«Ein Casinoverbot durch die Hintertür ist nicht legitim»

V.l.: Markus Kaufmann und Philipp Nossek

Der Casinoverband hat das Abstimmungsergebnis vom 29. Januar selbstverständlich erfreut zur Kenntnis genommen. Präsident Markus Kaufmann und Vizepräsident Philipp Nossek erklären, welche Schlüsse sie daraus ziehen und welches Signal weitere Regelverschärfungen für den Wirtschaftsstandort als Ganzes gäben.

Die Abstimmung über die Casino-Verbotsinitiative liegt nun zwei Wochen zurück. Dennoch zunächst ein kurzer Rückblick auf den 29. Januar: Haben Sie als neuer Präsident des Casinoverbandes mit einem so deutlichen Votum der Stimmberechtigten gerechnet und was bedeutet es für Sie?

Markus Kaufmann: Zuerst möchte ich mich bei allen Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern bedanken. Das eindeutige Ergebnis zeigt, dass wir die Unterstützung der Bevölkerung haben. Dieses Vertrauen wollen wir auch in Zukunft nicht enttäuschen und setzen uns deshalb als Casinoverband weiterhin für höchste Standards im Bereich Geldwäschereiprävention und Sozialkonzept ein.

Dass die Casinolandschaft trotz aller Bedenken hinsichtlich der heraufbeschworenen «Flut» breiten Rückhalt in der Bevölkerung geniesst, hat sich bei der Abstimmung in der Tat gezeigt. Über alle Alters-, Bildungs- und Einkommensschichten sowie über fast alle Parteigrenzen hinweg wurde die Initiative verworfen. Was hat Ihres Erachtens den Ausschlag für dieses deutliche Votum gegeben?

Philipp Nossek: Wir haben uns von Anfang an für eine sachliche Diskussion eingesetzt und wollten mit Argumenten überzeugen. Ich denke, dass dies der richtige Ansatz war. Ich bin auch überzeugt, dass letztlich die Idee einer Verbotskultur keinen Anklang fand.

In der Tagespresse haben Sie nach der Abstimmung unter anderem auf die sich stetig verschärfenden Regeln für Liechtensteins Casinos hingewiesen. Die Rede war von 20 Gesetzes- und Verordnungsänderungen seit 2017. Können Sie in einigen Sätzen zusammenfassen was sich alles geändert hat?

Kaufmann: Wir haben mittlerweile in vielen Bereichen eine strengere Regulation als dies in der Schweiz der Fall ist. Grund dafür war ein Aktionismus der Regierung, der das weitere Wachstum einbremsen sollte. Zu den genannten rund 20 Gesetzes- respektive Verordnungsänderungen gehören Abgabeerhöhungen, Absenkungen der Abgabe von Gratisspielmarken und vieles mehr. Bei vielen Abänderungen ging es unserer Meinung nach nicht um einen sichereren Spielbetrieb oder einen zusätzlichen Schutz, sondern einzig und allein darum, das Casinogeschäft so unattraktiv wie möglich zu machen. Dieser Ansatz findet sich auch in der neuen Vernehmlassungsvorlage der Regierung vom November 2022 wieder.

Nossek: Viele der Massnahmen der Vergangenheit und auch jene der Vernehmlassungsvorlage machen letztlich nur das Betreiben von Casinos weniger rentabel – ich spreche vom Verhältnis Spieltische zu Geldspielautomaten, was zu höheren Personalkosten führt, oder der Abgabe von Gratisspielmarken. Man gewinnt den Eindruck, dass ein Casinoverbot durch die Hintertüre eingeführt werden soll.

Zunächst nochmals zu den bereits umgesetzten Verschärfungen: Was bedeuten diese für die einzelnen Betriebe und für den Casinoverband?

Nossek: Wir erleben den Verdrängungswettbewerb tagtäglich. Der Markt wird nicht grösser. Jeder neue Betrieb muss die Gäste von einem anderen abwerben. Konkret bedeutet dies, dass sich ein begrenztes Gästeaufkommen auf die vorhandenen Casinos verteilt.

Kaufmann: Wir gehen davon aus, dass der Markt auf die Dauer nur drei bis maximal vier Casinos zulässt. Die Schliessungen der Casinos in Balzers und Schaan zeigen dies deutlich. Ich denke, dass es nach der Abstimmung wichtig ist, dass jetzt auch der Volkswille umgesetzt wird statt weiterer Verschärfungen.

Was bringt Sie zur Überzeugung, dass das Volk nun keine weiteren Verschärfungen wünscht?

Nossek: Die Regierung hat Ende 2022 den angesprochenen Vernehmlassungsbericht zum Geldspielgesetz mit diversen Verschärfungen veröffentlicht. Die IG Volksmeinung hat direkt nach der Abstimmung gemeint, dass jetzt trotz klarem Ergebnis die Regierung zum Handeln gefordert sei. Ich frage mich in diesem Zusammenhang, wie man ein so eindeutiges Ergebnis einer Volksabstimmung auf diese Weise unzutreffend interpretieren kann und wieso wir weiterhin Prügelknabe sein sollen.

Was plant Wirtschaftsministerin und Regierungschef-Stellvertreterin Sabine Monauni konkret?

Kaufmann: Unbestritten ist zunächst, ich betone es nochmals, dass die Stimmberechtigten am 29.  Januar ein klares Bekenntnis zum Casinostandort Liechtenstein gegeben haben. Dieses Ja bedeutet für uns auch, dass es nicht legitim ist durch Verschärfungen – wie die Anhebung des Höchstabgabesatzes auf 60 Prozent – ein Verbot durch die Hintertüre einzuführen. Dies wäre eine Missachtung des Volkswillens. Um es konkret zu benennen: Die Regierung schlägt vor, dass in Zukunft die Casinos in Liechtenstein eine höhere Abgabe zahlen als jene in der Schweiz. Es ist erstens ein Präzedenzfall, dass wir in Liechtenstein höhere Abgaben leisten müssen als die Konkurrenz im Ausland, und führt zweitens dazu, dass wir im direkten Marktwettbewerb nicht mithalten können. Dies widerspricht unserem traditionell liberalen Wirtschaftsverständnis in Liechtenstein.

Wie verhält sich dies im internationalen Vergleich genau? Welche Abgabesätze gelten dort? Sind die Bestimmungen unternehmensfreundlicher als in Liechtenstein?

Kaufmann: Wenn wir in der Schweiz die effektiv bezahlten Abgabesätze der einzelnen Casinos anschauen, dann sind diese zurzeit nur wenig höher als in Liechtenstein. In Österreich gibt es einen Pauschalabgabesatz von 30 Prozent, der schon jetzt wesentlich tiefer ist als jener in Liechtenstein ist. Eine Erhöhung des Höchstabgabesatzes über das Schweizer Niveau ist aus unserer Sicht deshalb nicht angebracht.

Nossek: Die anderen europäischen Länder sind dem Geldspielsektor gegenüber überwiegend positiv eingestellt. Dabei wird angestrebt, das bestehende Geldspielangebot stetig zu erweitern und zu optimieren. Zudem haben diese Staaten ihre nominellen Höchstabgabesätze für Spielbanken bei 30 bis 50 Prozent festgelegt. Auch dieser Vergleich zeigt, dass wir in Liechtenstein im Mittelfeld liegen. Hinzu kommt, dass keine Ertragssteuer mehr anfällt, wenn die Betriebe keinen Gewinn mehr erwirtschaften. Da die Geldspielabgabe komplett an das Land geht, bleibt für die Standortgemeinden, welche die Infrastruktur zur Verfügung stellen, kein finanzieller Nutzen mehr übrig. Derzeit profitieren sie immerhin noch von einem Drittel der Ertragssteuern, welche die Casinos entrichten.

Sind die 73,3 Prozent Stimmen für die Casinos ein Hoffnungsschimmer, dass die geplanten Regelverschärfungen moderat ausfallen?

Kaufmann: Ich hoffe, dass die Regierung die Vernehmlassungsvorlage im Angesicht des Abstimmungsergebnisses nochmals grundsätzlich überdenkt. Liechtenstein profiliert sich seit Jahrzehnten international als wirtschafts- und unternehmerfreundliches Land. Ein hohes Mass an Rechtssicherheit, politische Stabilität, eine liberale Wirtschaftsordnung sowie eine moderate Abgaben- und Steuerbelastung sind dabei wesentliche Erfolgsfaktoren. Jetzt einen Präzedenzfall zu schaffen und höhere Abgaben als das Ausland zu fordern, halte ich für eine sehr gefährliche Entwicklung. Heute wird dies mit den Casinos gemacht. Wer folgt morgen?

Nossek: Ich kann das nur unterstreichen. Der Markt hat bereits bewiesen, dass er das Problem selbst regelt. Vielleicht geht es der einen oder dem anderen zu langsam, aber nochmals: Die Casinos in Balzers und Schaan haben geschlossen, weil sie betriebswirtschaftlich nicht zu betreiben waren. Man sollte man der noch jungen Branche aber auch Zeit geben, sich zu konsolidieren.