Themenabend und neue Studie der Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik

Foto: Daniel Ospelt

«Präventive Aussenpolitik im 3. Jahrtausend»

Die Stiftung SOUS veranstaltete einen Themenabend und publiziert umfangreiche Studie zu den Meilensteinen, Herausforderungen und Szenarien der Aussenpolitik Liechtensteins

Die Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik veranstaltete am 11. Juni 2024 einen Themenabend zu ‘Präventive Aussenpolitik. Aussenpolitische Herausforderungen für Liechtenstein und die Schweiz’. Als Gastredner konnten S.D. Prinz Nikolaus von Liechtenstein und Staatssekretär a.D. Prof. Dr. Michael Ambühl (Schweiz) gewonnen werden. Beide haben die aussenpolitische Integration ihrer Länder in Europa entscheidend begleitet. Nun werden sie sich mit verschiedenen aussenpolitischen Herausforderungen und Szenarien auseinandersetzen, die auch Auswirkungen auf das bilaterale Verhältnis von Liechtenstein zur Schweiz haben dürfte.

Anlass für den Themenabend ist die neueste Publikation der Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik, welche von Prof. Dr. Michael Wohlgemuth verfasst wurde. Diese widmet sich der Bedeutung einer vorausschauenden, präventiven Aussenpolitik für Souveränität und Wohlstand von Kleinstaaten im Allgemeinen und von Liechtenstein im Besonderen.

Zunächst werden Grundbegriffe der Theorie und Praxis internationaler Beziehungen wie ‘Souveränität’ und ‘Neutralität’ präsentiert. Sodann wird anhand bisheriger Kleinstaatenforschung untersucht, welche Prioritäten kleine Staaten in der Aussenpolitik angesichts begrenzter Kapazitäten setzen. Über Bündnisse und Teilanschlüsse an Nachbarn versuchen diese oft, Souveränität nach aussen zu sichern und Marktöffnung von aussen zu erhalten. Autarkie und politische Abschottung sind keine Option. Aufgrund der starken Abhängigkeit von äusseren Rahmenbedingungen dominiert die Aussenpolitik in der Regel die Innenpolitik – anders als bei Grossmächten.

Konkret auf Liechtenstein bezogen werden verschiedene Meilensteine der Aussenpolitik dokumentiert und analysiert. Vor allem die vielfältige «Westbindung» an die Schweiz (seit 1923), die geschickte und glückliche Verhinderung eines «Anschlusses» an das Deutsche Reich (1938-1945), die Beitritte zu wichtigen multilateralen Organisationen (seit 1950) und nicht zuletzt der EWR-Beitritt (1995) werden als Erfolge der liechtensteinischen Aussenpolitik gewürdigt.

Nicht zuletzt mit Strategien des ‘outsourcing’, ‘team-working’ und ‘networking’ sowie kluger Prioritätensetzung gelingt es der Aussenpolitik des Fürstentums heute, mit knappen (vor allem: personellen) Ressourcen Souveränitätspolitik und Wohlstandssicherung in einem Ausmass zu betreiben wie wohl kein anderes Land vergleichbarer Grösse.

Eine wirksame Aussenpolitik ist heute mehr denn je gefragt. Wohlgemuth beschreibt die aktuellen Herausforderungen auf drei Ebenen: Zum einen geht es um die bilateralen Beziehungen Liechtensteins zur Schweiz, die faktisch als ‘trilaterale Spagatübung’ zu verstehen sind, da das Fürstentum als Teil sowohl des schweizerischen als auch des europäischen Binnenmarktes auch von den bilateralen Beziehungen der Schweiz mit der EU betroffen ist. Damit sind beide Länder auch zumindest indirekt von den Entwicklungen innerhalb der EU abhängig, die sich zunehmend hin zu Zentralisierung, Harmonisierung und Abschottung zu entwickeln drohen. Auch die globalen Herausforderungen machen das aussenpolitische Umfeld schwieriger und unberechenbarer; eine (weitere) Erosion der multilateralen Weltwirtschaftsordnung und des Völkerrechts hätte auch für Liechtenstein schwerwiegende Folgen. Diese werden am Schluss noch anhand verschiedener Szenarien für Liechtensteins Zukunft diskutiert.

Der Präsident des Stiftungsrats der Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik, Johannes Matt, sagte anlässlich der Vorstellung der Studie: «Dass sich Liechtenstein als einziges Mitglied des einstigen ‘Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation’ noch heute unverändert auf der Landkarte Europas und mit Sitz in der UNO wiederfindet, hat historisch auch mit «Glück» oder «Fortune» zu tun. Aber das Glück gehört auch den Tüchtigen und Mutigen – gerade in der Aussenpolitik. Heute stellen sich für die Aussenpolitik enorme Herausforderungen. Kann man davon ausgehen, dass der EWR noch weitere 30 Jahre besteht? Wie wird die EU in 30 Jahren aussehen? Kommt es zum Kollaps der liberalen Weltwirtschaftsordnung? Zur weiteren Aushöhlung des Völkerrechts? Keiner kann dies wissen; eine präventive und antizipative Aussenpolitik sollte aber auch solche Szenarien beachten und durchspielen».


Die Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik hat sich zum Ziel gesetzt, die wesentlichen Erfolgsfaktoren im Fürstentum Liechtenstein zu untersuchen und staatsrechtlich wie auch ordnungspolitisch zu begründen. Bisher haben wir unter anderem zu den Fragen der Einbindung in den Europäischen Binnenmarkt, zum Verhältnis von Erbmonarchie und Demokratie, zur Bedeutung gesunder Staatsfinanzen und zu den Faktoren von Vertrauen in politische Institutionen Analysen vorgelegt.

Die Studie ist ab 11.06.2024 auf der Seite www.sous.li zum freien Download verfügbar.

Für weitere Informationen steht Stiftungsratspräsident Johannes Matt unter der Nummer +423’238’14’85 zur Verfügung.