VU-Postulat zur Casino-Landschaft Liechtenstein

Eingrenzung der Spielbanken-Anzahl

Gestützt auf Artikel 44 der Geschäftsordnung des Landtages vom 19. Dezember 2012, Landesgesetzblatt 2013 Nr. 9, reichen die unterzeichneten Abgeordneten: Günter Vogt, Gunilla Marxer-Kranz, Violanda Lanter, Christoph Wenaweser, Frank Konrad, Thomas, Mario Wohlwend und Manfred Kaufmann, folgendes Postulat ein und stellen den Antrag, der Landtag wolle beschliessen:

Die Regierung wird eingeladen, verschiedene Massnahmen zur Gestaltung einer positiven Entwicklung der Casino-Landschaft Liechtenstein zu prüfen.

Dazu wird die Regierung erstens ersucht, die rechtlichen Möglichkeiten eines Bewilligungsmoratoriums und alternative Massnahmen zu einer sinnvollen Eingrenzung der Spielbanken-Anzahl zu prüfen.

Zweitens wird die Regierung gebeten, verschiedene Möglichkeiten einer Zweckbindung der Einnahmen aus den Geldspielabgaben zugunsten der Bürgerinnen und Bürger im Bereich der Sozialwerke aufzuzeigen. Die Regierung soll dabei insbesondere darlegen, was es bedeutet, wenn der jährliche Staatsbeitrag an die AHV oder in der Alterspflege um einen fixen Prozentsatz der diesbezüglichen Einnahmen aus den Casinos oder einen bestimmten Betrag daraus erhöht bzw. geschaffen würde. Weiter soll sie aufzeigen, welche finanzielle Entlastung den Versicherten bei einer entsprechend zu definierenden jährlichen Erhöhung des Staatsbeitrags an die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) erwachsen würde.

Drittens wird die Regierung eingeladen, Lösungsmöglichkeiten zu prüfen, um zumindest mit der Schweiz oder allenfalls auch weiteren Staaten die Sperrlisten austauschen zu können. Dabei sollen die entsprechenden Vor- und Nachteile eines solchen Austausches aufgezeigt werden.

Viertens soll die Regierung die Zonenkonformität beim geplanten Betrieb von Spielcasinos in Wohn- und Gewerbezonen darlegen, insbesondere wenn mögliche Ruhestörungen in wohnnahen Zonen zu erwarten sind. Dies mit Blick auf das erhöhte Verkehrsaufkommen, Lärm und weitere Immissionen durch ein Casino.

Begründung

Mit der im Juni 2016 in Kraft getretenen Revision des Geldspielgesetzes wurde das bis dahin geltende Konzessionssystem durch ein Polizeibewilligungssystem abgelöst. Vorausgegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit um die Vergabe einer einzigen Konzession, der mit dem Urteil des Staatsgerichtshofs vom Dezember 2014 ohne Vergabe einer Spielbankenkonzession beendet wurde. Mit dem neuen Geldspielgesetz sollte das bestehende Verhinderungspotenzial durch jahrelange Rechtsstreitigkeiten vermindert werden. Im heute geltenden Polizeibewilligungssystem wird jedes Gesuch in einem eigenen Verfahren behandelt und steht nicht mehr in Konkurrenz zu möglichen anderen Gesuchen.

Die Postulanten befürworten grundsätzlich den freien Wettbewerb, der diesem liberalen Zulassungsmodell innewohnt, bei dem nicht der Staat über den wirtschaftlichen Erfolg und letztlich über die Anzahl tätiger Spielbanken in Liechtenstein entscheidet, sondern der Markt. Die Postulanten erachten es aber ebenso für richtig und wichtig, dass hier die Gefahrenabwehr eine Kernaufgabe des Staates ist, indem er vor allem die Aufsicht und Kontrolle übernimmt. Es gilt die sozialpolitischen Risiken zu überwachen, Missbrauch und Kriminalität zu unterbinden, wie zum Beispiel Geldwäscherei, organisierte Kriminalität sowie Terrorismusfinanzierung. Völlig zur Recht stehen der Bewilligungsvergabe strenge Voraussetzungen und eine starke Aufsicht gegenüber.

Während die Regierung bei der Eintretensdebatte zum neuen Geldspielgesetz im Dezember 2015 die Befürchtung einiger Abgeordnete nicht teilte, dass eine Flut von Casinos auf Liechtenstein zukommen könnte, und nur mit einer oder zwei Spielbanken rechnete, bestehen inzwischen zwei erfolgreiche Casinos in Ruggell und Schaanwald und ein weiteres soll bis im Spätsommer in Balzers realisiert werden. Weitere zwei Casinos sind laut Presseberichten in Eschen und Schaan geplant. Diese rasante Entwicklung in der Casino-Landschaft Liechtenstein ruft verständlicherweise gewisse Ängste und Bedenken der Bevölkerung hervor. Werden in Liechtenstein Spielbanken nun wie Pilze aus dem Boden schiessen und zunehmend negative Begleiterscheinungen wie das Anwachsen der Zahl von Spielsüchtigen, unzumutbares Verkehrsaufkommen, Ruhestörung und weitere Immissionen in Wohn- und Gewerbezonen sowie Reputationsschaden für das Land mit sich bringen?

Die Postulanten nehmen diese Befürchtungen der Bevölkerung ernst und fordern die Regierung auf, entsprechende Vorkehrungen zur Eindämmung dieser Risiken zu treffen, ohne das liberale Zulassungssystem grundsätzlich in Frage zu stellen.

Die Postulanten unterstreichen, dass Rechtssicherheit und Zuverlässigkeit vonseiten des Staates gegenüber den Wirtschaftsakteuren, die bereits Casinos betreiben oder im Bewilligungsverfahren stecken, ein hohes Gut darstellen. Die Postulanten stehen zu einer liberalen Wirtschaftspolitik und sprechen sich gegen kurzfristige Gesetzesänderungen aus. Ebenso erteilen sie einer von der Freien Liste immer wieder geforderten Erhöhung der Spielabgaben eine klare Absage. Denn die Reputation des Staates kann auch Schaden nehmen, wenn man sich auf die geschaffenen Rahmenbedingungen schon nach kurzer Zeit nicht mehr verlassen kann.

Um aber eine grössenverträgliche Entwicklung einer qualitativ hochstehenden, attraktiven und von einer breiten Akzeptanz der Bevölkerung getragenen Casino-Landschaft in einem liberalen Wirtschaftsumfeld sicherstellen zu können, braucht es nach Ansicht der Postulanten einige gezielte Massnahmen, welche die Regierung im Hinblick auf ihre rechtlichen Möglichkeiten und ihre Wirksamkeit prüfen soll.

  1. Bewilligungsmoratorium

Der VU-Abgeordnete Christoph Wenaweser hat im Rahmen der Aktuellen Stunde anlässlich der Landtagssitzung vom 5. April 2019 erklärt, es sei für ihn absolut vorstellbar, sehr schnell ein Bewilligungsmoratorium für weitere Spielbanken einzuführen, wie es für Online-Geldspiele ja bereits gilt. Christoph Wenaweser fürchtet ansonsten, dass ein Reputationsschaden schneller eintritt, als der Markt die Casinodichte zu regulieren imstande sei. Die Postulanten sehen in einem allfälligen Bewilligungsmoratorium einen pragmatischen Lösungsansatz, der zu verhindern vermag, dass nun weitere Casinos mit allenfalls negativen Begleiterscheinungen wie Pilze aus dem Boden schiessen. Damit könnte wahrscheinlich ohne Gesetzesänderung Zeit gewonnen werden, um eine grössenverträgliche Weiterentwicklung der Casino-Landschaft zu ermöglichen, ohne das liberale Zulassungssystems grundsätzlich infrage zu stellen. Deshalb wird die Regierung ersucht, die rechtlichen Möglichkeiten eines Bewilligungsmoratoriums und alternative kurzfristige Massnahmen zu einer sinnvollen Eingrenzung der Spielbanken-Anzahl zu prüfen.

  1. Zweckbindung

Bei der Einführung des neuen Geldspielgesetzes wurden die Einnahmen aus den Spielabgaben auf 1 Mio. Franken pro Jahr geschätzt. Aktuell sind es 19 Mio. Franken. Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass zum Beispiel Swisslos im Jahr 2018 mit Lottos, Losen und Sportwetten 360 Millionen Franken für gemeinnützige Zwecke generiert hat. Bei der damaligen Einführung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in Liechtenstein vor rund 20 Jahren gehörte die Zweckbindung eines Teils der Einnahmen zugunsten der AHV klar zu den Pro-Argumenten.

Vor diesem Hintergrund regten VU-Fraktionssprecher Günter Vogt und der parteilose Abgeordnete Johannes Kaiser in der Aktuellen Stunde vom 5. April 2019 an, einen Teil der Staatseinnahmen aus den Geldspielabgaben zweckgebunden zugunsten von Sozialwerken zu verwenden. Die Bevölkerung würde sich bei der Beurteilung der Vor- und Nachteile von Casinos wahrscheinlich leichter tun, wenn ein bestimmter Anteil der Spielabgaben nicht in die allgemeine Staatskasse fliessen würde, sondern zweckgebunden bestimmten Sozialwerken wie z. B. der AHV oder der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zugutekommen würde.

Deshalb soll die Regierung insbesondere darlegen, was es bedeutet, wenn der jährliche Staatsbeitrag an die AHV um einem fixen Prozentsatz der diesbezüglichen Einnahmen aus den Casinos oder einen bestimmten Betrag daraus erhöht würde. Weiter soll sie aufzeigen, welche finanzielle Entlastung den Versicherten bei einer entsprechend zu definierenden jährlichen Erhöhung des Staatsbeitrags an die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) erwachsen würde. Nach bisherigen Aussagen des Gesellschaftsministeriums kann man davon ausgehen, dass 1 Mio. Franken mehr an Staatsbeitrag sich rechnerisch mit 2,60 Franken weniger pro Monat auf die Prämie auswirken würde. Würde also der jährliche «normale» OKP-Staatsbeitrag um 10 Mio. Franken aus den Geldspielabgaben aufgestockt, so würde die monatliche Krankenkassenprämie um willkommene 26 Franken geringer ausfallen.

  1. Austausch von Sperrlisten

Gesetzliche Anforderungen für Sperren und Sozialkonzepte unterscheiden sich von Land zu Land. Laut Zeitungsberichten erlaubt es die Gesetzesgrundlage in Liechtenstein nicht, auf ausländische Datenbanken zuzugreifen. In Europa gebe es auch keine länderübergreifenden Sperrdatenbanken. So können Personen, die im Ausland gesperrt sind, aufgrund der Gesetzeslage in Liechtenstein dennoch spielen. Bei den beiden bestehenden Casinobetreibern Liechtensteins werde darauf verwiesen, dass allfällige Sperrlisten national zu behandeln seien. Wird eine Person in Liechtenstein gesperrt, gilt dies nur für Liechtenstein. Nach Ansicht der Postulanten wäre es jedoch ein wichtiges und zielführendes Mittel zur Eindämmung der Spielsuchtgefahr, wenn wenigstens mit den Casinos in den Nachbarländern die entsprechenden Sperrlisten ausgetauscht werden könnten. Deshalb wird die Regierung gebeten, Lösungsmöglichkeiten zu prüfen, um zumindest mit der Schweiz bzw. auch weiteren Staaten die Sperrlisten austauschen zu können. Dabei sollen die entsprechenden Vor- und Nachteile eines solchen Austausches aufgezeigt werden.

  1. Zonenverträglichkeit

Die Casinos Austria (Liechtenstein), die bereits in Schaanwald ein Casino betreiben, wollen an der Fabrikstrasse in Balzers im selben Gebäude, in dem das bestehende Coop-Einkaufszentrum untergebracht ist, ein weiteres Casino eröffnen. Zwei weitere Casinos sollen an der Zollstrasse in Schaan sowie in Eschen entstehen. Anwohnerinnen und Anwohner in den entsprechenden Wohn- und Gewerbezonen fragen sich mit Blick auf die zu erwartenden Begleiterscheinungen wie erhöhtes Verkehrsaufkommen, Ruhestörung und weitere Immissionen, inwiefern sich Casinos mit den für  Wohn- und Gewerbezonen definierten Voraussetzungen vertragen. Deshalb soll die Regierung die Zonenkonformität beim geplanten Betrieb von Spielcasinos in den dafür vorgesehenen Wohn- und Gewerbezonen überprüfen und darlegen.

Vaduz, 24. April 2019