Beteiligung Liechtensteins am geplanten Megaprojekt «Lünersee II» möglich

In Vorarlberg soll in den nächsten Jahren das grösste Pumpspeicher-
kraftwerk in Österreich entstehen mit 1000 Megawatt Leistung und einem finanziellen Projektvolumen von rund 2 Milliarden Euro: das Megaprojekt «Lünerseewerk II». Mit seiner gewaltigen Leistung wäre es möglich, nicht nur ganz Vorarlberg mit Energie zu versorgen, sondern auch die Regionen rund und Vorarlberg, wie eine Meldung aus dem Landhaus in Bregenz besagt.

Gastbeitrag: Egon Oehri

Das «Lünerseewerk II», ein Projekt der Illwerke VKW, wäre sieben Jahre nach Baubeginn fertiggestellt und würde die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern längerfristig obsolet machen.

Viele gute Gründe
Es gibt viele Gründe, um auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen. Liechtenstein setzt vor allem auf Photovoltaik und Windkraft, die sauberen Strom liefern, aber keine Versorgungssicherheit bieten. Da käme ein Einstieg in dieses Mammut-Wasserkraftwerk beim Lünersee gerade zum richtigen Zeitpunkt.

So unterstrich der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner in einem VN-Beitrag vom 16. April 2024, dass in Europa das Bewusstsein wachse, dass die Energiewende ohne Pumpspeicherkraftwerke nicht möglich sein werde. Gerade in Deutschland sei nach dem Atomausstieg die Energiewende ohne Speichertechnologien unmöglich. Die Illwerke VKW mit ihren Stauseen inmitten der EU und bestehender Einbindung im deutschen Netz stelle auch wirtschaftlich ein interessantes Angebot dar. Keine andere Batterietechnologie könne die Kilowattstunde Energie ähnlich kosteneffizient sichern, betonen die Illwerke VKW selbst. Die Energieversorgung in Europa nachhaltig zu sichern, ist wieder ein politisches Thema geworden.

Strom aus Vorarlberg
Eine seit Oktober 2004 bestehende 110kV-Leitung (Kabel) verbindet die Stromnetze von Liechtenstein und Vorarlberg. Aber bereits 100 Jahre zuvor, zur Weihnachtszeit 1906, erhielt Mauren als erste Gemeinde des Landes elektrischen Strom durch die Stadtwerke Feldkirch. Liechtenstein zählte damals 7’780 Einwohner, Mauren/Schaanwald 843. Zu dieser Zeit war Liechtenstein wirtschaftlich mit Österreich verbunden, unter anderem durch den Zollvertrag von 1852. Liechtenstein war damals ein sehr armes Land. Die Bewohner lebten praktisch nur von der Landwirtschaft.

1910 trat die liechtensteinische Regierung mit der Anfrage an die Feldkircher Stadtwerke heran, die Energieversorgung für ganz Liechtenstein zu übernehmen. Zu einer solchen Übernahme kam es in der Folge nicht, da einerseits die Gemeinde Schaan ihr Gaswerk nicht aufgeben und die Gemeinde Vaduz in der Versorgung durch die Spinnerei Jenny & Spörry verbleiben wollte und andererseits die übrigen Gemeinden Liechtensteins wegen der geringen Menge von Abnehmern vorerst keine Gewähr für eine Wirtschaftlichkeit der Versorgung boten. Der Strom wurde ausschliesslich für Beleuchtung und vereinzelt für Bügeleisen und Motoren gebraucht.

Im Jahr 1920 löste die Azentylengenossenschaft in Schaan ihr Werk auf und Vaduz das Energieleitungsnetz ab. Liechtenstein baute das Leitungsnetz aus und bezog von da an mittels einer 10kV-Übertragungsleitung Energie vom Elektrizitätswerk Feldkirch. Als am 24. Januar 1927 das neu gebaute Lawenakraftwerk den Betrieb aufnahm, wurde die Übertragungsleitung von Feldkirch nach Schaanwald vom Lawenawerk abgelöst, jedoch in ihrem baulichen Bestand für etwaige Notstrombezüge belassen.

Das Lawenakraftwerk hatte im Jahr 1932 das zum Werk Feldkirch gehörende Ortsversorgungsnetz der Gemeinde Mauren und Eschen samt der laufenden Miet- und Abzahlungsverträge für den Betrag von 102’213 Franken abgelöst und die Versorgung dieser Gemeinden selbst übernommen.

Die Lieferung von Zusatzenergie an das Lawenakraftwerk wurde von 1942 bis 1949 aufrechterhalten. Zu diesem Zweck wurde in den Jahren 1941/42 in Schaanwald die Trafo- und Umspannstation «Pirsch» gebaut. Entworfen wurde sie vom damaligen Bautechniker des Lawenawerks von Josef Malin (1891–1981) aus Mauren. 1949 wurde die Zuleitung aus Eisendraht über den Letzebühel nach Schaanwald abgebrochen. Johann Oehri (1880–1957), der Grossvater von Egon Oehri (1940) und Herbert Oehri (1942), betreute in diesen sieben Jahren die Umspannstation. Am 3. September 2001 wurde die Trafostation «Pirsch» Schaanwald auf einer Briefmarke, entworfen vom Maurer Künstler Georg Malin, abgebildet und unter Denkmalschutz gestellt.

Von 1906 bis 1949 hat Liechtenstein mit Vorarlberg gemeinsam die Stromversorgung bewältigt.

Liechtenstein muss Strom einkaufen
Nicht nur im Bereich der Wärme gibt es eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Liechtenstein und der Schweiz. Die LKW produzieren zwar ihren eigenen Strom, können aber den Strombedarf nicht voll decken. Der in Liechtenstein produzierte Strom besteht zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien, Wasserkraft und Photovoltaik. Mit einem Eigenversorgungsgrad von rund 25 Prozent (19 Prozent aus Wasserkraft und 6 Prozent Solarenergie) muss Liechtenstein einen Grossteil seines Stroms aus dem europäischen Ausland importieren. Der zusätzlich benötigte Strom für Industrie und Gewerbe wird aus der Schweiz bzw. dem internationalen Verbundnetz importiert.
Zurückkommend auf die Eingangsworte dieses Beitrages und angesichts des Baus des grössten Wasserkraftwerks Österreichs sozusagen vor der Haustüre kann man eine finanzielle Beteiligung unseres Landes an diesem Projekt durchaus ins Kalkül ziehen. Auch vor dem Hintergrund der Liechtensteiner Finanzreserven wäre eine Beteiligung denkbar und sinnvoll.

Das Bundesland Vorarlberg hat ein Interesse an der Stabilität der liechtensteinischen Wirtschaft und am Erhalt der Arbeitsplätze für die rund 9’000 Zupendler.


Liechtenstein sollte sich beteiligen

Ein solches Win-Win-Projekt ist eine nachhaltige, sinnvolle und gute Investition für die nächsten Generationen. Dies sollte Liechtenstein unbedingt nutzen und damit die Stromversorgung langfristig sicherstellen.