Vergeben können

Leserbrief von Jo Schädler

Neulich zu Fuss vom Schaanwald aus auf die Paule Hütte. Etwa auf Höhe, wo diese sehr alte Eibe stehen soll, deren Standort man aber nicht preisgibt, weil sonst würden die Menschen dorthin gehen um sie zu begaffen, kommt mir ein Maurer Bürger entgegen den ich von früher kenne. Ich wollte ihn fragen wie es geht, aber da brüllt er schon los wie ein alter Autotraktor und plärrte so laut, dass sogar die Vögel ihren Gesang unterbrechen mussten.

Es wäre eine himmeltraurige Sauerei von der Gemeinde, bei der Hütte einen grossen Grill gebaut zu haben, aber nicht einmal einen Tisch, an dem man die Wurst essen und sein Bier trinken könne. Man müsse wie ein Tottel auf einem Holzklotz hocken. Aber je mehr ich dem Mann zu trösten versuchte, desto lauter wurde er und da kamen Wörter aus seiner unrasierten Vorderfront, die hier zu nennen fatal wäre. Er liess kein gutes Haar an den Gemeindebediensteten, bis hinauf zum Vorsteher, den er leider auch gewählt habe. Seine Wortwahl im kernigen maurerisch, war derb und grob. Wohl hatte er mütterlicherseits Vaduzer Vorfahren. Mit dieser Abstammung müsste also sein Gehabe edel, fein und über die Unzulänglichkeiten gewöhnlicher Menschen erhaben sein. Offensichtlich haben diese edlen Gene in Mauren unten ihre segensreiche Kraft eingebüsst.

Aus Sicht des aufrecht vom Tisch essenden homo erectus mag er ja Recht haben, auch wenn die Kultur von Mauren im Mürlihocken gründet. Aber die Wurst von einem alten Baumstumpen essen? Ich hatte Mühe, den Mann zu beruhigen und ihm zu erklären, wie schwer es die Leute haben, welche für das Wohl der gewöhnlichen Maurer Bürger die Verantwortung tragen. Eine Last, die sie ja schon bei den täglichen Diensten erdrücken würde. Und man wisse doch, dass immer mehr Bürger, immer mehr Wünsche hätten und da käme er auch noch mit einem Tisch auf der Paule Hütte daher.

Beim Abschied gab ich ihm mit auf den Weg, dass nur im Vergeben Erfüllung und Heil zu finden wäre und bete für ihn, dass dies ihm möglich ist. Jo Schädler.