Auch in Liechtenstein wurden in früheren Zeiten Bodenschätze abgebaut

Kohlemeiler wurden zuerst im Alpengebiet zur Herstellung von Eisen erstellt, später zur Gewinnung von Holzkohle. (Fotos vom Köhlerfest 2014 in Schaan )

Die Bodenschätze sind über die Weltkugel sehr unterschiedlich verteilt. Liechtenstein hat weder Erdöl noch Erdgas. Ebenso fehlt Kohle. Seltene Erden, die vor allem für die Batterieherstellung benötigt werden, dürften auch bei intensiver Suche kaum gefunden werden. Dennoch, in früheren Zeiten gab es Versuche mit Erzabbau, mit Gips und Kalk sowie Ton.

Text: Günther Meier

1948, vor gut 75 Jahren, sorgte eine Meldung für Aufsehen in Liechtenstein. Bei den Bauarbeiten zur Unterkellerung eines Gasthauses in Steg stiessen Bauarbeiter auf einen Eisenklotz, etwas über 23 Kilogramm schwer. Schon bei der Verbauung des Saminabachs waren Arbeiter auf einen Eisenbrocken gestossen, der rund 2 Meter im Bachschotter lag. Weil weit und breit sonst keine ähnlichen Funde bekannt waren, begannen die Spekulationen über die Herkunft der Eisenklötze. Die einen neigten zur Auffassung, es könnten Überreste von Eisenherstellung in vergangenen Jahrhunderten sein. Andere wiederum konnten sich vorstellen, ein paar Meteoriten seien beim Eintritt in die Erdatmosphäre nicht vollständig verglüht und in Steg niedergegangen. Aufschluss – und damit ein Ende der Spekulationen – brachte eine Untersuchung der Eisenbrocken durch die ETH in Zürich, die zum ersten Fundstück schrieb: «Die metallographische Untersuchung des vorliegenden Metallstückes hat ergeben, dass es sich um ein Hartgussstück handelt, welches sicher künstlichen Ursprungs ist.» Mit anderen Worten, nicht aus dem Weltall stammend, sondern von Menschenhand gemacht. Beim zweiten Brocken, fanden die ETH-Forscher heraus, weise schon die äussere Form, nämlich wie ein rundlicher Kuchen, auf die Herkunft aus einer Erzschmelze hin. Liechtensteinische Historiker waren sich damit einig, im Alpengebiet müsse früher eisenhaltiges Erz zur Herstellung von Eisen abgebaut worden sein. Eine dazu logische Folgerung ergab sich auch dadurch, dass es im Hintervalorsch einen Berg mit dem Namen Schmelzikopf gibt sowie den Flurnamen Schmelziboda.

Ein Eisenbergwerk im 17. Jahrhundert
Historiker haben Belege gefunden, dass es im Valorsch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Eisenerzbergwerk gegeben hat. Alois Ospelt weist in seinem Buch «Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein» im 19. Jahrhundert» auf diesen Wirtschaftszweig hin und auf die Bemühungen, den Eisenerzabbau rund 200 Jahre später wieder zu beleben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten sich die Grafen von Hohenems, die im Jahr 1613 die Grafschaft Vaduz erworben hatten, um eine Reaktivierung des Bergbaus im Valorsch bemüht, doch fand die Wiederaufnahme der Eisenschmelze letztlich nicht statt, wofür wohl wirtschaftliche Überlegungen ausschlaggebend waren. Den nächsten Versuch startete Peter Heinrich Karg aus Bregenz, ein königlich-bayrischer Beamter, der sich für den Eisenerzabbau im liechtensteinischen Alpengebiet interessierte. Aber auch diese Initiative blieb in den Anfängen stecken. Die damalige Liechtensteiner Regierung, das Oberamt in Vaduz, blieb jedoch am Bergbau interessiert und beauftragte im Jahr 1813 einen anderen ausgewiesenen Bergmann, Heinrich Schöpfer aus Sargans, mit einer Studie über die Möglichkeiten der Eiserzgewinnung im Valorsch. Wie Alois Ospelt beschreibt, hatte Schöpfer den Plan, dort ein Schmelzwerk zu bauen, wo sich Valorsch- und Samina-Bach treffen.

Weil Schöpfer auch beim Bergwerk Gonzen in der Nähe von Sargans aktiv war, sah sein Plan eine Zusammenarbeit zwischen Valorsch und Gonzen vor: Ein Jahr lang sollte im Valorsch Eisenerz abgebaut und Holzkohle hergestellt werden, während in Sargans die Erzschmelzung vorgenommen werden sollte – im Jahr darauf wäre der Betriebsablauf umgedreht worden. Laut Schöpfer waren zu jenem Zeitpunkt die Eisenpreise sehr hoch, sodass er der Regierung in Vaduz vorschlug, mit dem Abbau von Erz im Valorsch zu beginnen. Weil er selber aber nicht über das notwendige Kapital verfügte, ersuchte er Liechtenstein um einen Kredit in Höhe von 20’000 bis 25’000 Gulden für den Aufbau der Bergbauanlagen. Für seinen Plan brachte er vor, liechtensteinische Arbeiter könnten an beiden Orten als Holzarbeiter, Köhler und Bergleute tätig sein, auf liechtensteinischem Gebiet zusätzlich noch als Fuhrleute.

Fürst Johann I. (1760–1836) stand dem Projekt skeptisch gegenüber und liess es von Fachleuten überprüfen. Aufgrund dieser Überprüfung stellte sich der Fürst gegen den Bergbau im Valorsch. Die wichtigsten Beweggründe für die Ablehnung fasst Alois Ospelt mit Hinweis auf wirtschaftliche und ökologische Aspekte zusammen: «Die Betriebskosten wären viel zu hoch geworden und die verheerenden Folgen des Holzschlags in den Alpentälern für die späteren Generationen gar nicht abzusehen gewesen.»

Köhlerei zuerst zur Eisengewinnung
Zur Eisenherstellung wurden zu Beginn, bevor effizientere Verfahren entwickelt wurden, Kohlemeiler erstellt. Solche dürften auch im Valorsch und im Steg aufgebaut worden sein, wie Funde belegen. Weil für die Verhüttung von Eisenerz viel Holz für die Kohlemeiler gebraucht wird, ist wahrscheinlich viel Wald in dieser Gegend abgeholzt worden. Die Kohlemeiler wurden, nachdem die Gewinnung von Eisenerz eingestellt worden war, vor allem für die Herstellung von Holzkohle eingesetzt. Die Köhlereien befanden sich aber nicht nur im Alpengebiet, sondern wie Flurnamen wie Kohlrütti, Kohlmahd oder Kohlwesa belegen, auch im Talraum. Meist wurde dafür Rodungs-, Abfall- und Windwurfholz verwendet, Eugen Schaffhauser beschreibt im Jahrbuch des Historischen Vereins in einer Abhandlung über die Nutzung einheimischer Rohstoffe, wie früher fast in jeder Gemeinde die Köhlerei betrieben wurde. Allerdings bestanden diese Kohlemeiler selten als ständige Einrichtungen, sondern wurden nach seiner Darstellung meist nach Bedarf angelegt, «also dort, wo das zu verwertende Holz gerade anfiel». Als Beispiel führt Schaffhauser an, um das Jahr 1840 hätten Sturmwinde den Wald im «Lindholz», einem Waldgebiet in Eschen, umgeworfen. Kurzerhand hätte man sich entschlossen, das Sturmholz «an Ort und Stelle» einzumeilern, also einen Meiler zur Gewinnung von Holzkohle aufzubauen.

Herstellung von Gips und Kalk in Brennereien
Baustoffe waren auch in früheren Zeiten sehr gefragt. Überliefert sind der Betrieb von Brennereien für Gips und Kalk. Beispielsweise baute Johann Rheinberger in Vaduz schon im Jahr 1798 eine Gipsmühle. Der Rohstoff wurde auf Masescha abgebaut und von starken Triesenberger Männern nach Vaduz getragen. In der Vaduzer Mühle wurden nach Angaben von Alois Ospelt jährlich 600 bis 800 Fässer Gips hergestellt. Absatzgebiet war vor allem Süddeutschland. Rund ein halbes Jahrhundert wurden die Gipsvorkommen auf Masescha abgebaut, aber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingestellt, weil die Transportkosten zu hoch und die Gipspreise deshalb nicht mehr konkurrenzfähig waren. Der Gips aus Masescha aber lockte weiterhin. Der Vorarlberger Baumeister Johann Kutter entwickelte für den Transport des Rohstoffs den Plan einer Seilbahn von Masescha nach Vaduz. Weiter sollte eine Schmalspurbahn das Material von Vaduz zum Bahnhof Schaan befördern. Dort plante Kutter ein Gipswerk mit Anschluss an die Bahnlinie. Aber auch die Idee Kutters scheiterte letztlich aus wirtschaftlichen Gründen.

Schon bevor die Gipsmühle in Vaduz erstellt worden war, wurde Gips abgebaut. Die Funde aber sind sehr spärlich, sodass kein umfassendes Bild rekonstruiert werden kann. Auf Hinterprofatscheng wurden beim Umbau einer Maiensäss-Hütte die Reste eines Brennofens entdeckt. Schon in der Emser Chronik von 1616 gab es einen Hinweis auf Gipsvorkommen in diesem Gebiet. Die Archäologie Liechtenstein hätte den 1982 entdeckten Brennofen gerne erhalten, doch erwiesen sich die Fundteile als nicht geeignet, die Mauern des Ofens zu konservieren. Archäologen gehen davon aus, dass der Ofen mit einer Höhe von etwa vier Metern und einem Innendurchmesser von zwei Metern ursprünglich offen im Gelände gestanden sei. Der Aufbau deute darauf hin, fanden die Archäologen, dass der Ofen nach jedem Brand abgekühlt werden musste, um neu beladen zu werden. Eine unwirtschaftliche Art des Brennens – und verbunden mit einem grossen Holzverbrauch.