«In wichtigen Themen Vorreiterrolle einnehmen»

Landtagsabgeordneter Johannes Kaiser im Gespräch mit dem sehr engagierten jungen Erwachsenen Simon Büchel (24) aus Gamprin.

Simon Büchel aus Gamprin ist 24 Jahre alt und belegt derzeit das Masterstudium in Accounting and Finance an der Universität St. Gallen, bei welchem er im Sommer 2021 vor dem Abschluss steht. Simon ist auch gesellschaftspolitisch sehr interessiert und hat kürzlich in der Jugendsession, welche im Plenum des Liechtensteiner Landtag stattfand, mitgewirkt.

Wie erlebst du und wie erleben die Jugendlichen die Corona-Zeit mit diesen einschneidenden gesellschaftlichen Massnahmen?
Simon Büchel: Es war für mich wie für alle eine sehr eigenartige Zeit. Der Unterricht an der Universität fand von einem Tag auf den nächsten digital statt, weshalb ich fast zwei Monate durchgängig zu Hause war. Eine Zeitlang musste man ja sogar komplett auf alle sozialen Kontakte ausserhalb der Familie verzichten, somit fielen auch alle Hobbys weg, die ich habe. Mit der Zeit wurde das schon mühsam, aber ich hoffe, dass wir das Schlimmste überstanden haben.

Was mir am meisten Sorgen macht, sind die Langzeitfolgen des Virus und des Lockdowns. So erhalten zum Beispiel viele Junge keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit beim Lehrbetrieb. Und wer während einer Krise in den Arbeitsmarkt einsteigt, verdient auch Jahre danach noch weniger, was besonders junge Erwachsene trifft.

Befürchtest du eine zweite Covid-Welle? Können die Staaten analog einschneidende Lockdown-Massnahmen in der Wirtschaft und Gesellschaft verkraften?
Ob eine zweite Welle kommt, ist im Moment schwer einzuschätzen, da man die Fallzahlen von heute nur schwer mit denjenigen am Anfang der Pandemie vergleichen kann. Diese steigen im Moment zwar an, jedoch nicht mehr exponentiell, was zeigt, dass die getroffenen Massnahmen wirken. Durch das vermehrte Testen werden auch milde Fälle aufgedeckt, welche im März noch gar nicht aufgefallen sind. Ich bin mir sicher, dass es nicht mehr zu einem breiten Herunterfahren von Wirtschaft und Leben wie im März kommt, da dies die bereits entstandenen Schäden noch vervielfachen würde. Punktuelle Einschränkungen halte ich mit Blick auf den Winter jedoch für möglich und sehr wahrscheinlich.

Gerne wird das Lippenkenntnis gegeben, dass die Jugend sowie deren Ausbildung eine unserer wichtigsten Ressourcen ist. Wird in der Bildung für die Schüler und Jugendlichen in Liechtenstein genug getan? Auch bezüglich der Fremdsprachen, die das Tor zur Welt sind?
Ich bin der Meinung, dass die Bildung in unserem Land sehr gut ist. Was immer wichtiger wird in der heutigen Welt, sind Programmiersprachen, weshalb ich finde, dass dies schon viel früher gefördert werden muss, vielleicht bereits in der Primarschule. Bezüglich Fremdsprachen finde ich, dass Deutsch und Englisch reichen und weitere Fremdsprachen, wie zum Beispiel Französisch, freiwillig sein sollten, da sind wir aber natürlich an den Lehrplan der Schweiz gebunden.

Welchen gesellschaftspolitischen Themen sollte sich die Politik deines Erachtens dringend mehr annehmen? Wo erwartest du mehr Mut von den Volkvertretern?
Als kleines Land haben wir kürzere Entscheidungsprozesse und sind deshalb sehr viel agiler als grössere Länder. Dies könnte man meiner Meinung nach viel stärker nutzen und in wichtigen Themen Vorreiterrollen einnehmen. Ein Paradebeispiel ist das Blockchaingesetz der Regierung, welches in dieser Form einmalig ist, uns von anderen Finanzplätzen abhebt und Liechtenstein attraktiver für FinTech-Unternehmen macht. Solche Initiativen könnte ich mir auch in den Bereichen Bildung, Verkehr und Umweltpolitik vorstellen.

Wie informiert sich die Jugend heutzutage über die Landespolitik und auf welche Kanäle sollten Politiker und Parteien vermehrt setzen, um die jungen Leute zu erreichen?
Heute informieren sich die Jungen vorwiegend über das Internet, vor allem über Social Media. Diese Kommunikation wird deshalb immer wichtiger. Ein tolles Projekt finde ich zum Beispiel wahlhilfe.li, bei dem man einen Fragebogen zu politischen Themen und dann Kandidaten vorgeschlagen bekommt. Diese Website bietet eine interaktivere Kommunikation als andere Medien und wurde deshalb von vielen Jungen bei den letzten Wahlen benutzt.