Zukunftsweisende Abstimmung: Liechtenstein entscheidet über Mitgliedschaft im IWF

Die Liechtensteiner Bürger haben in diesem Jahr voraussichtlich über so viele Vorlagen abzustimmen wie noch niemals zuvor in einem Jahr. Ein Thema wird im Sommer der Beitritt zum Internationalen Währungsfonds (IWF) sein.

Text: Carmen Oehri, Rechtsanwältin und Partnerin


Allgemeines

Der Internationale Währungsfonds ist eine rechtlich, organisatorisch und finanziell selbständige Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Washington D.C., USA. Der IWF fördert die internationale Zusammenarbeit im Finanzbereich, stabilisiert das internationale Finanzsystem und hilft, Finanzkrisen zu verhindern.

Historischer Überblick

Am 1. März 1947 nahm der IWF seine operative Tätigkeit auf. Gegründet wurde die Organisation jedoch bereits im Jahr 1944, zusammen mit ihrer Schwesterorganisation, der Weltbank. Der Beschluss zur Gründung fand im Rahmen einer Konferenz der Währungs- und Finanzminister der Vereinten Nationen im US-amerikanischen Bretton-Woods statt. Auf dieser Konferenz wurde das sogenannte «Bretton-Woods-System» geschaffen, das auf der damals mit Gold gedeckten Leitwährung US-Dollar beruhte. Daher nennt man die Organisationen IWF und Weltbank auch die «Bretton-Woods-Organisationen».

Beide wurden mit dem Ziel gegründet, als internationale Steuerungsinstrumente eine Wiederholung der Währungsturbulenzen der Zwischenkriegszeit und die aus den Goldstandards der 1920er-Jahre resultierenden Fehler zu vermeiden. 

Bei der offiziellen Gründung am 27. Dezember 1945 hatte der IWF 39 Mitglieder.

Bis Ende 1965 stieg die Zahl der Mitglieder auf 103. Aktuell sind es 190 Mitglieder. 

Heute ist es die Kernaufgabe des IWF, die internationale Zusammenarbeit in der Währungspolitik zu fördern, das Ungleichgewicht in den Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten zu reduzieren sowie die Ausweitung des Welthandels zu unterstützen. Ausserdem vergibt der IWF bei Währungs- und Finanzkrisen Kredite und hilft den Mitgliedstaaten beim Aufbau von Geld- und Finanzsystemen.

Organisation 

Die Weltbank wird von den USA und der IWF traditionell von europäischen Ländern geleitet, aktuell durch Kristalina Georgieva aus Bulgarien. Das Exekutivdirektorium, vom Gouverneursrat bestehend aus Vertretern jedes Mitgliedstaates gewählt, führt die laufenden Geschäfte. Der Gouverneursrat entscheidet über wichtige Angelegenheiten wie Mitgliedsaufnahmen und die Verteilung von Sonderziehungsrechten (SZR), einer künstlichen Reservewährung, die Mitgliedstaaten in Krisenzeiten zusätzliche Liquidität bietet. 

Kosten

Laut Schätzungen der Regierung würden die jährlichen direkten Kosten für einen Beitritt zum IWF bei etwa einer halben Million Franken liegen und hauptsächlich administrative Aufwendungen für die Beteiligung am IWF umfassen. Zudem wird für jeden Mitgliedstaat eine Quote festgelegt, von der ein Anteil als verzinsliche Währungsreserve beim IWF hinterlegt wird, die in Krisenzeiten abrufbar ist. Für Liechtenstein wird erwartet, dass dieser Betrag zwischen 25 und 37,5 Millionen Franken liegt. Dies wäre für Liechtenstein die erstmalige Möglichkeit, öffentliche Finanzreserven bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) anzulegen. Diese Reserveposition bei der SNB würde die öffentlichen Finanzreserven diversifizieren und durch den IWF verzinst.


 

Carmen Oehri, Rechtsanwältin und Partnerin

Über die Person

Carmen Oehri ist als Rechtsanwältin in Liechtenstein zugelassen und verfügt zudem über das Anwaltspatent des Kantons Zürich. Schwerpunktmässig beschäftigt sie sich mit Gesellschafts- und Vertragsrecht. Darüber hinaus befasst sich Carmen Oehri mit Fragen des Erbrechts und der Nachlassplanung. Sie ist für in- und ausländische Privatpersonen und Unternehmen beratend sowie prozessführend tätig. 

 

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