Finanzausgleich – Die Expertenstimme zur geplanten Reform

Thomas Lorenz von der Stiftung Zukunft.li mit Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger von der Universität Luzern.

Die Gemeinden erfüllen einen wichtigen Teil der öffentlichen Aufgaben. Wenn sie die Finanzierung ihrer Tätigkeiten nicht aus eigener Kraft schaffen, erhalten sie Finanzausgleichsmittel aus dem Landestopf. Die geltenden Regeln haben allerdings dazu geführt, dass die Unterschiede in der finanziellen Ausstattung mittlerweile enorm sind. Das System muss dringend korrigiert werden. Die Regierung hat einen Vorschlag dazu in die Vernehmlassung geschickt. Darüber haben wir uns mit Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger von der Universität Luzern unterhalten.

Die erste Studie von Zukunft.li beleuchtete 2016 das Finanzausgleichssystem in Liechtenstein. Unsere Empfehlung lautete unter anderem, einen horizontalen Finanzausgleich nach Schweizer Vorbild zu etablieren. Im Grundsatz geht es in einem horizontalen System darum, dass «reiche» Gemeinden mit hoher Steuerkraft Mittel abgeben, die an Gemeinden mit tiefer Steuerkraft umverteilt werden. Es fliessen aber nicht Mittel direkt von einer Gemeinde an eine andere. Vaduz finanziert also nicht den Sportplatz in Schellenberg, sondern die Umverteilung wird zentral vom Land berechnet und ausgeführt. Je nach Situation reicht dieser horizontale Ausgleich nicht aus, um die Finanzkraft einer Gemeinde auf das nötige Niveau anzuheben. Dann werden zusätzlich «vertikale» Mittel zugeteilt, also Zahlungen direkt vom Land an die Gemeinden.

Der Regierungsvorschlag schlägt explizit keinen horizontalen Finanzausgleich vor. Ihr Vorschlag zielt aber im Ergebnis in eine ähnliche Richtung. Zentral ist, dass die heute sehr hohen Steuerkraftunterschiede der Gemeinden deutlich reduziert werden, was mit beiden Ansätzen möglich ist. Ein horizontaler Ansatz hat nach unserer Ansicht aber den Vorteil, dass er flexibler auf zukünftige Entwicklungen angepasst werden kann.

Unnötig hohe Steuern
Ausgangspunkt für den Finanzausgleich bildet die Steuerkraft der Gemeinden. Sie sind allerdings in der Festlegung der Gemeindesteuern nicht frei und müssen heute einen Zuschlag zur Vermögens- und Erwerbssteuer der natürlichen Personen festlegen, der zwischen 150% und 250% der Landessteuer liegt. Was aber, wenn bei einer Gemeinde auch ein Zuschlag von unter 150% zur Aufgabenfinanzierung ausreichen würde? Diese Situation haben wir heute – sprich der Gesetzgeber verpflichtet einzelne Gemeinden dazu, mehr Steuern einzunehmen, als sie brauchen. Was passiert? Die Gemeindereserven wachsen stetig an.

Landtag und Regierung haben für den Landeshaushalt selbst eine Reservenobergrenze definiert, die beim Dreifachen (300%) des betrieblichen Aufwands liegt. Die Abbildung unten zeigt, in welcher Höhe sich die Reserven der Gemeinden Ende 2018 mit der gleichen Definition bewegen.

Abbildung: Nettofinanzvermögen / 300% des betrieblichen Aufwands 2018 der Gemeinden

Die meisten Gemeinden erreichen diese Obergrenze, einzelne liegen sehr deutlich darüber. Trotzdem müssen einzelne von ihnen Steuern abschöpfen, die sie nicht benötigen. Wir sind der Meinung, dass – nebst der dringenden Reform des Finanzausgleichssystems – auch diese Regeln angepasst werden sollten. Beispielsweise, indem die Steuerzuschlags-Untergrenze aufgehoben oder zumindest herabgesetzt wird. In der Vernehmlassung werden diese Aspekte allerdings nicht thematisiert.

Prof. Dr. Schaltegger erachtet solche Regelungen für Mindest- und Höchststeuersätze als systemfremd im Zusammenspiel mit dem Finanzausgleichssystem. Unten geht’s zum Podcast – hören Sie rein!