Land sieht von Klage gegen Post ab!

Jan Remmert, VR-Präsident Liechtensteinische Post AG und Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch

Liechtensteinisch Post wieder auf Erfolgskurs / Aufarbeitung der Folgen aus der gescheiterten
E-Solutions-Strategie der Post abgeschlossen

Aufgrund der verlustreichen strategischen Beteiligung der Liechtensteinischen Post AG an ausländischen Unternehmen im Bereich e-Solutions aus den Jahren 2011/2012 sowie der Ausfinanzierung der staatlichen Pensionsversicherung war die Liechtensteinische Post AG in eine gravierende finanzielle Schieflage geraten. Die Deckungslücke bei der Pensionsversicherung wurde 2014 über einen Kredit der Schweizerischen Post als Minderheitsaktionär in Höhe von CHF 13.5 Mio. finanziert, welcher durch eine Bürgschaft des Landes abgesichert wurde (BuA Nr. 107/2014). Um der Post zum einen die Bereinigung der Situation der Tochtergesellschaften und zum anderen eine positive Entwicklung der Zukunft zu ermöglichen, war insgesamt ein Betrag von CHF 12 Mio. notwendig, der von den beiden Aktionären der Liechtensteinischen Post AG gemäss ihren jeweiligen Anteilen mitgetragen wurde (BuA Nr. 113/2015).

Im Vorfeld der Sanierung beschloss der Verwaltungsrat der Post auf Wunsch der Regierung und in Abstimmung mit dem Minderheitsaktionär eine externe Analyse von Kauf, Integration und Führung der Beteiligungen. Mit der Analyse wurde die KPMG Schweiz beauftragt, die ihren Bericht im August 2015 vorlegte. Im November 2015 beschloss der Landtag die beantragte finanzielle Unterstützung zur Sanierung der Post und stimmte der Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zu. Der Bericht der PUK wurde vom Landtag im November 2016 beraten.

Auf der Grundlage des KPMG-Berichts, des PUK-Berichts sowie der hierzu im Auftrag der interessierten Parteien erstellten Gutachten wurden unter anderem folgende rechtliche Fragestellungen vertieft geprüft: Verantwortlichkeitsansprüche sowie Prozessaussichten und Kosten einer allfälligen Klage, Verjährungsfristen, Klagerecht des Landes gegen die Organhaftpflichtversicherung der Liechtensteinischen Post AG sowie Klagerecht des Landes als Mehrheitsaktionär.

Der primäre Haftungsanspruch bezüglich der Frage einer möglichen Verantwortlichkeitsklage steht der Liechtensteinischen Post AG als geschädigte Gesellschaft und nicht den Aktionären zu. Der Verwaltungsrat der Liechtensteinischen Post AG hat nach Beauftragung und Analyse mehrerer unabhängiger Gutachten diesbezüglich beschlossen, von der Einreichung einer Klage abzusehen. Für diesen Entscheid ausschlaggebend war eine Gesamtbetrachtung aller rechtlichen, strategischen und ökonomischen Umstände, das heisst, sowohl die Chancen und Risiken einer Prozessführung als auch die aktuelle wirtschaftliche und strategische Situation der Post und das unternehmerische Umfeld. Auch die Schweizerische Post als Minderheitsaktionär hat sich gegen die Einleitung gerichtlicher Schritte ausgesprochen.

Somit galt es für die Regierung zu prüfen und abschliessend zu beurteilen, ob gegen die ehemaligen Organe der Liechtensteinischen Post AG eine Klage zur gerichtlichen Geltendmachung der Schadenersatzansprüche eingereicht werden soll. Dabei gilt es einerseits zu beachten, dass dem Land als Mehrheitsaktionär kein primärer Haftungsanspruch zusteht. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass die Organhaftpflichtversicherung der Liechtensteinischen Post AG vom Land nicht direkt verklagt werden kann. Die von der Regierung in die Wege geleiteten Vergleichsverhandlungen mit der Organhaftpflichtversicherung der Liechtensteinischen Post AG blieben erfolglos.

Nach Abwägung aller in diesem Zusammenhang relevanten Aspekte hat die Regierung entschieden, von der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche durch Einreichung einer entsprechenden Klage gegen die ehemaligen Organe der Liechtensteinischen Post AG abzusehen. Mehrere Gutachten sind unabhängig voneinander zum Ergebnis gelangt, dass die Beweisbarkeit der Haftungsvoraussetzungen fraglich ist und zur Feststellung des Sachverhalts weitere aufwändige und kostenintensive Abklärungen erforderlich wären. Ein allfälliger Haftungsprozess in dieser Grössenordnung ist gemäss den Erkenntnissen der vorliegenden Gutachten aufgrund der damit verbundenen Unwägbarkeiten und Beweisschwierigkeiten mit vielen Risiken behaftet. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Erfolgsaussichten einer Klage im Verhältnis zu den Risiken und hohen Kosten zu  gering. Die in sämtlichen Gutachten der interessierten Parteien ausgewiesenen erheblichen Prozessrisiken lassen die Erhebung einer Klage aus Sicht der Kollegialregierung aus den genannten Gründen nicht rechtfertigen.

Der Verwaltungsrat der Liechtensteinischen Post AG begrüsst den Entscheid der Regierung, um sämtliche Kräfte des Unternehmens für die Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen zu bündeln. Der Verwaltungsratspräsident der Liechtensteinischen Post AG, Jan Remmert, führt dazu aus: «Uns liegen von keiner Seite ausreichend fundierte Argumentationen vor, auf deren Grundlage Schadensersatz mit einer Wahrscheinlichkeit zu erreichen wäre, welche die Kosten der Prozessführung rechtfertigt.» Der Verwaltungsrat hat sich den Entscheid, auf eine Schadenersatzklage zu verzichten, nicht leicht gemacht, da die Folgen der gescheiterten e-Solutions-Strategie das Unternehmen stark belastet haben. Er gelangt jedoch zu diesem Entscheid, um zukünftigen Vorwürfen zu entgehen, durch die fortgesetzte Beschäftigung mit der Vergangenheit die Zukunft der Post zu gefährden.

Die Post ist aktuell wieder in einer stabilen, profitablen Situation und bereits in diesem Jahr in der Lage, das Darlehen der Schweizerischen Post vollumfänglich zurückzuzahlen. Die grossen Herausforderungen im Brief- und Paketmarkt bleiben jedoch unverändert bestehen.

Wie Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch an der Medienkonferenz ausführte, war es der Regierung ein wichtiges Anliegen, die Vergangenheit sauber aufzuarbeiten und Verantwortlichkeitsansprüche zu klären: «Diese Abklärungen wurden umfassend vorgenommen. Ich bin mir bewusst, dass die Entscheidung der Regierung, von einer Klage abzusehen, auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar sein mag. Aufgrund der Erkenntnisse der getätigten Abklärungen ist die Regierung, nach Abwägung aller mittlerweile vorliegenden Erkenntnisse zur Überzeugung gelangt, dass ein langwieriger Prozess mit hohen Kosten und geringen Erfolgsaussichten nicht im Sinne und im Interesse des Landes und der Liechtensteinischen Post sind.» (Wolfgang Strunk)