Erbprinzessin Sophie blickt auf ein ereignisreiches Jahr 2023 zurück. Im Interview mit der lie:zeit gibt sie insbesondere einen Einblick was sie in ihrem sozialen Engagement beschäftigt hat.
Interview: Herbert Oehri und Heribert Beck
Königliche Hoheit, ein ereignisreiches Jahr geht dem Ende zu. Wie beurteilen Sie 2023 rückblickend?
I.K.H. Erbprinzessin Sophie: Das zu Ende gehende Jahr war tatsächlich abwechslungs- und ereignisreich. Weltpolitisch war es geprägt von grossen Herausforderungen: So ist zum Krieg in der Ukraine der besorgniserregende Konflikt in Gaza hinzugekommen. Daneben gibt es zahlreiche weitere Krisenherde, wie beispielsweise im Sudan, in Myanmar, in Armenien und leider viele mehr. Ungewöhnlich starke Klima-Ereignisse, wie Überschwemmungen, Stürme, Hitzewellen und Trockenheit, beeinträchtigen die Existenz vieler Menschen. Vielerorts sind Menschen durch die Folgen des Klimawandels bedroht, was wiederum zu Konflikten führen kann und wohl leider auch wird. Zudem verändern technische Entwicklungen unseren Alltag und fordern beziehungsweise überfordern viele Menschen.
Privat war das Jahr natürlich auch geprägt von der einen oder anderen Familienfeier, Reisen und vielen schönen und bereichernden Begegnungen. Persönlich schaue ich dankbar darauf zurück.
In Ihren ehrenamtlichen Tätigkeitsbereichen hat sich viel bewegt. Das Liechtensteinische Rote Kreuz, dessen Präsidentin Sie sind, konnte vor wenigen Tagen 14 Organisationen im Haus der Familien begrüssen – darunter auch schwanger.li, love.li und das Netzwerk Familie, die unter der Trägerschaft Ihrer Stiftung stehen. Warum war und ist das Haus der Familien Ihnen ein Anliegen?
Kinder sind unsere Zukunft. Es ist von grosser Bedeutung, ihnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Gerade die ersten Lebensjahre sind besonders entscheidend für die kindliche Entwicklung und haben Auswirkungen auf das spätere Leben. Mit dem Haus der Familien ist in unserem Land eine zentrale Anlaufstelle geschaffen, die viele niederschwellige Angebote unter einem Dach vereint. Dies wird Müttern und Vätern erleichtern, diese verschiedenen, grossartigen Angebote noch besser und einfacher zu nützen.
Dass es gelungen ist, dieses Projekt zu realisieren, verdanken wir dem langjährigen und grossen Einsatz vieler Menschen und der Grosszügigkeit verschiedener Stifter und Stifterinnen. Ihnen allen gilt an dieser Stelle mein herzlicher Dank.
Welche Dienstleistungen bieten die genannten Organisationen und die Mütter- und Väterberatung des Roten Kreuzes an und was möchten Sie mit Ihrem diesbezüglichen Engagement bewirken?
In erster Linie war es ein Anliegen der verschiedenen Organisationen, die in Liechtenstein Dienstleistungen für Kleinkinder anbieten, einen gemeinsamen, zentralen Ort für ihr Angebot bereitzustellen. Zum einen soll dies für die Familien ein Gewinn werden, andererseits erleichtert es natürlich auch den Organisationen untereinander einen bereichernden Austausch. All dies einfach, unkompliziert, niederschwellig und unter einem Dach. Alexandra Jehle, die Koordinatorin des Hauses, ist während der «müze»-Öffnungszeiten im 1. Stock anzutreffen und informiert gerne über die verschiedenen Angebote sowie die Struktur des Hauses.
Das Heilpädagogische Zentrum, dessen Schirmherrschaft Sie innehaben, hat neben der bewährten Arbeit mit zwei grossen Bauprojekten in Schaan von sich reden gemacht. Welche Stossrichtung verfolgt das hpz damit und welche weiteren Arbeitsschwerpunkte stehen bei der heilpädagogischen Hilfe in Zukunft an?
Das hpz steht kurz davor, diese beiden Neubauten zu beziehen. Es handelt sich einerseits um die Werkstätte «Protekta» und andererseits um die beiden neuen Wohnhäuser «Rietle». Während die neue Werkstätte «Protekta» von Mauren zum neuen Standort nach Schaan umzieht, stellen die beiden Wohnhäuser «Rietle» ein zusätzliches Angebot dar. Mein Dank gilt – neben den Mitarbeitenden des hpz für ihre tolle Arbeit – den verschiedenen Stiftungen für ihre sehr grosszügige finanzielle Unterstützung. Dank dieser konnten die Bauten, welche genau auf die Wünsche und Bedürfnisse der uns anvertrauten Menschen zugeschnitten sind, verwirklicht werden.
Das hpz hat sich seit längerem Gedanken darüber gemacht, welche Anforderungen betreffend die Infrastruktur und welche grundsätzlichen Anforderungen in den kommenden Jahren auf das hpz zukommen werden. Die demografische Entwicklung zeigt, dass die Menschen immer länger leben und aufgrund der Förderung und des medizinischen Fortschritts auch Menschen mit Behinderung. In den westlichen Ländern sind 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung geistig behindert oder kognitiv eingeschränkt. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl von Liechtenstein sind dies 400 bis 800 Personen. Aufgrund moderner Betreuung und Pflege haben diese Menschen die gleiche Lebenserwartung wie Menschen ohne körperliche und/oder geistige Behinderung.
In Liechtenstein leben rund 130 Personen, die älter als 60 Jahre sind, mit einer geistigen Behinderung. Vermutlich leben viele dieser Personen noch bei ihren Eltern. Infolge dessen ist absehbar, dass in den kommenden Jahren die Anfragen nach einem Platz in den Wohnhäusern des hpz zunehmen werden. Es muss mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bis zum Jahr 2030 rund 100 betreute Bewohnerinnen und Bewohner in den Wohnhäusern leben werden. Im Vergleich zum Jahr 2023 entspricht dies knapp dem Doppelten. Ich bin daher zusammen mit dem hpz sehr froh, dass wir dies beim Bau der Wohnhäuser berücksichtigt haben.
Eine immer grösser werdende Nachfrage verzeichnet das hpz auch in den Bereichen Schule und Therapie. Diese beiden Bereiche wurden im Jahr 2012 mit einem Neubau erweitert und auf eine Auslastung von maximal 80 Schülerinnen und Schüler ausgelegt. Mittlerweile werden aber weit über 100 Kinder unterrichtet, sodass die heutige Infrastruktur an ihre Grenzen gelangt ist. Das hpz ist dabei, eine langfristige Lösung für dieses Platzproblem auszuarbeiten.
Die grosse Herausforderung für das hpz wird in den kommenden Jahren der Fachkräftemangel sein. Die «Baby-Boomers» – beim hpz rund ein Drittel der Belegschaft – werden in den kommenden fünf Jahren in die ordentliche Pension gehen. Das Wachstum der einzelnen Bereiche erfordert allerdings zusätzliches, qualifiziertes Personal. Vor dieser Problematik stehen aber auch andere Institutionen.
Was wünschen Sie sich und der Liechtensteiner Bevölkerung für die Weihnachtszeit und das Jahr 2024?
Für die Weihnachtszeit und das neue Jahr wünsche ich den Menschen zunächst eine schöne Vorweihnachtszeit und für das kommende Jahr Zuversicht und Freude. Gerade die frohe Botschaft von Weihnachten kann und möge uns dies aufs Neue zeigen. In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern frohe, gesegnete Weihnachten und ein gutes neues Jahr.