Ein Gartenbewohner auf Quartiersuche

Nähert sich der Winter, krabbeln stachelige Halbkugeln auf krummen Beinchen durch unsere Gärten: Der Igel futtert sich noch genügend Fett an, um die kalte Jahreszeit verschlafen zu können.

Raschelnd und schmatzend watschelt ein Schatten durch die Nacht. Mit gespitzten Ohren und feiner Nase sucht der Igel nach Fressbarem. Selbst Regenwürmer oder Maulwurfsgrillen, die unter der Erde leben, spürt das scharfsinnige Säugetier auf. Dann stochert es mit spitzer Schnauze in den Boden, um die Leckerbissen mit seiner langen roten Zunge aus der Erde zu ziehen. Der Igel kennt sein Jagdrevier ganz genau. Wie auf einer inneren Landkarte speichert er die Plätze ab, die Schmackhaftes bieten und die er daher Nacht für Nacht besucht.

Die Winterzeit
Zieht der Herbst ins Land, kommt Stress hinzu. Bis Ende Oktober heisst es nämlich, mindestens 700 bis 800 Gramm auf die Waage zu bringen und ein trockenes, warmes Versteck zu finden. Nur so kann ein Igel bis zu einem halben Jahr durchschlafen und hat genügend Fettreserven, um nicht zu verhungern.

Für die zwischen Juli und September geborenen Jungen wird die Zeit bis zum Wintereinbruch oft zu knapp. Untergewichtig, bei bereits frostigen Temperaturen und ohne Unterschlupf tapsen sie teilweise noch im November hilflos umher. An sich ein sicheres Todesurteil, gäbe es nicht Igelexperten, die sich solchen Findlingen annehmen.

Einmal trocken gebettet und im tiefen Winterschlaf spielen selbst eisige Temperaturen für die Tiere allerdings keine Rolle mehr. Im Gegenteil: Bei zweistelligen Minusgraden fährt der Igel seinen Körper erst richtig auf Sparmodus herunter. Pro Minute atmet das stachelige Säugetier dann nur noch 3 statt 50 Mal und das Herz pumpert gerade einmal 8 statt bis zu 180 Mal. Der Körper selbst kühlt von 36°C auf magere 5°C ab. So verbrennt der Igel im Schlaf deutlich weniger Körperfett und kommt sicher bis zu den ersten Frühlingstagen.

Die warme Jahreszeit
Die warme Jahreszeit verbringen die Stachelritter mit Vorliebe in naturnahen Gärten und Parks mit hohem Gras, wuchernden Hecken und Reisig- und Laubhaufen. Hier wimmelt es für die Nachtschwärmer nicht nur so von Spinnen, Käfern oder Würmern zum Fressen, sondern finden sich auch tagsüber an jeder Ecke Schlaf- und Ruheplätzchen. Als Gegenleistung für so viel Gastfreundschaft zeigen sich die Stachelritter oft erkenntlich, indem sie – wenngleich nicht als ihre ausgesprochene Leibspeise – Schnecken und deren Eier vertilgen.

Wie gut Igel auch lange Zeit ohne Menschen auskamen, beweist ihre lange Geschichte. Als eine der ältesten Säugetierarten waren ihre Vorfahren bereits zu Zeiten der Dinosaurier auf der Erde unterwegs. Ein Grund, warum sich der Igel über so viele Jahrmillionen auf der Erde behaupten konnte, liegt wohl auch in einer einzigartigen Körperfunktion: Bei Gefahr oder Berührung rollt er sich mit einem kräftigen Ringmuskel zu einer Kugel zusammen und zieht alle ungeschützten Körperteile wie Gesicht, Brust, Bauch und Beine ins Innere. Kommt eine solche Igelkugel ins Rollen oder wird durch Schläge erschüttert, dann wirken die Stacheln sogar wie kleine Stossdämpfer. Jeder Stachel hat einen eigenen Muskel und kann einzeln aufgerichtet werden. Und sollte einmal einer der bis zu 8000 Stacheln eines ausgewachsenen Igels abbrechen, wächst er wie ein Haar wieder nach.

Ängste des Igels
Doch selbst ein solch bemerkenswerter Schutz hat Grenzen. Aus der Luft hat der Igel vor allem den Uhu mit seinen kräftigen Fängen oder etwa auch die Elster zu fürchten, die mit ihrem spitzen Schnabel oft zu früher Morgenstunde zuschlägt, ehe der Nachtschwärmer sein sicheres Tagesversteck erreicht hat. Am Boden ist es vor allem der Dachs, der mit starken Prankenschlägen und scharfem Gebiss die Stachelkugel zu knacken versteht. Der Fuchs hingegen lässt eher seine Pfoten von dem Tierchen. Meister Reineke ist wohl schlau genug zu wissen, dass es in der Natur weit leichtere und weniger schmerzhafte Beute für ihn gibt.