Die Ska(l)pelle?  

Leserbrief von Jo Schädler,
Bendern

Nach dem mickrigen Hallali für einen Spitalneubau gilt es Bestandsaufnahmen zu machen und uns unser Tun zu vergegenwärtigen. Tritt der Staat als Bauherr in Erscheinung, sind – wie leidvolle Erfahrungen zeigen –  Wurm und Steinbeisser fester Bestandteil der Baute.

Das grösste und wohl dröhnenste Baudebakel durften wir damals beim Erstellen der Ziegelaufschichtung erleben. Schon beim Richtfest bei Brot, Senf und Cervelat begannen die Backsteine einer nach dem andern zu zerbröseln und schon bald stürzte die ganze Dachbeziegelung herunter und der ganze Peter Kaiser Platz fiel der Aufbruchsstimmung zum Opfer, weil man hätte halt den dümmsten Backstein gewählt und die Fugen wären grad auch nix gewesen und überhaupt solle man die Sache nicht schlechtreden, sondern die Lehren, die wir daraus ziehen könnten wertschätzen und zuvorderst in unseren Herzen bewahren. Wie man hört, hätte damals der Architekt befohlen, man dürfen keinen Nagel in sein Kunstwerk hinein hauen und er hätte den Führungsbunker tief in den Keller graben lassen, damit bei einer Überschwemmung der Tragik Genüge getan würde.

Erschreckende Tatsache; in diesem Ziegelgemäuer findet sich keine Kapelle, oder wenigstens ein Andachtsraum, wo die Abgeordneten samt Regierung sich zur Besinnung und zum oft dringend notwenigen Gebet und den Abmachungen mit Gott zurückziehen können. Ob nun beim Spitalneubau auch wieder einem kapellenlosen Architekten ein roter Teppich für seine Selbstverwirklichung ausgelegt werden wird und ob auch er anstrebt ein Gesamtkunstwerk zu erstellen wissen wir nicht, denn die Informationen darüber fließen spärlich. Das Spital in Vaduz beherbergt eine wunderschöne Kapelle, wo die Patienten ihre Angst vor dem Skalpell und der Skalpellmeister seine Furcht vor sich selbst ablegen können. Skalpellum: lateinisch Lanzette oder scalprum: das Schnitzmesser. Vgl. Die Schnitzelbank. Und ob der Notoperationssaal auch wieder im Keller unten sitzt, um bei einem Dammbruch die Ertrinker zu retten?