Unterschiedliche  Besteuerung von  Grenzgängern

Regierungschef Adrian Hasler hatte mehrere Kleine Anfragen zu beantworten.

 

Zu einer Kleinen Anfrage der stv. Landtagspräsidentin Gunilla Marxer-Kranz an den Regierungschef

 

In der Landtagssitzung vom 4./5. Dezember 2019 stellte die stv. Landtagspräsidentin Gunilla Marxer-Kranz an Regierungschef Adrian Hasler eine Kleine Anfrage, die sich mit der Besteuerung von liechtensteinischen Grenzgängern*Innen in die Schweiz befasst.  

 

Frage:

Die 14 Mitarbeitenden aus Liechtenstein am NTB beziehungsweise OST werden künftig in Liechtenstein besteuert. Dies ist natürlich zu begrüssen. Für andere Mitarbeiter bei Schwei-zer Institutionen des Gesundheits- und Bildungsbereichs hingegen, sind die Verhandlungen des Regierungschefs vor knapp zwei Jahren nicht so glücklich ausgegangen. Auch eine ent-sprechende Interpellation konnte dazumal leider nicht ihr Ziel erreichen, sodass diese Perso-nen nun den Lohn nicht mehr wie die Jahre zuvor an ihrem Wohnsitz versteuern dürfen. «Für die Betroffenen ist es ein Hohn, solche Nachrichten zu lesen», erklären einige Mitarbeiter des Spitals Grabs in Leserbriefen. «Neben der Quellensteuer flattert diesen Monat noch zusätzlich die Gemeindesteuer ins Haus. Das tut weh. Von wegen keine Doppelbesteuerung». Begründet wird diese Ungleichbehandlung der Liechtensteiner Einwohner mit dem DBA zwischen Liechtenstein und der Schweiz, wonach lediglich die gemeinsame Trägerschaft der entsprechenden Institution eine Besteuerung in Liechtenstein garantiert. Den Betroffenen ist diese Ungleichbehandlung wohl eher nicht zu vermitteln und auch in der Öffentlichkeit gibt es diesbezüglich Unmutsäusserungen. Gerade auch, weil bei jeder Gelegenheit von gewissen Exponenten die guten freundnachbarschaftlichen Beziehungen mit der Schweiz gelobt werden.

  1. Mit der Einführung der SwissDRG-Fallpauschale beteiligen sich Patienten aus Liechtenstein stark an den Investitionskosten der Spitäler in der Schweiz. In den Preisen für Operationen, Therapien und die stationäre Pflege in Spitälern und Kliniken sind die Kosten für Operationstische, Geräte, Medikamente und Immobilien mit eingerechnet. Wird diese Tatsache auch in die künftigen Neuverhandlungen zugunsten der Liechtensteiner Spitalangestellten einfliessen?
  2. Ist seitens der Regierung geplant, für die liechtensteinischen Spitalangestellten in Grabs rasch dieselbe Lösung anzustreben, wie sie für die OST-Angestellten erreicht wurde?
  3. Welche weiteren öffentlichen Institutionen in der Schweiz sind neben den Spitalangestellten in Grabs und dem BZB, noch negativ von dieser Regelung betroffen?
  4. Sind Sie, Herr Regierungschef, nach wie vor davon überzeugt, bei den DBA-Verhandlungen das bestmögliche für unser Land erreicht zu haben, dies vor allem im Vergleich zu den Verhandlungsergebnissen, welche die Verantwortlichen für Deutschland oder Österreich erzielen konnten?

Antwort:

Allgemein ist festzuhalten, dass das Doppelbesteuerungsabkommen sowie die darauf basierenden Verständigungsvereinbarungen insbesondere bezwecken, dass Einkommen, die Grenzgänger im jeweils anderen Land erzielen, nur einmal besteuert werden und somit eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Bei der von der Landtagsvizepräsidentin erwähnten doppelten Besteuerung handelt es sich um unterschiedliche Steuerjahre, sodass keine effektive Doppelbesteuerung stattfindet. Allerdings ist richtig, dass im Übergangsjahr sowohl die Quellensteuer in der Schweiz für das laufende Jahr als auch die liechtensteinischen Steuern des Vorjahrs entrichtet werden müssen.

Klar stellen möchte ich, dass die Ausgangslage in Bezug auf die Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen Liechtenstein und der Schweiz beim Spital Grabs und dem BZB einerseits und der NTB respektive der Ostschweizer Fachhochschule andererseits eine grundsätzlich andere ist. Sowohl beim Spital Grabs als auch beim BZB ist Liechtenstein seit über zehn Jahren nicht mehr Träger, und die beiden Institutionen qualifizieren sich damit nicht mehr als „gemeinsame Institution“ gemäss DBA. Der Beitrag Liechtensteins an die Betriebs- und Investitionskosten über Fallpauschalen respektive Schulgeld qualifiziert zudem nicht als wesentliche finanzielle Beteiligung des Landes. Aus diesem Grund hat Liechtenstein hier kein Besteuerungsrecht.

Zu Frage 1:

Die Umstellung auf die SwissDRG-Fallpauschale im Jahr 2012 sowie die Anpassung der Kooperationsvereinbarung zwischen Liechtenstein und dem Kanton St. Gallen waren gerade die Auslöser, die Verteilung der Besteuerungsrechte neu zu beurteilen. Begründet wurde dies einerseits damit, dass Liechtenstein mit der umfassenden Reorganisation der Spitäler im Kanton St. Gallen nicht mehr gemeinsamer Träger dieser Institutionen ist. Andererseits bedeutete die Einführung der SwissDRG-Fallpauschale, dass Liechtenstein lediglich einen kostendeckenden Tarif zahlt. Entsprechend steht Liechtenstein hier kein Besteuerungsrecht zu.

Ich möchte auch noch erwähnen, dass die hier relevante aktuelle DBA-Bestimmung wörtlich mit jener des Abkommens von 1995 übereinstimmt. Die Änderung des Besteuerungsrechts ist nicht eine Folge des neuen DBAs, sondern der im Jahre 2012 eingeführten Fallpauschale und der Reorganisation der Spitäler.

Zu Frage 2:

Die Regierung setzte sich für die liechtensteinischen Angestellten im Spital Grabs und dem BZB genauso hart und intensiv ein. Die Ausgangslage war in Bezug auf die Ausgestaltung der Trägerschaft sowie der Finanzierung aber grundsätzlich eine andere als bei der Fachhochschule OST. Insofern handelt es sich nicht um gleichgelagerte Situationen.

Zu Frage 3:

Generell ist festzuhalten, dass sämtliche Angestellten aus Liechtenstein, die im öffentlichen Dienst in der Schweiz angestellt sind, in der Schweiz besteuert werden. Dies betrifft die öffentlichen Verwaltungen in der Schweiz, einschliesslich der öffentlichen Schulen oder der anderen öffentlich-rechtliche Körperschaften (wie bspw. die Universität St. Gallen). Das gilt auch für den umgekehrten Fall, wo dann Liechtenstein das ausschliessliche Besteuerungsrecht hat.

Bei den öffentlichen Institutionen mit einer gemeinsamen Beteiligung kommt es – wie oben beschrieben – auf die Trägerschaft und Finanzierung an. Der Regierung sind aktuell keine Institutionen bekannt, die von einer Umstellung der Trägerschaft oder der Finanzierungsstruktur betroffen sind.

Zu Frage 4:

Ja, davon bin ich nach wie vor überzeugt. Ein Doppelbesteuerungsabkommen bedingt die Zustimmung von beiden Parteien, in diesem Fall Liechtenstein und der Schweiz. Dieses spiegelt die Interessenslage und spezifischen Gegebenheiten beider Länder wider. Die Alternative wäre gewesen, kein Abkommen oder das alte Rumpf-Abkommen zu haben, was der Wirtschaft nicht genutzt hätte. Das seit 2017 anwendbare DBA ist daher im Gesamtinteresse Liechtensteins zu sehen.