, nachdem die Stimmberechtigten das Projekt «Ünscha Träff» im Mai 2022 abgelehnt haben?

Wir haben vor ziemlich genau einem Jahr, einige Monate nach der Abstimmung, eine Umfrage durchgeführt, um herauszufinden, was sich die Triesenbergerinnen und Triesenberger in Bezug auf das Dorfzentrum wirklich wünschen. Die Ergebnisse konnten wir inzwischen vorstellen. Klar gezeigt hat sich, dass sich fast jeder Umfrageteilnehmende eine Veränderung wünscht. Die Vorstellungen, wie das Resultat aussehen soll, gehen aber auseinander. Es ist nun unser Job, ein mehrheitsfähiges Konzept zu entwickeln und möglichst viele Wünsche der Bevölkerung zu vereinen, dabei aber auch die wirtschaftliche Machbarkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Dies wird keine einfache Aufgabe, aber dafür sind wir gewählt.

Deutlich einiger als beim Dorfzentrum waren sich die Triesenbergerinnen und Triesenberger beim Stützpunkt für die Blaulichtorganisationen. Über 90 Prozent haben sich an der Urne für einen Neubau ausgesprochen. Wie ist der Stand der Dinge?

Die Bauarbeiten schreiten gut voran, und Ende des kommenden Jahres sollte das Gebäude bezugsbereit sein. Dann verfügen die Freiwillige Feuerwehr und die Samariter über zeitgemässe, funktionale Räumlichkeiten, die ihren Bedürfnissen und den Ansprüchen der Bevölkerung an die Sicherheit gerecht werden. Im Gemeinderat müssen wir uns bis dahin klar werden, wie es mit dem bisherigen Stützpunkt beim Schulzentrum Obergufer weitergeht. Wir prüfen derzeit verschiedene Optionen. Beispielsweise sind die Kindergärten in Triesenberg aus heutiger Sicht nicht mehr ideal verteilt. Im Obergufer böte es sich nun an, einen zentralen Standort einzurichten, wie dies auch in anderen Gemeinden diesseits und jenseits des Rheins inzwischen häufiger gehandhabt wird. Die Schaffung von Tagesstrukturen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind ebenfalls eine Möglichkeit, die wir ins Auge gefasst haben. Noch ist keine Entscheidung gefallen, aber ich bin mir sicher, dass wir eine gute Wahl treffen werden. Die Gemeinderätinnen und -räte freuen sich selbstverständlich genau wie ich auch über Anregungen aus der Bevölkerung.

Kein Interview zu Triesenberg ohne Frage zum Berggebiet. Was beschäftigt Sie diesbezüglich im Moment?

Da ist einerseits die Sücka. Das Berggasthaus befindet sich bekanntlich im Eigentum der Gemeinde und hat eine lange Geschichte. Schon Ende des 19. Jahrhunderts befand sich dort eine der ersten Tourismusdestinationen Liechtensteins. Die Geschichte der Sücka ist also auch ein Stück Dorf- und Landesgeschichte, das es für mich unbedingt zu erhalten gilt. Dafür muss das Gebäude aber auch genutzt werden. Ich bin froh, dass wir für die Zeit bis Ostern eine Übergangslösung für die Bewirtung finden konnten. Wie es danach weitergeht und ob wir das Gebäude allenfalls sanieren lassen, müssen wir in den nächsten Monaten prüfen. Unser Ziel ist aber auf jeden Fall eine langfristige Verpachtung.

Ganz generell ist der Tourismus immer ein Thema in und für Triesenberg. Ich habe Einsitz in der Arbeitsgruppe der Regierung, die sich unter anderem mit einer Vereinfachung und Optimierung der Strukturen vor Ort beschäftigt. Das Ziel ist es, eine Organisation zu finden oder zu schaffen, die den Tourismus im Berggebiet entscheidend voranbringen kann. Dieser «Kümmerer vor Ort» soll das gesamte Liechtensteiner Naherholungsgebiet, das zu einem grossen Teil in der Gemeinde Triesenberg liegt, intensiver bewerben und dann in Absprache mit allen involvierten Organisationen vor allem einen starken Fokus auf die Produktentwicklung für das Sommer- und Winterangebot legen. Ein wichtiger Player in diesem Bereich sind die Bergbahnen Malbun, deren finanzielle Sanierung gut voranschreitet und die derzeit auf eine Rekordsaison im Sommer zurückblicken können, was mich als Mitglied des Verwaltungsrats sehr freut. 

Skigebiet Malbun

Ein weiteres Thema, das uns in Sachen Berggebiet beschäftigt, ist das angedachte Wildnisgebiet Samina-Galina, das zusammen mit Österreich umgesetzt werden könnte. Gemäss dem Montrealer Protokoll sollte Liechtenstein bis zum Jahr 2030 einen knappen Drittel der Landesfläche als biodiverse Schutzgebiete ausweisen. Da bietet sich ein zusammenhängendes und nahezu unberührtes Areal wie das Saminatal selbstverständlich geradezu an. In diesem Tal würden Flora und Fauna dann weitestgehend sich selbst überlassen, was den Besucherinnen und Besuchern ein naturnahes Erlebnis ermöglichen würde und uns die Chance gäbe, über die Bedürfnisse biodiverser Schutzgebiete sowie über ihren Nutzen aufzuklären.

Biodiversität und Klimaschutz sind zwei Seiten derselben Medaille. Wie steht es um das Engagement der Gemeinde für das Klima und die Nutzung erneuerbarer Energien?

Bis Ende des Jahres werden wir rund 550’000 Franken an Fördermitteln ausbezahlt haben. Das heisst, dass etwa jeder 40. Franken, den die Gemeinde ausgibt, in private Projekte fliessen wird, die beispielsweise eine bessere Gebäudedämmung oder die Installation einer Photovoltaikanlage zum Ziel haben. Mir sind beide genannten Aspekte wichtig: die Nutzung von erneuerbaren Energien genauso wie das Einsparen von Energie. Letzteres, die Energieeffizienz, geht meines Erachtens leider oft ein bisschen vergessen. Zusätzlich zu den Fördermitteln investiert die Gemeinde auch in Bezug auf ihre Liegenschaften viel Geld. Dieses Jahr sind es rund 350’000 Franken für PV-Anlagen auf unseren eigenen Dächern. Hinzu kommt eine Reihe kleinerer Projekte zum Energiesparen, die wir als Energiestadt gerne umsetzen. Eine solche Massnahme ist zum Beispiel ist die neue, energieeffiziente Beleuchtung der Turnhalle.

Vom Tourismussektor und der Nachhaltigkeit zum Gewerbe: Wie sieht es in Sachen IPAG-Areal am westlichen Dorfeingang aus?

Das Zurverfügungstellen einer Gewerbezone ist für uns ein wichtiges Thema. Wir sind auf dem besten Weg, eine solche auf dem IPAG-Gelände zu schaffen – und zwar mit einer optimalen Abgrenzung gegen den Weiler Wangerbärg mit seinen Wohnzonen. Der Plan sieht vor, die Parzellen im Baurecht zu vergeben, sodass die Triesenberger Betriebe sich eine eigene Heimat schaffen können.

All die Pläne, die Sie geschildert haben, lassen sich nicht umsonst verwirklichen. Wie steht es inzwischen um die Gemeindefinanzen?

Wir haben nicht die finanziellen Möglichkeiten der meisten anderen Liechtensteiner Gemeinden. Aber wie ich es immer wieder betont habe: Arme Gemeinden gibt es in Liechtenstein nicht. In Triesenberg müssen wir einfach ein bisschen besser haushalten als anderswo, können nicht alle Wünsche immer gleich erfüllen. Aber das ist vielleicht auch gar nicht immer nur schlecht. Durch den neuen, horizontalen Finanzausgleich haben wir ab 2024 pro Jahr rund zwei Millionen Franken mehr zur Verfügung. Es freut mich, dass der Landtag und die Regierung die Signale gehört haben, die wir seit Jahren aussenden, und dass sie bereit waren, zu einer guten Lösung beizutragen. Für das kommende Jahr haben wir zwar trotz der zusätzlichen Mittel ein Minus budgetiert. Das liegt an der Finanzierung des Stützpunkt-Neubaus, die wir gestaffelt vornehmen und aus den Reserven finanzieren können. In absehbarer Zeit wird sich die Lage aber entspannen, und wir können gemäss Finanzplan wieder Reserven aufbauen. Den Gemeindesteuerzuschlag belassen wir übrigens auch 2024 bei 150 Prozent. Denn die Bevölkerung soll nicht unter der finanziellen Situation leiden, welche die geografische und topografische Lage von Triesenberg mit sich bringen. Alle Einwohnerinnen und Einwohner sollen sich bei uns so wohl wie möglich fühlen.

Stichwort wohlfühlen: Wie steht es um das Dorfleben?

Bestens! Sowohl die Gemeindeverwaltung als auch – und vor allem – die zahlreichen Vereine leisten viel für die Pflege von Kultur, Sport und Geselligkeit sowie für die Jugendförderung. Das hat sich am Staatsfeiertag eindrücklich gezeigt, als wir beim Volksfest als Gastgemeinde auftreten durften und die Vereine die besten Botschafter für Triesenberg waren. Auch die Anlässe in der Gemeinde selbst sind zahlreich. 2024 steht ein besonders schöner an: Die Harmoniemusik Triesenberg wird Gastgeberin des Verbandsmusikfests sein und hat sich einen ganz besonderen Veranstaltungsort ausgesucht. Drei Tage lang wird Malbun das Zentrum der Liechtensteiner Blasmusik sein. Ich freue mich zusammen mit den Mitgliedern der Musik auf einen grossartigen Anlass und viele Gäste.

 

Adventsglanz in Triesenberg am Sonntag den 27.11.2022 FOTOS & COPYRIGHT BY GIANLUCA URSO

Weihnachten und der Jahreswechsel stehen vor der Tür. Was wünschen Sie der Bevölkerung.

Selbstverständlich eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch sowie nur das Beste für 2024. Der Bevölkerung von Triesenberg wünsche ich eine gute Zeit in der für uns schönsten Gemeinde des Landes, den Bewohnerinnen und Bewohnern der Talgemeinden, dass sie uns das eine oder andere Mal besuchen kommen und die landschaftliche Schönheit sowie die Gastfreundschaft oberhalb der Nebeldecke geniessen. (schmunzelt)