Eine Politikerkarriere durch alle Gremien

Hilmar Ospelt, Alt-Regierungschef-Stv. und Alt-Bürgermeister von Vaduz

Fürstlicher Rat Hilmar Ospelt hat sich in seiner langen politischen Laufbahn gegen zahlreiche Widerstände durchgesetzt und viel bewegt. Er ist einer der Väter der Landesbibliothek, führender Kopf hinter dem Bau des Vaduzer Saals und einer der Wegbereiter des Frauenstimmrechts. Konfrontationen und Konsequenzen scheute er dabei keine. Die politische Kultur seiner aktiven Zeit vermisst er dafür heute umso mehr. 

«Rückblickend kann ich sagen, dass mir das Amt des Bürgermeisters von allen politischen Mandaten am besten gefallen und am meisten Spass gemacht hat», sagt mit Hilmar Ospelt einer, der sich auf allen politischen Ebenen auskennt. Der heute 90-jährige war überall vertreten. Zunächst war er Gemeinderat und Vize-Bürgermeister in Vaduz, dann Bürgermeister und Landtagsabgeordneter und schliesslich stellvertretender Regierungschef. «Wir Liechtensteiner haben ein wunderschönes Land, für das ich mich sehr gerne und mit Stolz eingesetzt habe. Besonders am Herzen liegt mit aber meine Heimatgemeinde Vaduz, in der ich geboren und aufgewachsen bin, jede Ecke kenne, im Fussballclub und in der Funkenzunft sowie Präsident der Alpgenossenschaft Pradamee war und früher eigentlich jede Familie kannte.»

Die Liebe zur Heimat
Hilmar Ospelt kommt aus einem eher unpolitischen Elternhaus. «Mein Vater war ein Ur-Schwarzer, meine Mutter aus der feuerroten Familie Amann vom Hotel Adler. Ich wurde aber nicht in die Politik oder zu einer der beiden Seiten gedrängt. Was mir meine Eltern jedoch sicher mit auf den Weg gegeben haben, ist die Liebe zur Heimat.» Diese Liebe hat auch Hilmar Ospelts Studienwahl beeinflusst. «Die Botanik hat mich bereits im Collegium Marianum sehr interessiert, was ich sicher auch unserem wunderbaren Lehrer, Frater Ludwig, zu verdanken habe. So habe ich nach der Matura also zunächst in Basel Biologie studiert und hatte auch beste Noten. Dennoch wollte ich nach dem Studium wieder nach Hause zurückkehren und in Liechtenstein arbeiten. So habe ich nach zwei Jahren das Studium abgebrochen und mich für eine Ausbildung als Sekundarlehrer entschieden.»

Vom Natur- zum Geisteswissenschaftler
Damit folgte Hilmar Ospelt einer alten Familientradition. Sein Urgrossvater Fidel Ospelt war der erste liechtensteinische Reallehrer des Landes, und er trat damit in grosse Fussstapfen. «Wobei ich mich aber nicht für die naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächer entschieden habe. Denn dazu hätte auch die darstellende Geometrie gehört, mit der ich gar nichts anfangen konnte», sagt Hilmar Ospelt und lacht herzhaft. Schliesslich entschied er sich für den sprachlich-historischen Fächerbereich. Nach dem Abschluss unterrichtete Ospelt zwei Jahre am Institut Dr. Pfister in Oberägeri im Kanton Zug, bevor eine Stelle an der Realschule Vaduz frei wurde. «Diese anzunehmen und nach Hause zurückzukehren, war für mich keine Frage. Auch während der Zeit in Oberägeri war ich bereits jedes freie Wochenende in Vaduz und habe, wann immer möglich, bei den Matchs der ersten Mannschaft des FC mitgespielt.»

In die Zeit nach Ospelts Rückkehr fällt auch der Beginn seines öffentlichen Engagements. «Einerseits habe ich zum ersten Mal an einer Versammlung der FBP-Ortsgruppe teilgenommen, andererseits habe ich mich 1956 im Organisationskomitee der Feierlichkeiten zum 150. Jahrestag der Souveränität eingebracht.» Dieses Komitee gab unter anderem ein Buch heraus, zu dem Hilmar Ospelt ein Kapitel über die Liechtensteiner Literatur beisteuerte. «Ich habe schnell feststellen müssen, wie schwierig die Recherche ist, und bin daher auf den damaligen Regierungschef Alexander Frick zugegangen, um die Schaffung einer Bibliothek anzuregen. Zusammen mit Walter Oehri, Edwin Nutt, Herbert Hartmann und Arthur Vogt habe ich ein Konzept ausgearbeitet, das sowohl Landtag als auch Regierung überzeugen konnte und aus dem die Landesbibliothek entstanden ist. Diese hat bis heute einen nachhaltigen Nutzen für unser Land, und ich bin schon stolz auf meinen Beitrag dazu.»

Auseinandersetzungen mit David Strub
Engagiert hat Hilmar Ospelt sich auch früh in der Gemeindepolitik. Er hat eine Initiative zur Wiederherstellung des im Zweiten Weltkrieg aufgefüllten Neugut-Weihers und ein Referendum gegen ein Industriegebäude in der Landwirtschaftszone lanciert. «Beide Abstimmungen habe ich hochkant verloren, und der damalige Bürgermeister und Fürstliche Kommerzienrat David Strub, mit dem ich mich ansonsten sehr gut verstanden habe, hätte mich einmal beinahe aus seinem Büro geworfen. Bei den Gemeinderatswahlen kurz darauf hat mich die FBP dennoch aufgestellt, und ich bin mit einem sehr guten Resultat gewählt worden.»

Seine Meinung hat Hilmar Ospelt im Gemeinderat weiterhin aktiv vertreten, und so wurde er schliesslich zum Vize-Bürgermeister bestimmt. Der Schritt zum Bürgermeister, den er bei den Wahlen 1972 nach 17 Jahren als Lehrer an der Realschule Vaduz tat, war quasi vorprogrammiert, und seine innovativen Neuerungen, wie die Schaffung von Ressorts auf Gemeinderatsebene und das Engagement zum Bau des Vaduzer Saals, kamen bei den Wählern gut an – offenbar nicht nur in Vaduz, wie 1974 seine Wahl zum Landtagsabgeordneten mit der höchsten Stimmenzahl aller FBP-Kandidaten zeigte.

Was mir meine Eltern jedoch sicher mit auf den Weg gegeben haben, ist die Liebe zur Heimat.

Hilmar Ospelt, Alt-Bürgermeister, Vaduz

Verluste wegen Frauenstimmrecht
Einen Meilenstein in der politischen Arbeit von Hilmar Ospelt stellte schliesslich die Einführung des Frauenstimmrechts dar. Nach zwei erfolglosen Abstimmungen auf Landesebene setzte er sich bei der Regierung und im Landtag dafür ein, dass die Gemeinden die Möglichkeit erhalten sollten, dieses zunächst auf ihrer Ebene einzuführen. Auch mit diesem Engagement hatte Ospelt Erfolg. Der Landtag änderte das Volksrechtegesetz, und die stimmberechtigten Vaduzer votierten für die politische Beteiligung der Frauen. «Dies wurde mir aber nicht von allen Seiten verdankt. Ich wurde zwar sowohl als Bürgermeister als auch als Abgeordneter wiedergewählt, meine Stimmenanteile sind aber deutlich zurückgegangen.» 

Dies änderte nichts daran, dass seine Partei nach der Wahlniederlage 1978 weiterhin auf Hilmar Ospelt setzte. «Alt-Regierungschef Dr. Walter Kieber trat nach dem Sieg von Hans Brunhart ins zweite Glied zurück, war mit seiner Rolle als Vize-Regierungschef aber nicht glücklich. Daher drängte mich das Parteipräsidium, diesen Posten zu übernehmen. Obwohl ich mich zunächst weigerte, da ich in Vaduz noch viel vorhatte, stimmte ich 1980 schliesslich zu. Wohlwissend, dass ganz andere Aufgaben auf mich zukommen werden, für die ich mich eigentlich nicht richtig kompetent fühlte.»

Der Regierungschef als Schüler
Auf die zwischenmenschliche Zusammenarbeit mit Regierungschef Hans Brunhart blickt Hilmar Ospelt gerne zurück. «Ich kannte ihn bereits aus seiner Schulzeit, in der ich einer seiner Lehrer war», sagt Ospelt und lacht. Weniger gefallen hat ihm als Naturliebhaber, der sich als Bürgermeister auch für die Erhaltung der Rebberge in Vaduz sowie für das Naherholungsgebiet im Haberfeld eingesetzt hat, seine Rolle als Verkehrs- und Energieminister. «Gegen die Stimme meines Herzens musste ich mich in dieser Position für die Umfahrungsstrasse dem Rhein entlang sowie die Rheinkraftwerke einsetzen.» Dass beide Vorlagen vom Stimmvolk deutlich verworfen wurden, schmerzte Hilmar
Ospelt folglich nicht allzu sehr.

Bei den Landtagswahlen 1982 trat er schliesslich als Regierungschef-Kandidat an. «Chancen habe ich der FBP und mir aber eigentlich nicht ausgerechnet. Dennoch habe ich nach der erwarteten Wahlniederlage nochmals eine Legislaturperiode als Regierungschef-Stellvertreter angehängt, obwohl es in meiner eigenen Partei einige Personen gab, welche dies nicht gerne gesehen haben.»

«Wertvorstellungen gingen verloren»
1986 zog Hilmar Ospelt sich aus der Politik zurück und widmete sich, 1987 von Fürst Franz Josef II. zum Fürstlichen Rat ernannt, seiner Rolle als Governor des die gesamte Ostschweiz und Liechtenstein umfassenden internationalen Rotary-Distrikts sowie seiner Position als Verwaltungsratspräsident der von ihm mitinitiierten Liechtensteinischen Gasversorgung. Heute, im wohlverdienten Ruhestand, bestimmen seine Familie, bestehend aus Ehefrau, zwei Söhnen, drei Enkelkindern und zwei Urenkeln, sowie sein Wingert das Leben von Hilmar Ospelt. «Meine Frau als Medizinerin schaut ausserdem, dass es mir gutgeht, und ich trage meinen Teil durch Fitnesstraining dazu bei.»

In die Tagespolitik bringt Hilmar Ospelt sich nicht mehr ein. Die grossen politischen Strömungen interessieren ihn aber nach wie vor. Dabei beobachtet er jedoch nicht nur Positives. «Die heutige Zeit ist sehr schnelllebig. Die Leute kommunizieren elektronisch und unpersönlich miteinander und nicht mehr am Stammtisch oder sonst im direkten Kontakt. Dies hat, zusammen mit dem unaufhörlichen Streben nach Wohlstand, sicher dazu beigetragen, dass die Wertvorstellungen von früher verloren gegangen sind. Beim Drang nach Fortschritt und Profit werden meines Erachtens die negativen Folgen, gerade für die Umwelt, zu wenig beachtet. Wir sollten viel stärker darauf bedacht sein, unser intaktes Land, das immer noch ein Paradies ist, zu erhalten und das Positive, wie den sozialen Frieden und den Zusammenhalt, hervorzuheben.»