Bianca Lardi: «Malen ist wie Tagebuch schreiben.»

Bianca Lardi: «Malen ist wie Tagebuch schreiben.»

 

Die Churerin Bianca Lardi ist eine Kreative durch und durch. Dies äussert sich nicht nur in ihrer Acrylmalerei, die sie als Hobby betreibt, sondern auch in ihrem täglichen Alltag als Grafikerin bei einer Liechtensteiner Bank.  Warum sie sich eine offenere Kunstwelt wünscht und was sie an ihren Motiven aus der Natur- und Tierwelt so fasziniert, lest ihr hier.

 

Bianca Lardi erinnert sich noch gut an ihre Anfänge als Künstlerin. «Das Zeichnen lag mir schon als Kind im Blut. Ich habe im Restaurant immer die Servietten vollgekritzelt oder am Rhein mit Wasserfarben Steine bemalt. Meine Grossmutter war ausserdem eine begnadete Porzellanmalerin und ich habe ihr fasziniert dabei zugesehen.» An ihr erstes eigenes Bild kann sich die inzwischen in Untervaz wohnhafte Künstlerin auch heute noch sehr gut erinnern. «Wir mussten in der Schule in der 3. Klasse einen Schmetterling malen. Ich habe mich für einen Schwalbenschwanz entschieden und versuchte ihn so detailgetreu wie möglich nachzumalen. Später wurde mein Bild als das schönste der ganzen Klasse auserkoren, worauf ich mächtig stolz war. Ich denke, das war eines der ersten fertigen Bilder meiner Laufbahn.»

Der Weg zum eigenen Stil

In ihrer Schulzeit habe sie immer sehr viel Freude am Zeichenunterricht gehabt, wobei sie vor allem das Kreative begeistert habe. Anders sah es in ihren jungen Jahren mit der Kunstgeschichte aus. «Da hatte ich als Teenager vermutlich gerade andere Dinge im Kopf als über verstorbene Künstler und deren Werke nachzudenken.» Doch dies habe sich inzwischen geändert. «Heute finde ich es aber ein äusserst spannendes Thema und komme durch meinen Beruf auch viel damit in Berührung. Alleine schon die Tatsache, wie die alten Meister mit den damaligen Mitteln solche Kunstwerke erschaffen konnten, die Jahrhunderte überdauerten und wir sie heute in Museen betrachten können. Dieses Kulturgut sollte unbedingt für unsere Nachwelt erhalten bleiben.»

 

Bianca Lardi; Steinbock auf Schiefer, 25 cm

Bis sie ihren heutigen Stil fand verstrichen schon noch ein paar Jahre, wie die 38-Jährige erklärt. «Anfangs war es eine wilde Malerei, Neues ausprobieren, verschiedene Techniken miteinander zu kombinieren, einfach aus Freude am Malen. Da waren meine Gedanken noch nicht so fokussiert, etwas Tiefgründiges zu erschaffen. Sondern einfach ein schönes Bild für die Wohnung zu malen.» Doch das Universum hatte einen anderen Plan für Bianca Lardi. «Durch einen Unfall und langwieriger Reha habe ich aber gemerkt, wie viel mir die Malerei bedeutet und wie sie mir in manch dunklen Stunden geholfen hat, mit meinen Gefühlen umzugehen. Es war wie ein Ventil. Wenn ich die Bilder von damals anschaue, ist das wie eine Reise in die Vergangenheit. Und die Emotionen sind plötzlich wieder da. Von da an bestimmten die Gefühlswelten mein Schaffen und meine Verbundenheit zur Natur und meine Liebe zu Tieren. Es ist wie eine Art Tagebuch zu schreiben, nur eben mit Farben und Formen.»

Mehr Zeit während des Lockdowns

Die kreative Arbeit im privaten Bereich ist ein wichtiger Ausgleich für Bianca Lardi, die erst vor wenigen Jahren ihrem Herzen gefolgt ist und sich zur Grafikerin umschulen liess. Die Arbeit bei der Bank sei aber eine total andere als das Malen in der Freizeit. «Ich kann im Geschäft auch nicht immer das umsetzen, was mir persönlich gefällt und mit Malerei hat es schon gar nichts zu tun. Nach einem stressigen Tag kann ich bei der Malerei richtig abschalten und meinen Gedanken freien Lauf lassen. Oder ich sitze gemütlich auf meiner Couch und kritzle etwas auf meinem Ipad. Es ist mir sehr wichtig, diesen Ausgleich zu haben und mich in meine «abstrakten Gefühlswelten» flüchten zu können.»

Nicht nur im Alltag, sondern auch während des Lockdowns im Frühling sei ihr Hobby ein Segen gewesen. «Als alles geschlossen war, habe ich mich in meinem Atelier verkrochen und gewerkelt, Sachen ausprobiert, die schon ewig herumlagen, aber nie umgesetzt wurden. Ich hatte plötzlich vielmehr Zeit und konnte mich mehr auf mich und meine Kunst fokussieren. Zudem war ich während 3 Monaten fast ausschliesslich im Homeoffice tätig. Durch den Wegfall meines Arbeitsweges nach Liechtenstein hatte ich täglich gut eine Stunde mehr Zeit für mich. Das hat mir gutgetan, gerade nach einer arbeitsintensiven Zeit. Mein Pöstler hat sich dafür vielleicht über die Zunahme der Pakete mit Leinwänden, Farben und Co. geärgert, die er dauernd vorbeibringen musste.»

Kunst lebt durch persönlichen Kontakt

Wegen Corona gebe es momentan sehr wenige Ausstellungen, was ihr sehr fehle. «Es ist natürlich schön, wenn man ein geschaffenes Werk der Öffentlichkeit zeigen darf und dafür auch (meist) positive Reaktionen erhält. Das wirkt wie eine Motivationsspritze, neue Werke zu erschaffen.» Auch wenn vieles sich heute in die sozialen Medien verlagert habe, liebe sie den direkten Kontakt mit Kunstbegeisterten. «Auch wenn mich die Likes natürlich immer freuen, ist es nichts im Vergleich zu einer realen Ausstellung und den Betrachter direkt zu spüren. Zu beobachten, was vielleicht gerade in ihm vorgeht, wenn er ein Werk betrachtet. Und wenn dann sogar ein Werk in die Hände eines neuen Besitzers wandert, ist es eine enorme Genugtuung zu wissen, dass sich jetzt jemand anders an meiner Kunst erfreut. Auch wenn die Weggabe jedes Werkes mit einem gewissen Trennungsschmerz verbunden ist.»

Zusammenrücken dank Coronakrise?

Es sei schwierig an Ausstellungsmöglichkeiten zu gelangen, die für ein grosses Publikum zugänglich seien. «Meist sind sie mit einer Gegenleistung verknüpft. Und es hat ebenso viele schwarze Schafe auf dem Markt, die den Künstler nur ausnutzen wollen und hohe Beträge verlangen, damit man in seiner «Galerie» ein Bild aufhängen darf. Viele fallen vielleicht darauf herein, in der Erwartung entdeckt und berühmt zu werden.» Doch es gebe auch viele seriöse Galerien in der Ostschweiz und dem Fürstentum Liechtenstein, die zeitgenössische Kunst unterstützen. Dort stosse sie hin und wieder auf Widerstand, da sie leider bei diesen oft nur als «Amateur» und nicht als Künstlerin wahrgenommen werde. Dies vor allem aus dem Grund, da sie hauptberuflich als Grafikerin arbeite und sich in deren Augen nicht mit Leib und Seele auf die Kunst fokussieren könne. «Aber irgendwie muss ich meinen Lebensunterhalt auch verdienen, dafür reicht es mit der Kunst leider nicht aus.» Wer weiss, vielleicht rückt die Corona-Krise die «Profis» und «Amateure» in der Kunstwelt ein wenig zusammen und es entstehen Gemeinschaftsprojekte. Denn wenn wir was aus diesem Jahr gelernt haben sollten, ist es der Fakt, dass Solidarität und Zusammenhalt uns weiterbringen, als es jede und jeder Einzelne alleine schaffen könnte.