Leserbrief zu «Gratis-Bus als Umsteige-Wundermittel?»

VCL-Vorstand

Immer wieder einmal wird der gratis öffentliche Verkehr als Wundermittel zum Umsteigen vom Auto auf den Bus angepriesen. Neu in der Petition “Gratis ÖV in Liechtenstein”, die im Dezember-Landtag behandelt wird. Dazu lohnt es sich, das Interview mit dem Verhaltensökonomen Gerhard Fehr, Referent bei den „Landgesprächen Hittisau“ im September 2020, nachzulesen. Auf die Frage “Laut der klassischen Ökonomie ist die Wahl unserer Verkehrsmittel hauptsächlich von den Faktoren Zeit und Geld abhängig. Sie widersprechen dem. Warum?” meint Fehr:

“Es haben weitaus mehr Faktoren Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der Menschen, etwa die Verfügbarkeit und die Verlässlichkeit des öffentlichen Verkehrs, auch die Frage, wie angenehm öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen sind. Diesem Umstand müssen wir in einem Land wie Vorarlberg Rechnung tragen, für den Bürger und für die Wirtschaft. Man darf nicht länger von Standardannahmen ausgehen. Nehmen wir einmal an, man möchte eine neue ‚Wälderbahn‘ bauen, die tatsächlich Verkehr von der Straße nimmt und nicht nur eine Fremdenverkehrsattraktion sein soll …

Und auf die Frage “Was wäre dann?” folgt die Antwort:

“Dann wird man wesentlich mehr Faktoren berücksichtigen müssen als nur Zeit und Geld. Ansonsten werden die Menschen in ihren Autos neben der neuen Bahn ins Tal fahren. Es reicht nicht, einfach nur eine neue Bahn zu bauen. Das bewegt die Menschen nicht zu einem Umstieg. Wenn beispielsweise ein Hörbranzer mit dem Auto nach Bregenz fährt, steht er unter Umständen im Stau, muss sich einen Parkplatz suchen und Parkgebühren zahlen. Da wäre es doch weit ökonomischer, den Bus zu nehmen. Aber die meisten Menschen rechnen diese zusätzlichen Effekte nicht ein. Da macht der Mensch keine Kosten-Nutzen-Rechnung. Er steigt ins Auto und fährt los.” (Vorstand des VCL)

 

Hier das ganze Interview: https://themavorarlberg.at/wirtschaft/ein-anderes-menschenbild