Radio L hat in der Öffentlichkeit oft einen schweren Stand

Blick ins Radio L -Studio.

Radio L kämpft seit Jahren gegen eine oft unsichtbare Wand von Personen, welche den einzigen Radiosender des Landes am liebsten abgeschaltet sehen würden. Dabei haben sich die Bewohner Liechtensteins vor nicht allzu langer Zeit deutlich für den Fortbestand von Radio L ausgesprochen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Sender politisch sehr neutral auftritt und allen politischen Richtungen seine Stimme gibt. Im nachfolgenden Gespräch haben wir Geschäftsführer Thomas Mathis einige aktuelle und auch teils unangenehme Fragen gestellt. 

Sie sind jetzt seit etwas mehr als einem Jahr der Vorsitzende der Geschäftsleitung von Radio L. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt oder ist es – wie so oft – ganz anders gekommen?
Thomas Mathis:
Nein, ganz anders gekommen ist es nicht. Jedoch musste ich wesentlich öfter den Fokus verändern und mich anpassen, als ich gedacht hätte. 

Können Sie das etwas ausführen?
Ich möchte die finanziellen Schwierigkeiten nicht kleinreden, jedoch sind das Probleme, die in gewissen Bereichen relativ rasch in den Griff zu bekommen waren. Die Buchhaltung des Liechtensteinischen Rundfunks, kurz LRF, ist überschaubar. Somit sind aussagekräftige Reportings gut zu erstellen, wenn die Grundlage dafür einmal geschaffen ist. Transparenz und Verlässlichkeit sind heute hergestellt, was wohl die wichtigste Voraussetzung für Vertrauen ist. Wir kämpfen aber natürlich, wie jedes Unternehmen im Medienbereich, mit Rückgängen im Werbemarkt. Man darf diese Themen jedoch nicht vermischen. In meinen Augen macht es einen grossen Unterschied, ob man ein Problem eindeutig und verlässlich darlegen kann, oder ob man irgendwann einfach schreit, dass man dringend Geld brauche. Ich kenne die Kostenstruktur des Radios heute sehr gut und weiss somit, ob und mit welchen Konsequenzen noch Einsparungen möglich wären. Die Aufwandsseite ist somit in weiten Teilen sehr verlässlich planbar. Ertragsseitig sind Prognosen jedoch äusserst schwierig und von vielen Faktoren abhängig. So haben wir beispielsweise gemerkt, dass uns die negative Presse 2018 massiv geschadet und diverse Werbeerträge gekostet hat. Wenn also Personen ständig den Untergang herbeireden, steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er irgendwann tatsächlich kommt. Diese Abwärtsspirale ist eine sehr schwierige Situation und wir haben kaum eine Handhabe dagegen, jedenfalls nicht mit dem aktuellen Zeit- und Kostendruck. Was daraus aber für mich nun auch viel klarer geworden ist, ist der spezifische Ertragsdruck. Daraus folgt, dass wir uns 2020 noch viel stärker mit diesem Thema auseinandersetzen müssen, um gute Lösungen für attraktive Aufträge zu finden. Und dies geht wiederum nur mit einem guten Programm. Somit hat sich mein anfänglich sehr strenger Finanzfokus in Richtung Verkauf und Programm verschoben.

Verkauf und Programm sind zwei gute Stichworte. Der Verkaufs- und der Programmleiter sowie weitere Mitarbeiter haben das Unternehmen verlassen. Können Sie dazu noch einige Auführungen machen?
Eigentlich nicht, denn die Abgänge sind weit weniger spektakulär, als dass sie teilweise versucht wurden darzustellen. Wichtig ist, dass wir daraus auch einen Nutzen ziehen können. Aufgrund der Turbulenzen 2018 war es sicher richtig, kompetenzfokussierte Managementkapazitäten aufzubauen. In vielen Bereichen befinden wir uns unterdessen aber wieder in der Normalität, weshalb gewisse Strukturen dringend zu hinterfragen sind. Diese Möglichkeit haben wir nun und nutzen sie. Wie das Endresultat aussehen wird, ist aber teilweise noch offen. 

Fakt ist, dass wir im Verkauf keine Vakanz haben und im Programm ungefähr zwei Personen suchen. «Ungefähr» deshalb, weil wir in gewissem Sinne auch flexibel sind und gute Lösungen für die Zukunft suchen.

Also doch kein Massenexodus?
Nein, definitiv nicht, zumal die Kündigungsgründe sehr unterschiedlich waren. Zugleich haben wir nun auch eine stattliche Zahl an Bewerbungen erhalten. Erstaunlicherweise fast mehr aufgrund der Berichterstattung als aufgrund unserer Stellenausschreibungen (lacht). Wir haben bereits viele tolle Leute mit umfassenden Erfahrungen in unserem Team, müssen diese Kompetenzen aber noch besser bündeln und abholen. Zusammen mit neuen Kräften und Ideen wird uns das aber auch sicher gelingen.

Womit hatten Sie am wenigsten gerechnet, als sie den Job bei Radio L angenommen haben?
Klar mit einem gewissen Hass, den einige wenige Personen offenbar gegen das Radio in sich tragen. Bei diesen Personen ist deutlich spürbar, dass sie das Radio am liebsten geschlossen sehen wollen und deshalb versuchen, uns zu schaden, egal ob sie damit auch hart und seriös arbeitende Menschen mental massiv belasten. Ich erwarte nicht, dass uns jede Person gut findet, jedoch hat mich diese Intensität doch negativ überrascht, zumal ich weder Sinn noch Grund sehe. Wir machen nichts Anstössiges, bei uns wird niemand reich und wir fühlen uns der gesamten Bevölkerung verpflichtet. Über Ausrichtung und Qualität kann, darf und soll man immer diskutieren, dann aber bitte auf einer fairen und faktenbasierten Grundlage.

Wenn wir schon bei den negativen Seiten sind: Wie stehen Sie zur Kritik am neuen Standort?
Immer, wenn ich die Hintergründe erkläre, geht vielen Leuten ein Licht auf, und allfällige Kritik verstummt sehr schnell. Die Fakten sprechen klar für sich, jedoch lassen sich diese nicht in fünf Worten erläutern. Die Kritiker sind nach meiner Erfahrung aber auch lediglich eine Minderheit, somit darf ich mich selbst davon nicht verrückt machen lassen. Ich lade diese Personen gerne zu einem persönlichen Gespräch mit mir ein. Mich erstaunt und besorgt gleichermassen, mit welcher Informations- und Faktenarmut Meinungen verkündet werden. 

Über welche Fragen müssen Sie regelmässig schmunzeln?
Hier fallen mir spontan zwei Themen ein. Zum einen werde ich oft gefragt, ob die Nachrichten aufgezeichnet seien. Nein, sind sie nicht. Sie werden grundsätzlich immer live im Studio verlesen, damit auch kurzfristig auf Updates reagiert werden kann. Ein weiterer Fragenkreis betrifft die Musikauswahl. Ohne diese Fragen nachzuformulieren, kann ich antworten, dass aktuelle Titel nicht teurerer sind als beispielsweise unsere «Kulthits», kein Titel wird pro Tag mehr als viermal gespielt und Mengenrabatt gibt es auch nicht (lacht).