Gemeindewahlen 2023: 179 Kandidaten für 115 Sitze

In drei Wochen finden die Vorsteher- und Gemeinderatswahlen statt. Seit dem 20. Januar steht fest, wer sich um die elf Vorsteher- und 104 Gemeinderatssitze bewirbt. Ein Rekord ist beim Frauenanteil mit gut 41 Prozent erreicht, ein Negativrekord in Bezug auf die jüngere Vergangenheit bei der Anzahl der Kandidaten. Ein Novum ist, dass die Wahlberechtigten in Planken in Sachen Gemeinderat nicht die Qual der Wahl, sondern keine Wahl haben. 

Fünf Parteien waren es, die 2019 zu den Gemeindewahlen angetreten sind. Alle fünf konnten mindestens ein Mandat erreichen. Fünf Parteien sind es auch 2023 wieder. Die Unabhängigen treten zwar nicht an. Dafür stellt die Junge Liste erstmals zwei Vorsteherkandidaten. Realistische Chancen können sich aber natürlich vor allem die etablierten, im Landtag vertretenen Parteien ausrechnen, wobei die beiden Volksparteien VU und FBP die übergrosse Mehrzahl der Mandate unter sich ausmachen werden. Bisher haben sie gemeinsam deren 105 inne, 55 die Fortschrittliche Bürgerpartei, 50 die Vaterländische Union. Die Freie Liste kommt auf acht, die DpL und die Unabhängigen jeweils auf ein Mandat.

Kandidatensuche wird schwieriger
Die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeinderatsmandate gestaltet sich offenbar alle vier Jahre schwieriger. Seit 1975, als das kurz zuvor revidierte Gemeindegesetz erstmals für die Wahlen seine Gültigkeit hatte, traten nie weniger Personen an als in diesem Jahr. FBP-Präsident Rainer Gopp hatte bereits im August 2022 in einem Interview festgehalten: «Wie alle Parteien vermutlich feststellen, wird die Kandidatensuche nicht einfacher. Ich möchte mich an dieser Stelle für die hervorragende Arbeit der FBP-Ortsgruppen bedanken. Es ist bemerkenswert, mit welchem Einsatz und welcher Ausdauer sie Kandidatinnen und Kandidaten suchen und einen professionellen Wahlkampf vorbereiten.» Gopps Partei stellt denn auch mit zehn Vorsteher- und 74 Gemeinderatskandidaten die meisten Anwärter auf den Wahllisten. Dicht gefolgt von der VU, die um neun Vorstehermandate sowie 70 Gemeinderatssitze bewirbt. Feststehen die Vorsteher bereits in Schaan, Gamprin und Eschen, wo jeweils nur der bestehende Amtsinhaber erneut antritt. Dort und in einigen anderen Gemeinden sieht VU-Präsident Thomas Zwiefelhofer speziell die jeweils andere Volkspartei in der Pflicht. «Gerade in Konstellationen, in denen eine Partei in einer Gemeinde besonders dominant ist, kann eine andere Partei dafür sorgen, dass eine gute Kontrolle stattfindet», sagte er gegenüber dem «Vaterland» anlässlich der VU-Nomination in Mauren.

Aufbruchsstimmung bei der VU
Ganz grundsätzlich haben die Gemeindewahlen für die Parteien eine grosse Bedeutung. «Wie diverse Vertreter an internationalen Gipfeltreffen zuletzt betont haben, gilt es, zur Demokratie Sorge zu tragen. Wir in Liechtenstein haben das grosse Privileg, dass wir grunddemokratisch organisiert sind. Nicht nur auf Landes- sondern auch auf Gemeindeebene können jeder und jede Einzelne verschiedene demokratische Mittel einsetzen, um politisch mitzubestimmen. Bei den Gemeindewahlen legen wir fest, wer uns auf der unmittelbarsten politischen Ebene vertritt und unser direktes Umfeld mitgestaltet», sagt VU-Generalsekretär Michael Winkler. Darum sei es überaus wichtig, dass sich die Stimmbürgerinnen und -bürger an den Wahlen beteiligen. «Die rege Teilnahme an unseren Nominationsveranstaltungen hat bei uns allen eine Aufbruchstimmung ausgelöst. Es ist unseren Ortsgruppen abermals gelungen, starke und volksnahe Kandidatinnen und Kandidaten für die Rathäuser und Gemeinderäte zu gewinnen, die sich ernsthaft um die Belange der Bevölkerung kümmern. Jede Ortsgruppe hat genau die Anzahl Kandidatinnen und Kandidaten gefunden, die wir uns vorgenommen haben. Diese Leistung ist, gerade im Umfeld von Corona- und Energiekrise, nicht hoch genug einzuschätzen, wofür ich mich herzlich bedanke.»

Basis der politischen Arbeit für die FBP
«Gemeinderatswahlen haben natürlich auch für uns als FBP einen hohen Stellenwert. Die politische Arbeit In den Gemeinden ist die Basis für jede Partei im Land. Vorsteherinnen und Vorsteher prägen die Gemeinden und sie sind somit auch für die Partei wichtige Mandatsträger», sagt FBP-Präsident Gopp. «Wir pflegen die Ortsgruppen und die Arbeit an der Basis sehr – und gerade auf diese Gemeinderatswahl hin haben die Ortsgruppen hervorragende Arbeit geleistet. Wir haben als FBP bei den letzten Wahlen sieben Vorstehersitze geholt. Obwohl das Amt der Vorsteherin bzw. des Vorstehers in vielen Gemeinden neu besetzt wird, möchten wir aufgrund der Ausgangslage bei den letzten Wahlen wieder die Mehrheit bei den Vorsteherinnen und Vorstehern holen.»

Gleich viele bei der DpL, Hälfte bei der FL
Als einzige Partei gleich viele Gemeinderatskandidaten ins Rennen schicken wie 2023 kann die DpL mit deren fünf. «Es ist heutzutage nicht selbstverständlich, dass jemand sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellt und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen», sagte Präsident Thomas Rehak bei der Nomination am 11. Januar. Doch auch die DpL kommt nicht auf die gleiche Kandidatenstärke wie 2019, als sie sich zusätzlich um zwei Vorstehermandate beworben hat.

Federn lassen in Sachen Kandidaten musste aber vor allem die Freie Liste, an welcher der parteiinterne Streit rund um die Landtagswahlen nicht spurlos vorübergegangen ist. Sie kann noch maximal acht Gemeinderatssitze erobern – so viele wie sie 2019 mit 16 Kandidaten, darunter ein Vorsteherkandidat, insgesamt gewonnen hat. Allerdings freut sich die Partei gemäss Medienaussendung, «ein paritätisches Team, welches von 25 Jahren bis knapp über 60 alle Alterskategorien umfasst», ins Rennen zu schicken. Hinzu kommt mit dem Landtagsabgeordneten Patrick Risch ein Vorsteherkandidat für Schellenberg. Dafür, dass es auch in Balzers und Triesen zu einer Dreierkandidatur kommt, sorgt die Junge Liste, die sich damit weiter klar von der Mutterpartei emanzipiert. In diesen drei Gemeinden könnte es also auch zu zweiten Wahlgängen kommen, sollte am 5. März kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen.

In Planken geht es «nur» um den Vorsteher
Eine besondere Situation ergibt sich in Planken, wo die bisherige FL-Vertreterin im Gemeinderat aus der Partei ausgetreten ist. Die Freie Liste tritt dort 2023 auch nicht mehr an. Die DpL verzichtet ebenfalls auf eine Kandidatur. Somit stehen die vier Gemeinderatskandidaten der FBP und die beiden der VU bereits als gewählt fest. Spannend wird es hingegen bei der Vorsteherwahl, in welcher der langjährige Amtsinhaber Rainer Beck (VU) gegen die FBP-Landtagsabgeordnete Bettina Petzold-Mähr als Herausforderin antritt.