Eine Vertrauenskrise und zukunftsweisende Beschlüsse

Die Dezembersitzung des Landtags in der vergangenen Woche war zwar nicht von brisanten Themen geprägt. Im gesamten Jahr 2019 konnten die Abgeordneten aber zahlreiche zukunftsweisende Themen behandeln und nach teils kontroversen Diskussionen einige Weichen stellen.

Neben der Eröffnungssitzung im Januar tagte der Landtag auch 2019 an acht ordentlichen Sitzungen. Hinzu kam die Sondersitzung vom 2. Juli, welche die Absetzung von Regierungsrätin Aurelia Frick zur Folge hatte. Das einzige Traktandum dieser Sitzung war auch dasjenige, welches im gesamten Jahr die meiste mediale Aussenwirkung entfaltet hat. Bereits im Vorfeld sorgten die Vorwürfe der Geschäftsprüfungskommission, dass Aurelia Frick nicht sparsam mit öffentlichen Geldern umgegangen sei und sich bei der Kontierung Fehler erlaubt habe, für eine Polarisierung zwischen Befürwortern und Gegnern der Aussen-, Justiz- und Kulturministerin. Im Landtag waren die Fronten jedoch ziemlich klar, und 21 Abgeordnete entzogen Frick, bei 23 Anwesenden, das Vertrauen. Mit der Zustimmung des Erbprinzen zu dieser Abberufung noch am gleichen Tag war diese vollzogen. Komplett war die Regierung schliesslich im November wieder, als die von der FBP portierte Nachfolgerin von Aurelia Frick, Katrin Eggenberger, mit 18 Stimmen ins Amt gewählt wurde. 

Der Digitalisierung Rechnung getragen
Abseits der Sondersitzung behandelten die Liechtensteiner Abgeordneten aber auch zahlreiche Regierungsvorlagen und eigene Eingaben. Eine dieser Regierungsvorlagen war das Blockchain-Gesetz von Regierungschef und Finanzminister Adrian Hasler. Die Abgeordneten konnte er in beiden Lesungen von diesem Gesetzesentwurf, der zweimal auf einhellige Zustimmung stiess, überzeugen. «Die Digitalisierung verändert die Welt rasant. In den 80er-Jahren hätte sich beispielsweise kaum jemand vorstellen können, wie E-Mail und Smartphones die schriftliche Kommunikation verändern werden. So wird es auch mit Blockchain kommen. Irgendwann ist es normal, diese Technologie anzuwenden. Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten, und die Gesellschaft muss sich folglich mit ihr auseinandersetzen», hatte der Regierungschef bereits im Vorfeld der Landtagsdebatten betont. Der Staat wolle daher die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und die Infrastruktur zur Verfügung stellen, damit die starke Liechtensteiner Wirtschaft sowie die einmalige Beschäftigungsquote und damit der Wohlstand für künftige Generationen erhalten blieben.

Knappes Ja für höheren Staatsbeitrag
Ein weiteres Thema, das den Landtag im zu Ende gehenden Jahr beherrschte, waren die Belastungen der Versicherten durch die Gesundheitskosten. Ein erster Schritt, um die Kosten für die Prämienzahler ein wenig zu senken, war im Juni die Erhöhung des Staatsbeitrags an die obligatorische Krankenpflegeversicherung um vier Millionen Franken auf nun 33 Millionen pro Jahr. Vorangegangen war ein entsprechender Vorstoss der VU im Rahmen ihres Bürgerpakets, der sich gegen den Widerstand der Regierung mit 13 Stimmen durchsetzen konnte. Neben den acht Abgeordneten der Vaterländischen Union hatten die drei Vertreter der Freien Liste für den Antrag gestimmt sowie der damals parteifreie Johannes Kaiser und Wendelin Lampert von der FBP. Während die Gegner argumentiert hatten, dass die Gelder nach dem berühmten Giesskannenprinzip ausgeschüttet würden und die Erleichterung für den einzelnen kaum spürbar sei, sagte Wendelin Lampert, dass er befürchte, «dass das Geld noch sinnloser ausgegeben wird, wenn ich hier nicht Ja sage». Der VU-Abgeordnete Mario Wohlwend appellierte seinerseits an die Parlamentarier, sich den Sorgen der Bürger nicht zu verschliessen. Mit – wenn auch denkbar knappem – Erfolg.

Kompromiss bei der Prämienverbilligung
Eine entscheidende Rolle spielte Wendelin Lampert auch bei der Anpassung der Prämienverbilligung für einkommensschwache Versicherte. Sowohl Johannes Kaiser als auch die VU-Fraktion hatten sich dafür eingesetzt, diese Entlastungsmassnahme auszuweiten, wobei die Initiativen verschiedene Ansätze verfolgten und unterschiedliche Kosten nach sich gezogen hätten. Schliesslich entschied sich die Mehrheit der Abgeordneten im November für einen im Rahmen der zweiten Lesung der VU-Initiative eingebrachten Antrag Lamperts. Er brachte vor, «das Gute» von beiden Vorschlägen vereinen zu wollen – die geringeren Kosten des VU-Vorstosses für den Staat in Höhe von rund sechs Millionen Franken und die stärkere Bevorzugung von Personen mit tieferem Erwerb der Initiative von Johannes Kaiser. Dieser zog seine Initiative daraufhin zurück, da er verhindern wollte, dass am Ende alle drei Anträge abgelehnt werden. «Denn ich möchte, dass im Bereich der Prämienverbilligung etwas vorwärtsgeht», sagte Kaiser. Lamperts Änderungsantrag fand schliesslich die Zustimmung von 15 Abgeordneten, während die gesamte Gesetzesänderung mit 23 Stimmen angenommen wurde.

Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten, und die Gesellschaft muss sich folglich mit ihr auseinandersetzen

Adrian Hasler, Regierungschef

 

Schulzentrum Unterland II kommt
Weitere zukunftsweisende Beschlüsse des Landtags betrafen das Bildungswesen. Im Juni bewilligten die Abgeordneten Kredite im Umfang von rund 100 Millionen Franken für neue Schulbauten. 52,6 Millionen entfallen dabei auf das seit 20 Jahren diskutierte und immer wieder aufgeschobene Schulzentrum Unterland II in Ruggell für die Ober- und Realschüler der Gemeinden Gamprin, Schellenberg und Ruggell sowie die Berufsmaturitätsschule (BMS). Weitere 3,5 Millionen Franken, welche die Regierung, vertreten durch Regierungschef-Stellvertreter und Infrastrukturminister Daniel Risch, nicht beantragte hatte, sprach der Landtag für eine Dreifach- statt der geplanten Zweifachturnhalle. Unumstritten waren auch rund 45 Millionen Franken für den Ausbau des Schulzentrums Mühleholz in Vaduz mit Gymnasium, Real- und Oberschule. 

Regierungschef-Stellvertreter Risch versicherte den Parlamentariern, dass es sich am Ende um vorzeigbare, aber funktionale Bauprojekte handeln werde und nicht, wie teilweise befürchtet, um Selbstinszenierungen von Architekten. «Sie haben sich heute für Investitionen in die zentrale Ressource in Liechtenstein entschieden – die Bildung», sagte Daniel Risch, erfreut angesichts der breiten Zustimmung für diese Infrastrukturprojekte. 

Vom Kindergarten bis zur Hochschulbildung
Weitere schulische Themen vertrat Bildungsministerin Dominique Hasler. In der Beantwortung einer Interpellation der Abgeordneten der Neuen Fraktion konnte sie nochmals Stellung zur Bedeutung der Digitalisierung in Liechtensteins Schulen nehmen. Regierungsrätin Hasler unterstrich die Bedeutung einer gezielten Medienerziehung als Vorbereitung auf das spätere Berufsleben und damit der Ausstattung aller Schüler mit Tablets bzw. Notebooks. Für die entwicklungs- und stufengerechte Vermittlung des Stoffs sorge die im neuen Lehrplan «LiLE» festgehaltene und genau definierte Medienkompetenz.

Auf deutliche Zustimmung im Landtag, 21 Abgeordnete votierten im November dafür, stiess die Vereinbarung über die Ostschweizer Fachhochschule, die Liechtenstein als Co-Träger der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs (NTB) mitunterzeichnet. Durch diese Vereinbarung wird die NTB mit der Hochschule für Technik Rapperswil und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften St. Gallen zusammengeschlossen. Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung würdigt das Land die wichtige Rolle der NTB für den Wirtschaftsstandort Liechtenstein und wird als verlässlicher Partner wahrgenommen, wie Bildungsministerin Hasler im Landtag ausführte.

Landtag und Volk für Spitalneubau
Einen Erfolg konnte auch Gesundheitsminister Mauro Pedrazzini feiern. Der von seinem Ministerium in Regierung und Parlament vertretene Neubau des Landesspitals stiess im Landtag auf relativ breite Zustimmung. Nach dreieinhalb Stunden Debatte stimmten 17 der 25 Abgeordneten für den Verpflichtungskredit in Höhe von 65,5 Millionen Franken. Kritik wurde vor allem vonseiten der Opposition, bestehend in diesem Fall aus den Unabhängigen und der Freien Liste, sowie von den beiden VU-Abgeordneten Christoph Wenaweser und Gunilla Marxer-Kranz laut. Während die beiden Letztgenannten vor allem die verhältnismässig hohen Kosten bemängelten, plädierten DU und FL für mehr Kooperation mit dem Spital Grabs anstelle einer Konkurrenzstrategie. Am Ende konnte die Regierung, unterstützt von den Wahlempfehlungen der Landesvorstände von FBP und VU, bei der vom Landtag freiwillig angesetzten Volksabstimmung vom 24. November mit 56,2 Prozent eine deutliche Mehrheit der Stimmbürger vom Neubau des Landesspitals überzeugen.