Wirtschaftspolitik mit Ziel hohe Lebensqualität

Wirtschaftswachstum – Umwelt – Lebensqualität: Diese drei Dimen­ sionen stehen in direkter Beziehung zueinander – teilweise harmonisch, teilweise auch konkurrierend. Die Stiftung Zukunft.li hat am Donnerstag in Ruggell ihre neueste Studie vorgestellt. Darin beleuchtet sie dieses Zusammenspiel, analy­siert die Wirtschaftspolitik der letzten Jahre und rät zu einem neuen wirtschafts­politischen Fokus.

Wirtschaftswachstum steigert bis zu einem bestimmten Niveau die Lebensqualität, weil höhere Einkommen unter anderem zu weniger Armut, besserer Gesundheit und höherem Bildungsniveau führen. Andererseits hat das Wirtschaftswachstum zu höhe­rem Treibhaus-Gasausstoss, ständig zunehmendem Verkehr und Landverbrauch ge­führt, was sich wiederum negativ auf die Lebensqualität der Bevölkerung auswirkt. Es kann nicht gelingen, bei allen drei Dimensionen Wachstum, Umwelt und Lebensquali­tät ein Maximum zu erreichen, ohne die Erreichung der anderen Ziele zu gefährden. Ein eigentliches Trilemma, bei dem es eben nicht um das Maximum, sondern um ein Opti­mum geht, das für einen gesellschaftlich gewünschten und nachhaltigen Ausgleich sorgt.

Lebensqualität messen
Während auf einer globalen Ebene wirtschaftliches Wachstum unabdingbar ist, um ei­nem noch viel zu grossen Anteil der Weltbevölkerung den Weg aus der Armut zu er­ möglichen, führt ein Anstieg der Einkommen in einem Land wie Liechtenstein kaum noch zu höherer Zufriedenheit. Für Liechtenstein mit einem der weltweit höchsten Wohlstondsniveous ist Wachstum daher kein Selbstzweck. «Wirtschaftswachstum ja oder nein? ist die falsche Frage. Wenn Wachstum nicht mehr dazu beiträgt, die Le­ bensqualität zu steigern, wird es unökonomisch», betonte Stiftungsratspräsident und Ökonom Peter Eisenhut im Rahmen der Pressekonferenz. Wirtschaftswachstum als solches sollte deshalb kein explizites politisches Ziel mehr sein. Vielmehr sollte die Po­ litik auf die Bereiche der Lebensqualität fokussieren, die verbessert werden können. Mit dem vorhandenen lndikotorensystem für eine nachhaltige Entwicklung besteht bereits ein Instrument, das genutzt werden könnte, um Lebensqualität als eigenstän­ diges politisches Ziel zu definieren. Entsprechend sollte es Priorität in der politischen

Agenda erholten. Daraus resultiert ein «optimales Wachstum», nicht zu viel und nicht zu wenig, abgestützt auf die Präferenzen der Bevölkerung.

Klimapolitik: Effizienz als prioritäres Kriterium
Die Klimapolitik wird das Wirtschaftswachstum der nächsten Jahrzehnte wesentlich beeinflussen. Als globales Problem lässt es sich nicht durch isolierte nationale Moss­ nahmen lösen. Um die Klimaziele zu erreichen, ist eine rasche Entkopplung zwischen CO2-Ausstoss und BIP-Wachstum auf globaler Ebene unabdingbar. Auch wenn der Beitrag Liechtensteins diesbezüglich nur minimal ausfallen kann, verlangt eine liberale Haltung, Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns zu übernehmen. Die Massnahmen zum Klimaschutz sollten sich an den Kriterien Effizienz, Effektivität und Kostenwahrheit orientieren. «Die Definition eines maximalen Auslandsanteils von 10% am gesamten Reduktionsziel von 50% bis 2030, wie ihn der aktuelle Vorschlag für die liechtensteinische Klimastrategie vorsieht, schränkt die Effizienz der einge­setzten Mittel allerdings unnötig ein», bemängelt Peter Eisenhut. Er plädiert dafür, auf einen maximalen Auslandsanteil zu verzichten. Nur so könne Liechtenstein seine Mas­snahmen dort einsetzen, wo jeder investierte Franken am meisten für den Schutz des Klimas beitrage.

Qualität des Wachstums entscheidend
Die Wirtschaft eines Landes wächst, wenn entweder mehr Arbeitsstunden geleistet werden oder wenn die eingesetzte Arbeitszeit produktiver genutzt wird. «Die liechten­steinische Wirtschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten in erster Linie durch einen Ausbau der Arbeitsstunden gewachsen, und dies zum überwiegenden Teil durch einen starken Zuwachs der zupendelnden Arbeitskräfte. Die Produktivität ist in Liechten­stein zwar auf hohem Niveau, ging in den letzten Jahren jedoch zurück», fasst Ge­schäftsführer Thomas Lorenz die Erkenntnisse der Studie zusammen. Eine Produktivi­tätssteigerung kann zwar nicht staatlich verordnet werden, Aus- und Weiterbildung sowie die Wissenschaft spielen dabei jedoch eine wichtige Rolle. Eine starke Verknüp­fung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft trage dazu bei, dass Forschungsergeb­nisse zu kommerziellen Innovationen weiterentwickelt werden. Die Politik sollte grundsätzlich dem Erhalt und der Verbesserung guter Rahmenbedingungen weiterhin hohe Priorität einräumen und damit ein Produktivitätswachstum unterstützen, lautet eine weitere Empfehlung der Studie. Die meisten Prognosen gehen allerdings davon aus, dass die Produktivitätsentwicklung in den nächsten Jahren eher bescheiden aus­ fallen wird. Deshalb und aufgrund der demografischen Entwicklung muss damit ge­rechnet werden, dass das zukünftige Wachstumspotenzial für Liechtenstein kleiner sein wird als in der Vergangenheit. Gesteigert werden kann es in erster Linie durch eine Erhöhung der Anzahl Grenzgängerinnen und Grenzgänger sowie durch eine Stei­gerung der Erwerbstätigenquote. Gerade bei der Erwerbstätigkeit der Frauen besteht in Liechtenstein im Vergleich zu vielen anderen Ländern noch erhebliches Potenzial.

Die Studie mit dem Titel «Wirtschaftswachstum: Trilemma zwischen Wachstum, Um­welt und Lebensqualität» kann kostenlos unter www.stiftungzukunft.li heruntergela­den oder unter der E-Mail-Adresse: info@stiftungzukunft.li als gedrucktes Exemplar bestellt werden.