Leserbrief: Rückgrat S-Bahn?

Die Regierung erteilte der OeBB eine neue Konzession für den Bau und Betrieb der Eisenbahninfrastruktur durch unser Hoheitsgebiet.

Ist die S-Bahn tatsächlich das Rückgrat
des öffentlichen Verkehrs?

Immer wieder hört man von Befürworten des Projekts zur Erneuerung und Ausbaus der S-Bahn von Buchs nach Feldkirch, diese werde mit ganztägig ausgebautem Betrieb zu einem neuen Rückgrat des öffentlichen Verkehrs (ÖV) in Liechtenstein. Nur ein Blick auf die Landkarte von Liechtenstein lässt einen über diese Aussage die Stirne runzeln, führt diese Bahnlinie doch durch weniger als 1/10 des Siedlungsgebiets des Landes, in dem sich ein ähnlich grosser Anteil der Wirtschaftszonen von Liechtenstein befinden.

Seit 20 Jahren verkehren auf dieser Eisenbahnlinie zu Hauptverkehrszeiten morgens und abends moderne S-Bahn Kompositionen im Halbstundentakt. Bis heute findet dieses Angebot aber nur bescheidenen Anklang. In den 18 Zügen täglich (je 9 in beide Richtungen) würden laut ÖBB Zählungen in Summe täglich insgesamt über 500 Fahrgäste sitzen, was im Durchschnitt rund 30 Personen pro Zug ergäbe. Eigene und zugetragene Beobachtungen decken sich allerdings bei Weitem nicht mit solch hohen Zahlen.

Im Mobilitätskonzept 2030 der Regierung wird angeführt, dass mit dem Ausbau auf moderne und besser zugängliche Haltestellen sowie einem über den ganzen Tag erweiterten Halbstundentakt die Attraktivität der S-Bahn sich so steigern liesse, dass zukünftig über 3’000 Fahrgäste von und nach Feldkirch sowie knapp 2’000 Fahrgäste von und nach Buchs diese benutzen würden. Das wären also über 10 Mal mehr Nutzer als heute. Wie mit diesen Massnahmen eine derart massive Steigerung zustande kommen soll, d.h. eine grosse Anzahl Pendler damit schneller, direkter oder bequemer von ihrem Wohnort zum Arbeitsort gelangen können, den entscheidenden Kriterien für einen Umstieg vom heutigen Verkehrsmittel, muss schon mehr wie verwundern.

Wenn ein so grosses Bedürfnis für eine ganztägig betriebene S-Bahn bestünde, wieso fahren dann nicht schon längst Züge auch tagsüber und abends auf diesen heute in keiner Weise überlasteten Gleisen. Die S-Bahn Kompositionen sind ja offensichtlich schon mehrheitlich vorhanden und wären auch tagsüber nutzbar, wenn diese selbst zu Hauptverkehrszeiten morgens und abends schon verfügbar sind. Ein Ganztagesbetrieb liesse sich sicher mit einem Bruchteil der 71 Millionen Franken realisieren, den Liechtenstein für den geplanten Ausbau anteilsmässig zahlen muss. Sollte sich so die S-Bahn zu einem Rückgrat des ÖV entwickeln, wäre dann ein weiterer Ausbau ins Auge zu fassen.

Othmar Züger, Aeulegraben 32, Triesen