«Unsere grosse Standort-Attraktivität bewahren»

S. D. Erbprinz Alois während der 20. Thronrede.

Eröffnungssitzung des Landtags: Zusammenfassung der Ansprachen des Erbprinzen und des Alterspräsidenten.

Anlässlich der Landtagseröffnung vor dem vierten und letzten Jahr der Legislaturperiode 2021–2025 ergriffen S. D. Erbprinz Alois und Alterspräsident Albert Frick das Wort, um einige wegweisende Worte an die Abgeordneten und die Regierung zu richten. Für Erbprinz Alois war es die 20. Thronrede und für Albert Frick die letzte als Alterspräsident. Er wird – wie andere Abgeordnete auch – nicht mehr kandidieren.

Der Erbprinz begann seine Ansprache mit einem Blick auf das Weltgeschehen und verglich die vergangenen Jahre mit einem Schiff auf stürmischer See. Von einer grossen Krise sei es nahtlos in die nächste gegangen – von der Pandemie über den Angriff Russlands auf die Ukraine bis zu den jüngsten Konflikten im Nahen Osten, welche die geopolitische Lage zusätzlich verkomplizieren. Viele würden sich Sorgen machen, ob das Boot diesen Sturm aushält und weiterhin auf Kurs fährt. Zum Teil lasse sich auch eine gewisse Orientierungslosigkeit und eine Suche nach Stabilität beobachten. 

Liechtenstein sitze – im internationalen Vergleich – in einem beneidenswert sicheren Boot, doch man müsse vorsichtig sein und sich nicht vom Steuern eines klaren Kurses ablenken lassen. «Wir sollten unsere grosse Standortattraktivität bewahren, zu der vor allem auch unsere besondere politische und wirtschaftliche Stabilität gehört», sagte S. D. der Erbprinz vor dem Plenum.

In diesem Jahr kann Liechtenstein das Jubiläums zu «100 Jahre Schweizer Franken» feiern. Die grosse Stabilität des Schweizer Frankens sei ein weiteres attraktives Element des Standorts, von das Land in diesen unruhigen Zeiten profitiere. Bei den wichtigen Entscheidungen, die nun anstünden, sollten die Verantwortlichen – so der Erbprinz – solche Stabilitätsfaktoren nicht nur pflegen, sondern auch versuchen, den Standort noch sturmfester bzw. sicherer und attraktiver zu machen.

Einige dieser Entscheidungen würden im Rahmen von Volksabstimmungen gefällt. 

Der Erbprinz gab angesichts der Abstimmungen auch dem Stimmvolk einige Gedanken mit auf den Weg. Lesen Sie nachstehend aus seiner Thronrede:

Sehr geehrte Mitglieder des Landtages und der Regierung

«Im Folgenden möchte ich Ihnen sowie angesichts der Volksabstimmungen auch dem Stimmvolk insgesamt einige Gedanken mitgeben. Ich mache dies auch in der Hoffnung, mit beitragen zu können, unser Boot auf Kurs zu halten. Ich werde mich dabei auf die Themen Sicherung unserer Standortaktivität und auf die Altersstrategie konzentrieren. Im Bereich der Sicherung unserer Standortattraktivität möchte ich jeweils nur kurz auf die Energiesicherheit, die Volkswahl der Regierung, die Medienpolitik und den Beitritt Liechtensteins zum Internationalen Währungsfonds eingehen.

[…] Die Sicherstellung einer umweltfreundlichen, stabilen Energieversorgung zu stabilen Preisen wird in den nächsten Jahren eine Herausforderung bleiben. Entsprechend sollten sich Regierung und Landtag in dieser Legislaturperiode weiter damit beschäftigen. Die technologischen Entwicklungen in diesem Bereich sind rasant und wir sollten – am besten im Rahmen eines breit angelegten Projektes zur Umsetzung der verabschiedeten Energiestrategie – entlang verschiedener Kriterien, die verschiedensten Möglichkeiten zum Energiesparen, zur eigenen Energieproduktion im Inland sowie im Ausland und zur Energiespeicherung vertiefen und rasch mit der Umsetzung der besten Möglichkeiten beginnen.

Gefahr durch Volkswahl der Regierung

Eine Volkswahl der Regierung klingt im ersten Moment verlockend, ist aber gerade in stürmischen Zeiten ein gefährliches Experiment. Ich glaube nicht, dass wir durch eine Volkswahl der Regierung irgendwelche Verbesserungen erzielen, die wir nicht auch anders erreichen könnten. Hingegen sehe ich eine erhebliche Gefahr, dass wir unsere grosse politische Stabilität gefährden. Diese ist aber nicht nur ein bedeutender Standortfaktor, sondern damit auch eine wichtige Grundlage unseres Wohlstandes.

Für eine ausreichende Medienförderung

Eine ausreichende Vielfalt von qualitativ guten Medien ist für das gute Funktionieren einer Demokratie entscheidend. In einem so kleinen Staat wie Liechtenstein braucht es neben einer guten Regulierung der Medien in der heutigen digitalen Zeit auch eine ausreichende Medienförderung. Wir sollten uns aber genau überlegen, wie wir dabei Steuergelder am besten einsetzen. 

Wir haben keine eigene Währung und keine Nationalbank, die im Notfall bereitsteht. Daher wäre ein Beitritt zum Internationalen Währungsfonds ein wichtiges zusätzliches Element zur Standortsicherung. Ein Beitritt würde eine rasche Notfallhilfe für Katastrophenfälle mit sich bringen. Mit dem Beitritt wäre ausserdem eine jährliche Überprüfung der Stabilität unserer Staatsfinanzen und unseres Standortes durch Experten des Währungsfonds verbunden. Von den daraus resultierenden Verbesserungsvorschlägen könnten wir in Zukunft zusätzlich profitieren, um unsere Standortattraktivität weiter zu erhöhen bzw. unser Boot noch sturmfester zu machen.

Altersfragen 

Am Anfang der Legislaturperiode habe ich für die Erarbeitung einer Altersstrategie geworben. Es freut mich sehr, dass es der Regierung gelungen ist, in einem breit abgestürzten Prozess zusammen mit Seniorenvertretern sowie Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine Altersstrategie auszuarbeiten. Mit dieser Strategie sollen in verschiedensten Bereichen wie Bildung, Altersvorsorge, Gesundheitsvorsorge, Pflege und Betreuung, Freiwilligenarbeit und soziale Integration, Mobilität, Arbeit und Wohnen im Alter Massnahmen ergriffen werden. Jede und jeder Einzelne soll dabei Verantwortung wahrnehmen und in ihren jeweiligen Bereichen dazu beitragen, damit Liechtenstein auch im Alter ein Land von hoher Lebensqualität bleibt.

Nachhaltige Finanzierung der Pensionskasse der Staatsangestellten 

Einige Massnahmen müssen zuerst noch genauer geprüft und ausgearbeitet werden. Dort, wo es dann gesetzlicher Regelungen bedarf, wird sich der Landtag wohl frühestens in der kommenden Legislaturperiode näher damit befassen. Einige Massnahmen werden den Landtag aber schon bald beschäftigen. Dazu gehört die Sicherstellung einer wirklich nachhaltigen Finanzierung der Pensionskasse der Staatsangestellten. Nicht zuletzt zum Wohle unserer zukünftigen Generationen sollten wir aber auch darüber hinaus in allen Bereichen der Altersstrategie für eine nachhaltige Finanzierung sorgen. Dabei dürfen wir neben der staatlichen Finanzierung die Thematisierung der Finanzierungsrisiken für private Unternehmen und deren Versicherten nicht vergessen. Wenn es uns gelingt, rechtzeitig in allen Bereichen die nötigen Massnahmen anzugehen und umzusetzen, wird dies letztlich auch ein bedeutender Beitrag zu Sicherung unserer Standortattraktivität sein. 

Sehr geehrte Mitglieder des Landtages und der Regierung

In dieser Legislaturperiode werden wir noch einige für die Zukunft wichtige Weichen stellen müssen. Lassen Sie uns unser Land dabei sicher durch die stürmische Zeit führen und zuversichtlich sein. Denn dort, wo es Herausforderungen gibt, gibt es immer auch Lösungen, und Herausforderungen bieten immer auch Chancen. Für Ihre verantwortungsvolle Aufgabe wünsche ich Ihnen viel Kraft, Weisheit und Gottes Segen!»