Wurzeln und Haltung Sportchirurg

Dr. Christian Schenk im persönlichen Gespräch

Anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums seines Sanatoriums im vorarlbergerischen Schruns erinnert sich der renommierte Chirurg Dr. Christian Schenk im Gespräch mit der «lie:zeit» an seine Wurzeln und an die der Unfallchirurgie. Und wie sehr er sich mit den Pionieren seiner Zunft verbunden und sich ihnen verpflichtet fühlt. Ein Plädoyer für die Synthese von altem Wissen und neuen technologischen Möglichkeiten sowie für die dahinterliegende Leidenschaft, für den Patienten die nachhaltig beste Lösung zu realisieren. 

Interview: Patrick Fürnschuss

Mit 21 Jahren haben Sie Ihre Tennisprofikarriere beendet und sich für Ihre zweite Leidenschaft, die Medizin, entschieden. Eine Entscheidung gegen die eigenen Limits und für die scheinbar unendlichen Möglichkeiten der Medizin, wie Sie einmal sagten. Wie sieht es 45 Jahre später mit den Möglichkeiten bzw. mit etwaigen Limits in der Medizin aus?
Dr. Schenk:
Mein Gebiet der Unfallchirurgie ist ja ein relativ junges Fach. Erst 1968 wurde sie ein selbständiges chirurgisches Teilgebiet. Als Vater der Unfallchirurgie gilt Lorenz Böhler, auf dessen Betreiben 1925 in Wien das erste Unfallkrankenhaus entstanden ist. Er hatte in den Lazaretten des ersten Weltkriegs gelernt, dass eine möglichst schnelle, Substanz erhaltende Chirurgiepraxis am nachhaltigsten ist. Mit bescheidenen Mitteln waren kreative Lösungen und echte Handwerkskunst gefragt. Lorenz Böhler, der aus einer Vorarlberger Handwerkerfamilie stammte, war genau der richtige Mann in dieser Zeit, und er bereitete den Boden für die an der Natur, am jeweiligen Original orientierte wiederherstellende Chirurgie. Die technologischen Entwicklungen seit damals sind zweischneidig: Einerseits haben sie uns gerade im minimal-invasiven Bereich vormals ungeahnte Erfolge ermöglicht, gleichzeitig hat sich aber auch eine absatzorientierte Pharma-, Implantat- und Prothesenindustrie entwickelt, die oftmals vermeintliche Absicherung und kurzfristigen ökonomischen Gewinn dem nachhaltigen Patientenwohl vorzieht. Dort erlebe ich auch die Limits einer Medizin, wie ich sie verstehe.

Sie haben Ihr chirurgisches Handwerk noch von den Pionieren Ihrer Zunft gelernt, u. a. auch an besagtem Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus. Gelingt der Wissenstransfer zur jungen Chirurgengeneration?
Ja, denn meiner Ansicht nach geht es da weniger um Wissen, als vielmehr um Haltung. Ich habe das Glück hier im Sanatorium mit drei Kollegen aus meiner Generation zusammenzuarbeiten, darunter übrigens auch Dr. Alexander Böhler, der Enkel von Lorenz Böhler, sowie die Fachärzte Stefan Lipski und Stephan Waurick. Was uns verbindet, ist neben einem vergleichbaren Erfahrungshintergrund die akribische Suche nach der bestmöglichen Lösung für die individuelle chirurgische Problemstellung. Die neuen Technologien helfen uns da ungemein, gerade auch in der Visualisierung, im Case-Studies-Abgleich, bei der präoperativen Planung und für postoperative Kommunikations- und Behandlungsmöglichkeiten. Entscheidend sind aber kompromisslose Qualitätsorientierung, Neugier, Offenheit und Flexibilität sowie Hingabe und Mut. Das ist keine Frage des Alters, sondern der Persönlichkeit, der Einsatz- und Lernbereitschaft. Ich freue mich immer wieder, wenn ich junge Kollegen treffe, die genau das mitbringen.

Rasante Entwicklungen in virtueller Realität, Automatisierung und Digitalisierung revolutionieren viele Berufsfelder. Auch die Chirurgie und das Sanatorium Dr. Schenk?
Bei SchenkAir setzen wir alle Piloten jedes halbe Jahr in den Flugsimulator. Simulatoren sind die technologischen Vorreiter in Sachen VR und das beste Aus- und Fortbildungsgerät. Ohne sie gäbe es keine Flugsicherheit, denn nur dort kann ich maximal an die Grenze bzw. über die Grenze fliegen und somit meinen sicheren Korridor etablieren und meine Fähigkeiten erweitern. International beschäftigt man sich mit der Entwicklung von OP-Simulatoren, insbesondere in der Prothetik sieht man da sogar automatisiertes Anwendungspotenzial. Mit unserer personalisierten Herangehensweise geht sich das nicht aus. Wir setzen auf individuelle Lösungen, und jede Operation ist da anders. Ich schaue mir das aber sehr genau an, und sehr viel Potenzial sehe ich in der auf Visualisierung und Animation basierenden Planung, Vorbereitung und Umsetzung einer OP. Wenn ich mal am Stock gehe und die körperlichen Belastungen nicht mehr packe, sitze ich mit einem Fruchtsaft am Strand und supervidiere meine Nachfolger am Bildschirm bei ihrer Arbeit. Wissenstransfer und Übergabe «by doing», so stelle ich mir das vor (lacht).

Im Sommer sind Sie 66 Jahre geworden. Da soll ja das Leben erst so richtig anfangen. Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?
Nun, ich hoffe, dass ich noch lange bei guter Kraft und Gesundheit bin, um meinen Beruf auf diesem Niveau ausüben zu können. Wie an dieser Stelle schon einmal gesagt: Noch immer ist es das Schönste für mich, wenn wir Menschen mit unserer Dienstleistung neue Lebensqualität schenken können. Die eigene Lebensqualität und die meiner Familie gilt es darauf abzustimmen. Das ist nicht immer einfach, aber doch immer wieder möglich. Auch das eine Frage der Haltung.

Wie immer ein inspirierender Gesprächspartner: Der im vorarlbergerischen Schruns tätige Vollblutchirurg Dr. Christian Schenk.

DR. CHRISTIAN SCHENK

Geburtstag: 18.8.1953
Familie: Vier Kinder, verheiratet in zweiter Ehe mit Veronica.
Ausbildungen: Medizinstudium an der Universität Wien; ATPL-H-Lizenz für Linienverkehrspiloten.
Berufliche Laufbahn: Krankenhaus Kitzbühel; Lorenz-Böhler-Krankenhaus Wien; Unfallchirurgie LKH Feldkirch; Präsenzdienst als Chirurg im Golan (UN); Gegenfachausbildung Orthopädie, Marseille, New York, St. Gallen und Hohenems.
Eröffnung einer Unfallchirurgie-Praxis in Schruns (im ehemaligen Kurhotel), 1989 Errichtung des «Sanatorium Dr. Schenk». Gründung der eigenen SchenkAir (1999), Aufbau einer Erst- und Notfallversorgungspraxis sowie Eröffnung von Europas höchstem Heliport auf der Id-Alpe in Ischgl (2009).
Weitere Passionen: Tennis, Golf, Hubschrauber, Oldtimer, Boote.

 

Tagesgeschäft Notfall

Mit dem ersten Schnee und den Openings der Wintersportgebiete sind im Sanatorium Dr. Schenk im vorarlbergerischen Schruns auch schon wieder die ersten Frischverletzten angekommen. Der Gründer und Namensgeber der privaten Ambulanzklinik – Dr. Christian Schenk – appelliert an die Eigenverantwortung der Wintersportler.

Das ohnehin stark ausgelastete Sanatorium Dr. Schenk hat ihn wieder vor sich, den ganz normalen Wintersportwahnsinn mit bis zu 80 Patientenaufnahmen und 15, 16 Operationsstunden am Tag. Eine Herkulesaufgabe für das ganze Haus und auch für den 66-jährigen Lead-Chirurgen Dr. Christian Schenk und sein OP-Team. «Der Winter ist doch immer eine besondere Herausforderung für uns alle, aber wir sind routiniert und vorbereitet», so Schenk, der auch während dieser Skisaison wieder viele Nächte «durchoperieren» wird. Gerade auch über die Feiertage. Zerfetzte Bänder im Knie, zertrümmerte Schienbeinköpfe, Frakturen und Luxationen an Schulter, Hand und Beinen sind dabei die häufigsten Verletzungen, ihre schnellstmögliche Erstversorgung – bis zu 1000-mal pro Winter – für Dr. Schenk die Voraussetzung für den besten Behandlungserfolg. Die zeitlich optimierte Rettungskette vom Berg ins Sanatorium und die damit verbundene organisatorische Infrastruktur inklusive eigener Hubschrauberflotte wurden darum bereits vor Jahrzehnten zur Chefsache erklärt. «Der Notfall ist unser Tagesgeschäft, und wir sind dafür bestens ausgerüstet. Entscheidend ist aber, dass das Notfallprogramm auch unmittelbar aktiviert werden kann, und das liegt wiederum in der Verantwortung jedes Einzelnen, sprich, in einem dem Freizeitverhalten entsprechenden Versicherungsschutz», so Dr. Schenk über die Eigenverantwortung jedes passionierten Wintersportlers. 

Damit nichts passiert, wenn was passiert!
Wenn ein Unfall passiert, dann ist das medizinische Problem das erste und unmittelbare Problem. Aber nicht das einzige. Rechtliches, Familiäres und Organisatorisches gilt es abzuklären, und das unter der Belastung einer dringlichen Extremsituation. Die Gefahr, dass da Fehler gemacht werden, noch mehr oder auch Folgeschäden passieren, ist gross und sie kann nur mit schneller, professioneller Hilfe minimiert werden. Keine Frage sollte in dieser Situation der Versicherungsschutz sein. Für das Schenk-Team ist klar: «Wer in seiner Freizeit private Unternehmungen mit Gefahrenpotenzial leben will – Skifahren und Snowboarden gehören da aus unserer Erfahrung mit Sicherheit dazu –, der sollte sich auch privat versichern. Nicht entsprechend versichert zu sein, wird im Unglücksfall wirklich teuer.» In den schweizerischen und liechtensteinischen Skiregionen arbeitet das Sanatorium Dr. Schenk eng mit der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega zusammen. Die SchenkAir hat aber auch selbst schon Unfallopfer, z. B. aus Malbun, nach Schruns ausgeflogen. 

Weitere Informationen unter www.dr-schenk.at – direkte Notrufnummer im Ernstfall: 0043 664 223 55 55.

Zahlen, Daten und Fakten «Sanatorium Dr. Schenk»
1989
Eröffnung des Sanatoriums Dr. Schenk in Schruns
2 Operationssäle / 4 Ambulanzräume / 20 Stationsbetten (Einzelzimmer)
1999
Gründung der SchenkAir für medizinische Erst- und Notfallversorgung
2009
Eröffnung der «Sport-Chirurgie-Ischgl», ein Medical-Center mitten im Skigebiet
2015
Erweiterung des Leistungsspektrums mit dem Schwerpunkt
«Innere Medizin»
2019
Planungsabschluss für das Intermediate Care Center, ein Zentrum für postoperative Intensivpflege in Schruns. Eröffnung im Frühjahr 2020.

Medizinische Schwerpunkte:

  • Diagnostik und medizinische Fachberatung
  • Arthroskopische Chirurgie an Knie, Sprunggelenk, Schulter, Ellbogen und Hand, inklusive postoperativer Intensivpflege
  • operative Behandlung sämtlicher degenerativer Erkrankungen der Extremitäten
  • Innere Medizin, Schwerpunkt Kardiologie und Stoffwechsel

Physiotherapeutische Schwerpunkte:
Mobilisation und Rehabilitation, Medizinische Trainingstherapie, Manuelle Therapie, Lymphdrainage, Klassische Massage, Energetisch-statische Behandlung / Akupunkturmassage, Rückenschule.