Steuerliche Diskriminierung ist nicht tolerierbar

Der Entscheid des Staatsgerichtshofs vom Oktober 2020, wonach bei im Ausland wohnhaften EWR-Bürgern, die in Liechtenstein im öffentlichen Dienst arbeiten, der tiefste Gemeindesteuerzuschlag zur Anwendung gelangt – also 150 Prozent – erzeugt gegenüber 41 Prozent der liechtensteinischen Bevölkerung eine Inländerdiskriminierung. Mit unserem Motionsauftrag an die Regierung wollen wir diesen Missstand beseitigen.

Der Entscheid des Staatsgerichtshofs sorgte nach Inkrafttreten in der Oktobersession des Landtags (2021) über die Parteigrenzen hinweg für scharfe Worte, dass man nämlich dieser Inländerdiskriminierung absolut kein Verständnis entgegenbringe und dass diese nicht tolerierbar sei. Doch blieb es lediglich bei dieser Rhetorik, und erstaunlicherweise ergriff die Regierung keine Initiative, die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner – es sind dies 16‘000 und damit 41 Prozent der Bevölkerung – von der steuerlichen Schlechterstellung zu befreien.

Inländer zahlen bis zu 30 Prozent höhere Gemeindesteuerzuschläge
Die besagten EWR-Dienstnehmer, die als Grenzgänger im öffentlichen Dienst in Liechtenstein arbeiten, kommen in den Genuss des tiefsten Gemeindesteuerzuschlags von 150 Prozent, während die Einwohnerinnen und Einwohner von Balzers mit einem deutlich höheren Gemeindesteuerzuschlag von 170 Prozent, in Eschen und Mauren gar mit 180 Prozent sowie in Ruggell mit 175 Prozent belastet werden.

Für die FBP ist diese Inländerdiskriminierung nicht trag- und vertretbar, und so haben wir den Auftrag an die Regierung in Form einer Motion lanciert, eine Lösung zu erarbeiten, damit dieser grosse Teil der liechtensteinischen Bevölkerung in seiner eigenen Heimat nicht steuerlich benachteiligt wird. Dies ist möglich, wenn den betroffenen Gemeinden Balzers, Eschen, Mauren und Ruggell die Möglichkeit geboten wird, bei ihrer einheimischen Bevölkerung denselben Gemeindesteuersatz zur Anwendung zu bringen wie bei EWR-Staatsangehörigen, also 150 Prozent. 

Die Schere der Steuerkraft der Gemeinden klafft immer weiter auseinander
Das Manna ist in Liechtensteins Gemeinden unterschiedlich verteilt, und die Schere der Steuerkraft geht zwischen den Gemeinden stets weiter auseinander. Bei der Sanierung des Staatshaushaltes leisteten die Gemeinden in den vergangenen zehn Jahren einen Löwenanteil, wobei gerade die Finanzausgleichsgemeinden besonders hart getroffen wurden. Die Finanzausgleichszahlungen des Landes an die Gemeinden liegen heute um 40 Millionen Franken pro Jahr tiefer als 2011. 

Die Gemeinden Balzers, Eschen, Mauren und Ruggell erhalten heute jährlich 26 Millionen Franken weniger Finanzausgleich als vor zehn Jahren! Eine Absenkung des Gemeindesteuerzuschlags auf 150 Prozent ist für sie deshalb finanzpolitisch nicht tragbar.  

Stark gestiegene Beitragsleistungen und Beteiligung an Lehrerlöhnen belastet mittegrosse Gemeinden
Zusehends problematisch wurde dieser massive Abbau der Finanzzuweisungen für die mittelgrossen Gemeinden mit tiefer Steuerkraft wie Balzers, Eschen, Mauren und zum Teil auch Triesen. Durch die in dieser Zeit frappant gestiegenen Beitragsleistungen, deren Kostenexpansion nicht im Einflussbereich der Gemeinden liegt, sowie durch die hälftige Kostenbeteiligung an den Löhnen der Lehrpersonen auf Gemeindeebene – obwohl die Gemeinden dabei keinen Mitbestimmungsstatus haben – wird es für diese Gemeinden schwieriger, die notwendigen Finanzen für die Aufrechterhaltung und Schaffung von Infrastrukturen bereitzustellen sowie notwendige Investitionen zu tätigen. Eine strategische Investitions- und Finanzplanung ist deshalb nicht möglich.  

Wie erreichen wir mindestens eine Gleichbehandlung der inländischen Steuerzahler?
Die FBP-Motion offeriert der Regierung einen Lösungsvorschlag, wie diese Inländerdiskriminierung beseitigt werden kann. Der Motion liegen eine klare Analyse sowie ein systematischer Lösungsansatz zugrunde, ausgehend von der realen Steuerkraft und unter Berücksichtigung der Steuerentwicklung in den betroffenen Gemeinden. Es geht nicht um eine Generalrevision des komplizierten Finanzausgleichsystems, sondern allein um eine pragmatische und kurzfristig realisierbare Massnahme, die steuerliche Benachteiligung in den Gemeinden Balzers, Eschen, Mauren und Ruggell zu beseitigen. Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich durch eine Korrektur bei den Ertragssteueranteilen mit einer horizontalen Ausgleichswirkung, welche von den finanzstarken Gemeinden getragen wird. Ein solcher Ausgleichsansatz wurde der Regierung von den Gemeinden bereits im Februar 2020 in einer Stellungnahme zum Finanzausgleichsgesetz und Steuergesetz in Vorschlag gebracht. 

Beseitigung der Inländerdiskriminierung liegt in den Händen des Landtags und der Regierung
Der Regierung und der Landtag haben es in der ersten Arbeitssitzung des Landtags im März 2022 in der Hand, dieser Inländerdiskriminierung entgegenzutreten. Es ist zu hoffen, dass die Motion an die Regierung überwiesen wird – und dass die Regierung die gesetzliche Implementierung möglichst rasch ermöglicht, sodass die Anwendung der Steuergerechtigkeit bzw. die Beseitigung der Inländerdiskriminierung mit dem Steuerjahr 2022 in Kraft gesetzt werden kann.