Medicnova: Ende des Projektes zeitgemässer Chirurgie

Interview mit Dr. Hansjörg Marxer zur Schliessung der Privatklinik in Bendern 

Vor Kurzem musste die Medicnova AG in Bendern Konkurs anmelden. Welche Gründe haben zur Schliessung eines vielversprechenden Projektes zeitgemässer Chirurgie in Liechtenstein geführt? Wer trägt die Hauptschuld an einem völlig unnötigen Schritt, wenn alle involvierten Kreise zusammengearbeitet hätten? Wir haben mit dem VR-Präsidenten der in Konkurs geratenen Privatklinik, Dr. Hansjörg Marxer, nachfolgendes Gespräch geführt.  Interview: Herbert Oehri

 

Der Betrieb der Medicnova (MN) wurde eingestellt. Was bedeutet das für die Initianten und das Personal?
Dr. Hansjörg Marxer: Der Konkursverwalter vertritt die Gläubigerinteressen und hat nach einer ersten Beurteilung die Einstellung des Betriebs verfügt. Für die Initianten ist dies das Ende eines Projekts zeitgemässer Chirurgie in einem modernen Umfeld. Das Personal hat neben der Anstellung einen mit viel Herzblut mitaufgebauten Betrieb verloren. Die Aktionäre haben Geld verloren. Dieses Risiko besteht auch bei vielversprechenden Investitionen. Und die Patienten? Die Medicnova (MN) hat sich einen guten Ruf geschaffen, und viele Patienten werden diese wohnortnahe Behandlung höchster Qualität vermissen.

Es gibt ja weitere Spitäler?
Die Patienten haben die MN anderen Spitälern vorgezogen, weil die angebotene Qualität und nicht die Anzahl der Kliniken ausschlaggebend war. Die MN konnte vor den Patienten im Qualitätsvergleich sehr gut bestehen. Unsere Patienten haben das Spital ihrer Wahl verloren.

Ein Spital ist genug für unser Land. Die Versorgung ist regional auch ohne MN gesichert. Ist das so?
Die freie Spitalwahl ergibt sich, wie gesagt, nicht nur aus der Zahl der verfügbaren Spitäler, sondern aus der angebotenen Qualität. So ging es bei der MN auch darum, in Liechtenstein ein für die Patienten derart attraktives Angebot zu schaffen, dass die vielen heute im Ausland behandelten Patienten sich zukünftig eine Behandlung in Liechtenstein wünschen. Das Potenzial reicht für zwei Kliniken, vor allem, wenn sie zusammenarbeiten. Die MN hat gezeigt, dass auch Patienten aus dem Ausland an einer Behandlung in Liechtenstein interessiert sind. Allerdings hat die willkürliche Verweigerungshaltung der Regierung das Akquirieren von ausländischen Patienten weitgehend blockiert.

  Wie blockiert die Regierung den Zustrom ausländischer Patienten?
Durch die Verweigerung der OKP-Zulassung. Die OKP-Zulassung bedeutet einerseits, dass grundversicherte Patienten behandelt werden dürfen, andererseits verlangen die Versicherer eine OKP-Zulassung als Bedingung für die reguläre Abrechnung von privatversicherten Patienten. Mit dem unverantwortlichen Nein zur OKP der MN hat die Regierung erstens erreicht, dass die MN pro Behandlung etwa einen Drittel weniger als Grabs oder das LLS erhält und dass die privatversicherten Patienten aus der Schweiz nicht in die MN gehen konnten. Das hat dazu geführt, dass die Belegärzte der MN gezwungen waren, neben allgemeinversicherten Patienten auch Privatversicherte aus der Schweiz im Ausland zu behandeln.

Wie ist das von Ihnen gelobte Qualitätsangebot mit einem Konkurs vereinbar? Man wirft Ihnen vor, dass ein privates, in Schieflage geratenes Spekulationsobjekt mit öffentlichen Geldern gerettet werden soll.
Ich habe im März auf betriebswirtschaftliche Fehler der MN hingewiesen, die zu hohe Kosten verursachten. Nach einer Analyse haben wir umgehend Massnahmen ergriffen. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass selbst nach Korrektur der Betriebskosten ein Überleben wegen der tariflichen Benachteiligung der MN auf die Dauer nicht möglich ist: Die MN hat für ihre Leistungen einen Drittel weniger erhalten als das LLS oder das Spital Grabs. Wegen der fehlenden OKP-Zulassung weigerten sich die Krankenkassen trotz ihrem reisserischen Angebot einer «freien Spitalwahl in Liechtenstein und der ganzen Schweiz», den vollen Tarif zu bezahlen. Die MN hat keine Rettungsgelder aus der Staatskasse verlangt – was einigen staatsnahen Betrieben vorbehalten ist –, sondern gefordert, für eine erbrachte Leistung von den Kassen gleich honoriert zu werden wie die anderen Spitäler. Hinzu kommt: Der Staat hat durch die Behandlung von Patienten in der MN sogar Millionenbeträge gespart!  

Also ist die Behauptung, der Steuerzahler werde zur Kasse gebeten, nicht wahr?Die Behauptung, dass die Verluste eines privaten Spekulationsprojekts dem Steuerzahler angelastet werden sollen, ist eine bewusste, schamlose Lüge, ein weiterer Bestandteil der Kampagne gegen die MN. Die Aussage, dass eine OKP-Zulassung automatisch die Staatskasse belastet, ist einfach falsch!

 

Die Regierung verhindert mit ihrem entscheid eine weiterentwicklung des gesundheitswesens und verursacht einen volkswirtschaftlichen schaden.
Dr. Hansjörg marxer

Ihnen wurde Blauäugigkeit vorgeworfen …
Die Initianten haben bei der Entwicklung des Projekts externe Berater beigezogen und im Inland Gespräche geführt, zum Beispiel mit Krankenkassen. Die Mengengerüste wurden als vernünftig beurteilt und eine Honorierung wie beim LLS oder Grabs zugesichert. Wir haben unseren Experten und den inländischen Gesprächspartnern vertraut. Hinter dem Wort Blauäugigkeit stehen neben der Naivität auch Begriffe wie Treue und Aufrichtigkeit – das haben die Gesprächspartner der MN leider nicht alle bewiesen.

… Sie wiederum werfen der Regierung eine willkürliche Benachteiligung vor?
Die Regierung müsste ihr Tun den gesetzlichen und verfassungsmässigen Bestimmungen unterordnen. Gemäss Regierungsrat Pedrazzini wäre eine OKP-Zulassung der MN der Untergang des LLS. Dieser Schutz des LLS ist eine widerrechtliche Wettbewerbsverzerrung. Die Regierung verhindert mit ihrem Entscheid eine Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und verursacht einen volkswirtschaftlichen Schaden: Es fliesst vermehrt Geld ins Ausland, und ein einheimischer Betrieb wurde durch die Verweigerung einer tariflichen Gleichbehandlung in den Ruin getrieben! Das ist kaum zu glauben, aber die volle Wahrheit. Welcher Gewerbetreibende würde es akzeptieren, wenn die Regierung dafür sorgt, dass er einen Drittel weniger verrechnen kann, als Konkurrenten aus dem In- und Ausland? Der Staat hat als Regulierer des Gesundheitswesens alle Beteiligten gleichzubehandeln. Ferner ist die Verweigerungshaltung der Regierung ein unmissverständliches Misstrauensvotum an das LLS, indem sie dem LLS nicht zutraut, auf dem Qualitätsniveau der MN im Wettbewerb zu bestehen.

Mit der Verweigerung einer OKP-Zulassung wurde die MN gezielt geschädigt?
Ja. Die Verweigerung einer OKP-Zulassung für nur von der MN in Liechtenstein angebotene Leistungen wie Kardiologie beweist, dass die MN gezielt geschädigt werden sollte. Übrigens war die MN mit Interessenten zur Erweiterung des Angebots für ausländische Patienten im Gespräch. Die politische Ausgangslage hat diese volkswirtschaftlich interessante Variante verhindert.

Was sagen Sie zum Vorwurf Prozessdrohung?
Die MN hat, da Jahre alte Gesuche der MN im Ministerium für Gesellschaft gesetzeswidrig nicht behandelt wurden, bei einem neuen Gesuch einfach auf dem ihr zustehenden Recht auf eine umgehende Behandlung bestanden, notfalls mit richterlicher Unterstützung.

Die MN wirft sich heute höchstens vor, keinen Prozess wegen bisherigen Verzögerungen und der wettbewerbsverzerrenden Willkür der Regierung angestrebt zu haben. Die MN hat leider Prozesse gemieden und damit sicher einer Regierungswillkür Vorschub geleistet. 

Wie geht es weiter?
Diese Regierung verschlechtert via KVG die Situation der Patienten und fördert eine systematische Auslagerung der Patientenversorgung ins Ausland. Mit der Schliessung der MN werden weitere Patienten und auch inländische Fachkräfte ins Ausland abwandern, wie das schon durch die ruinösen Tarifeingriffe im ambulanten Bereich geschehen ist. In Grabs entsteht nun die moderne Klinik, die Liechtenstein mit der MN schon hatte. Für die Patienten wird der Weg etwas wei-ter, der Staat verzichtet auf günstigere Lösungen im Inland und vor allem auf die Einnahmen, die nun nach Grabs fliessen.

Immerhin haben MN-Ärzte Patienten in Grabs behandelt.
Unter «MN-Ärzte» verstehen Sie wohl die Ärzte, die bei uns und in Grabs einen Belegarztvertrag hatten. Diese Ärzte müssten mit dem gleichen Recht «Grabser Ärzte» genannt werden. Sie sind allerdings nur in Grabs tätig, weil ihnen das LLS schriftlich mitgeteilt hatte, dass man keinen Vorteil in ihrer weiteren Beschäftigung sehe. Deutlicher kann man eine Tür nicht zuschlagen. Dazu sollte das LLS stehen.