Hans Nigg: Vater von zwei Töchtern und dem Gesang

Hans Nigg (2. v.l.) zusammen mit Tochter Isabelle (links), dem Erbprinzenpaar sowie dem Balzner Vorsteher Hansjörg Büchel und dessen Gattin Sylwia beim Festanlass zum 100-jährigen Bestehen des Fürstlich Liechtensteinischen Sängerbunds im vergangenen Jahr.

Wer in Liechtenstein die Berichterstattung über das Chorwesen zumindest einigermassen verfolgt, kennt Hans Nigg. Wer selbst aktiver Sänger ist oder war, kennt ihn ohnehin. Seit vier Jahrzehnten ist er im Vorstand des Fürstlich Liechtensteinischen Sängerbunds – seit 15 Jahren als Präsident. Bekannt ist Hans Nigg aber auch als selbst aktiver Sänger und als Gründervater der Liechtenstein Musical Company. Ausserdem war er als Vizepräsident rund 20 Jahre erfolgreich im Stiftungsrat der Liechtensteinischen Musikschule tätig.

«An erster Stelle kommen bei mir selbstverständlich meine beiden Töchter und meine drei Enkelsöhne. An zweiter Stelle kam stets die Arbeit. Dann folgt gleich der Gesang und den Sängerbund sowie die Liechtenstein Musical Company darf man wohl mit Fug und Recht als mein drittes und viertes Kind bezeichnen», sagt Hans Nigg und lacht. Der sangesfreudige Balzner ist ein fröhlicher sowie bodenständiger Mensch und mit seiner Pensionierung in wenigen Wochen hat er noch mehr Zeit, sich um seine Familie und die Liechtensteiner Sängerinnen und Sänger zu kümmern.

«Papa, ich möchte auch mal Musik machen»
Würde man Klischees bemühen, gingen Beruf und Hobby bei Hans Nigg weit auseinander. Er ist ein Mann, der es sich gewohnt war, im Berufsleben handfest anzupacken. Der gelernte Maurer und Polier leitete 30 Jahre lang den Werkhof der Gemeinde Balzers und war anschliessend sieben Jahre Platzwart auf der Sportanlage Rheinau. Im Nebenberuf war er während dieser gesamten Zeit stellvertretender Mesmer in der Balzner Pfarrkirche St. Martin und St. Nikolaus. «All diese Tätigkeiten haben mir viel Freude bereitet. Den grossen Ausgleich zur Arbeit habe ich aber stets in der Musik gefunden», sagt Hans Nigg und verweist darauf, dass seine beiden Töchter Barbara und Isabelle seine Leidenschaft glücklicherweise geteilt haben. Ein Wunder ist dies aber nicht. Das Singen und Musizieren liegt der Familie Nigg seit Generationen im Blut. «Mein Grossvater und mein Vater waren bereits Ehrenmitglieder im Balzner Männergesangsverein und ich selbst bin im Alter von 14 Jahren schon eingetreten.»

Zu verdanken hat Hans Nigg dies dem im Balzers wirkenden Salettiner-Pater Emil Baur. «Er hat zu meiner Volksschulzeit Sänger für einen Wettbewerb in Südfrankreich gesucht und ist neben anderen auch auf mich aufmerksam geworden. Am Wettbewerb haben wir aufgrund eines tragischen Unglücks von Pater Baur nicht teilgenommen. Aber meine Leidenschaft für das Singen war spätestens da geweckt.» Hans Nigg nahm daher Solounterricht an der Liechtensteinischen Musikschule und traf mit seiner Lehrerin Edeltraud Dünser eine Sängerin, die ihn nicht nur förderte und forderte, sondern mit der ihn auch eine jahrzehntelange Freundschaft verbinden sollte. Bald folgten mit einigen kleineren und zwei Hauptrollen bei der Operettenbühne Balzers die ersten grossen Auftritte von Hans Nigg. Eine dieser Hauptrollen war die des Gutherren Jan Zarémba in Oskar Nedbals «Polenblut». «Meine Tochter Isabell war damals noch sehr klein, hat mich aber an jede Vorstellung begleitet und gesagt ‹Papa, ich möchte auch mal Musik machen›.»

Auf vielen Hochzeiten getanzt
Dieser Wunsch von Isabelle hat sich erfüllt. Sie lernte Geige und ist bis heute im Eschner Gesangsverein aktiv. Tochter Barbara wiederum lernte Saxophon und Klavier. Zu dritt haben sie auch viele Jahre zusammen mit Edeltraud Dünser, Corinne Grendelmeier Nipp und Thomas Nipp am Klavier Liederabende im Haus Gutenberg in Balzers gestaltet. «Mit Thomas verbindet mich ebenfalls seit Jahrzehnten eine enge Freundschaft», sagt Hans Nigg und erinnert sich gerne daran, wie er Thomas Nipp beim Orgelstudium in den Zwischenprüfungen mit seinem Gesang unterstützt hat. «Dies hat uns noch stärker zusammengeschweisst.»

Hans Nigg war aber nicht nur in der Operette, im Haus Gutenberg und im Gesangsverein aktiv. Er tanzte daneben sprichwörtlich auf vielen Hochzeiten. «Es waren Hunderte, an denen ich gesungen habe. Zum Teil drei zwischen Chur und Bregenz an einem Samstag. Aber auch viele Beerdigungen habe ich gesanglich umrahmt.»

Vom Jugendkoordinator zum Präsidenten
Hans Niggs Engagement blieb natürlich auch den Verantwortlichen des Fürstlich Liechtensteinischen Sängerbunds (FLSB) nicht lange verborgen. Die Vereinigung der Liechtensteiner Chöre repräsentiert über 1000 Sängerinnen und Sänger und besteht seit 1919. «40 dieser 101 Jahre war ich im Vorstand des FLSB und es erfüllt mich durchaus mit Stolz, dass ich das grosse Jubiläumsjahr 2019 als Präsident organisieren durfte.» Bevor Nigg vor 15 Jahren zum Vorsitzenden gewählt worden ist, war er einige Jahre Vizepräsident. Eingestiegen ist er aber als Koordinator der Kinder- und Jugendchöre. «Ich habe eine Vielzahl an Konzerten besucht und mich regelmässig mit den Präsidenten sowie Dirigenten abgesprochen. Es war mir immer eine riesengrosse Freude, die Kinder und Jugendlichen auf ihrem musikalischen Werdegang zu begleiten», sagt Hans Nigg. Entsprechenden hat er das Amt des Koordinators «weinenden Auges» aufgegeben. Gleichzeitig hat er aber auch die Möglichkeiten gesehen, die ihm sowohl die Vizepräsidentschaft als auch der Vorsitz des FLSB geboten haben. «So konnte und kann ich den Liechtensteiner Chorgesang als Ganzes fördern», sagt Hans Nigg.

Dennoch trägt Hans Niggs Einsatz als Kinder- und Jugendkoordinator bis heute Früchte. «Bei meinen Konzertbesuchen haben mir die jungen Sängerinnen und Sänger oft mitgeteilt, dass sie gerne nicht nur einzelne Stücke aus Musicals aufführen möchten, sondern auch einmal ein ganzes Musical.» Hans Nigg wäre nicht er selbst, hätte er diesen Ball nicht bald aufgenommen. Mit Gleichgesinnten hat er innerhalb von neun Monaten ein Konzept ausgearbeitet mit dem Ziel, talentierten Nachwuchsdarstellern aus Liechtenstein und der Region eine Plattform für dieses Hobby zu bieten. Das Ergebnis erhielt den Namen Liechtenstein Musical Company (LMC).

Alle meine Tätigkeiten haben mir viel Freude bereitet. Den grossen Ausgleich zur Arbeit habe ich aber stets in der Musik gefunden.

Hans Nigg, Präsident Liechtensteinischer Sängerbund

Viele Hundert Musicaldarsteller
«Seit der Gründung der LMC 1997 haben wir zehn Grossproduktionen aufgeführt. Viele Hundert junge und junggebliebene Talente standen bei uns auf der Bühne und diejenigen Rollen, welche wir nicht mit Darstellern aus Liechtenstein und der Region besetzen konnten, haben Profis von ausserhalb übernommen», sagt Hans Nigg. Der Erfolg dieser Produktionen erfülle die LMC mit Stolz und über alle zwei Jahre stattfindende Workshops fänden stets neue Darsteller zur Musical Company. «Ein unschätzbarer Vorteil ist dabei die Zusammenarbeit mit unserer Choreografin Marion Büchel und ihrer Tanzschule. Ein gutes und gesundes Zeichen ist auch, dass wir Darsteller haben, die in diesen über 20 Jahren an jeder Produktion beteiligt waren.»

Hans Nigg verweist auf bekannte Namen, deren Träger in den Produktionen der LMC aktiv waren oder es noch sind. «Kathrin Wille, Anita Foser, Michéle Möhr und Mirjam Dey haben zum Beispiel bereits Hauptrollen gespielt oder tragende Parts übernommen. Auch die Auftritte von Ernst Walch, Michael Nigg, Christian Büchel und Alois Wille, German Foser und viele weitere, sind aller Ehren wert. Neben diesem sehr aktiven Kern sind an Profis von etwas weiter her Patrick Biagoli aus Zürich, ein absoluter Publikumsliebling, und Monika Quinter, die bereits der Seebühne Walenstadt eine Absage erteilt hat, um in Balzers aufzutreten, zu nennen. Sie fühlen sich bei uns ebenfalls zu Hause.» Auch die Personen im Hintergrund wie Regisseur Tino Andrea Hohenegger und der musikalische Leiter Josef Heinzle leisteten Unglaubliches für die LMC, die auch auf zahlreiche Sponsoren und Gönner zählen könne. «Besonders hervorheben möchte ich auch noch das Engagement von Jacqueline Vogt, die uns finanzielle unter die Arme greift, wenn es nötig, aber auch die auftretenden Damen hinter der Bühne schminkt und frisiert und deren Tochter Gioia eine vielversprechende Nachwuchsdarstellerin ist. Ihnen allen gebührt mein grosser Dank», sagt Hans Nigg.

«Ich bin einfach ein Balzner»
Für andere Hobbys dem Gesang hatte Hans Nigg verständlicherweise nie Zeit. Gleichzeitig hat er in seiner Funktionärstätigkeit stets von seiner eigenen Aktivität als Sänger profitiert. «Sonst könnte ich meine Arbeit nie erfolgreich ausüben. Das wäre wie ein Fussballtrainer, der selbst nie gespielt hat.» Und wie ein Fussballer vielfach seinem Dorfverein treu bleibt, blieb Hans Nigg stets im Balzer Männergesangsverein. «Anfragen von anderen Chören hat es natürlich gegeben. Aber ich bin einfach ein Balzner.»

Wenn er aber doch einmal freie Zeit hat, dann gehört diese seinen Töchtern und Enkeln. «Familie ist für mich das Schönste, was man im Leben haben kann.» Dass die Enkel auch bereits musizieren, ist wenig verwunderlich. «Laurin spielt beispielsweise Geige, Finley Gitarre, und es freut mich unglaublich, dass sie die Familientradition fortsetzen», sagt Hans Nigg. Gleichzeitig betont er, dass Musik nicht alles im Leben sein kann und darf. «Ich bin stolz, dass meine Töchter ihre jeweiligen Berufsausbildungen ebenfalls äusserst erfolgreich abgeschlossen haben.»

«Nur gemeinsam ist man stark»
Wichtig ist Hans Nigg aber auch, dass die Gesangs- und Musikkultur nicht nur in seiner Familie weiterlebt.  Leider sei der Einsatz dafür nicht in allen Liechtensteiner Gemeinden und ihren Primarschulen gleich gut. Früher hätten die Schulchöre noch eine ganz andere Bedeutung gehabt als heute. Ehrensache ist es daher für Hans Nigg, sich selbst auch weiterhin für den Gesang und das Musical zu engagieren. Froh ist er dabei über die zahlreichen Gleichgesinnten, die ihn bis heute auf seinem Weg begleiten. «Als Präsident fühle ich mich weder beim FLSB noch bei der LMC als Chef. Denn nur gemeinsam ist man stark und nicht alleine. Mein Ziel ist es vor allem, die Weichen für meine tollen Tams richtig zu stellen.»