Eine «Liebe auf den ersten Blick» rettet unzählige Hunde

Carmen Suceava

Tiere hat Carmen Foser schon als kleines Mädchen geliebt. Als Teenagerin ist sie dann auf den Hund gekommen, auf den Pudel, um genau zu sein. Seither haben diese Vierbeiner sie nicht mehr losgelassen. Heute hat sie drei Hunde, die sie alle in Rumänien vor dem Einschläfern gerettet hat. Da sie nicht alle betroffenen Tiere zu sich nehmen kann, führt sie zusammen mit einer Freundin ausserdem den Verein «Dogsouls – SOS für Pfoten e.V.», der Hunde nach Mitteleuropa vermittelt.

Text: Heribert Beck

Als Carmen Foser in Vaduz den Kindergarten und die Primarschule besuchte, hatte sie Hasen und Hamster als Haustiere. Und sie hatte einen Traum: «Ich liebe alle Tiere, aber ich wollte unbedingt einen eigenen Hund haben. Erfüllt hat sich dieser Traum, als ich die Realschule besuchte. Mein Pudel Bobby hat mich 17 Jahre lang begleitet – durch die KV-Lehre über meinen Einstieg ins Berufsleben und die Zeit, als ich meinen späteren Mann kennengelernt habe, bis hin zur Hochzeit und darüber hinaus.» Als Bobby im hohen Hundealter gestorben war, stand es für das Ehepaar Foser ausser Frage, dass sie sich wieder einen Hund anschaffen. Fortan begleitete sie Dackel Rocky durchs Leben. In dieser Zeit begann auch der Siegeszug der Sozialen Medien, und Carmen Foser stiess einerseits rasch auf andere Hundefreunde, mit denen sie sich austauschen konnte, andererseits aber auch auf weniger Erfreuliches. «Natürlich wusste ich, dass in Osteuropa Probleme mit Strassenhunden existieren, aber die Ausmasse wurden mir erst nach und nach richtig bewusst. Ich stiess beim Surfen in Facebook unter anderem auf die Seite einer Tierschutzorganisation in Rumänien, die diese Hunde vor dem Einschläfern rettet, und auf Tammy. Als ich sie gesehen habe, habe ich zu meinem Mann gesagt ‹Diese Hündin kommt zu uns›.» Carmen Fosers Mann hatte keine Einwände, genauso wenig wie die Organisation, die Tammy vermitteln wollte. «So konnte ich sie adoptieren. Das war am 15. Februar genau zehn Jahre her. Tammy war damals etwa fünf Jahre alt und bereichert unser Leben immer noch», sagt Carmen Foser.

Carmen mit Stela

Über «Dogsouls» zum richtigen Vierbeiner

Doch Tammy bewegte mit ihren treuen Augen und ihrem gutmütigen Wesen noch mehr als nur das Leben ihrer neuen Familie inklusive der beiden Kinder von Carmen und Markus Foser. «Die Problematik der Strassenhunde liess mich nicht mehr los. Ich habe mich vertieft darüber informiert und unter anderem erfahren, dass es in Rumänien regelrechte Organisationen gibt, die mit dem Leid der Hunde Profit machen. Die Hundefänger bekommen eine Prämie für jeden Hund, den sie in die Tötungseinrichtung bringen. Wird er dort nicht innerhalb von 14 Tagen adoptiert, kommt es zur Euthanasie. Das hat mich schockiert, und ich wollte meinen kleinen Beitrag leisten, um so viele Tiere wie möglich zu retten.» Hilfe fand Carmen Foser dabei in einem ihrer Facebook-Kontakte. «Silke aus Nordrhein-Westfalen und ich waren schnell auf einer Wellenlänge, ohne dass wir uns je persönlich begegnet wären. Das holten wir aber bald nach und lernten uns bei einem Treffen in Frankfurt am Main kennen.» Dabei kam selbstverständlich auch die Situation der Hunde in Rumänien zur Sprache. Zunächst unterstützten die beiden eine Tierschutzorganisation vor Ort. Doch schon im folgenden Jahr, 2016, gründeten sie ihren eigenen Verein mit dem Namen «Dogsouls – SOS für Pfoten e.V.». Carmen Foser und ihre Freundin teilen sich seither den Vorsitz und stehen täglich in Kontakt. Sie besprechen ihre Vereinsanliegen per Telefon, über WhatsApp oder Messenger. Mindestens zweimal im Jahr sind sie ausserdem gemeinsam in Rumänien und schauen bei ihren beiden Projekten in den Städten Suceava und sowie Brașov nach dem Rechten.

«In Suceava betreiben wir seit vergangenem Jahr ein kleines, privates Tierheim mit 70 bis 80 Hunden, die wir aus der Tötungseinrichtung oder von der Strasse holen und, wenn nötig, zum Tierarzt bringen, um sie zu behandeln. Dann versuchen wir, sie über unsere eigene Website und grössere Portale wie Tiervermittlung.de mit tierlieben Menschen in Deutschland der Schweiz und natürlich auch Liechtenstein in Kontakt zu bringen», sagt Carmen Foser. Das Prozedere ist inzwischen bestens eingespielt und funktioniert in der Stadt Brașov nach dem gleichen Prinzip. «Dort betreiben wir das Heim einfach nicht selbst, sondern unterstützen eine rumänische Tierschützerin, die sich auch stets um etwa 80 Hunde kümmert.» Interessenten können sich per E-Mail bei «Dogsouls» melden. Wenn sie dann eine Selbstauskunft ausgefüllt haben, erhalten sie nähere Infos und Videos von Hunden, die für die individuelle Situation infrage kommen. «Unsere Mitarbeitenden vor Ort haben viel Erfahrung mit den Tieren und wissen, welche Hunde zu einer Familie mit kleinen Kindern, zu hundeerfahrenen Paaren oder zu einer älteren Person passen.» Ist eine Adoptionsentscheidung einmal gefallen, bringt eine darauf spezialisierte Transportfirma die Hunde optimal betreut nach Deutschland, wo sie an festgelegten Standorten von ihren neuen Besitzern in Empfang genommen werden können. «Liechtensteiner, die über uns einen Hund aufnehmen, holen ihren Vierbeiner beispielsweise meistens in Lindau oder Memmingen ab», sagt Carmen Foser.

«Der schönste Lohn, wenn alle glücklich sind»

Das Ganze kostet einiges an Geld. «Wir achten nicht nur darauf, unsere Mitarbeitenden gerecht zu entlöhnen und versorgen die Tiere vor Ort, sondern bereiten sie auch auf die Reise vor. Das beinhaltet zum Beispiel Impfungen, Papiere, das Chippen und die Kastration», sagt Carmen Foser. Sie selbst und ihre Co-Vorsitzende sowie die weiteren Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich. Die externen Kosten finanzieren sie über Spenden, Beiträge der rund 50 Vereinsmitglieder und Patenschaften. «Für 30 Euro im Monat kann man eine solche Patenschaft für einen Hund übernehmen. Davon profitiert dann das ganze Tierheim. Ausserdem bieten wir Namenspatenschaften an, mit denen für einen kleine Spende der Name eines Welpen ausgesucht werden kann, oder Ausreisepatenschaften für Hunde, die aufgrund des Alters oder eines Handicaps nicht mehr zu vermitteln wären, wenn noch die Reisegebühr zu bezahlen wäre.» Die Schutzgebühr beträgt 450 Euro pro Hund. Für ältere Tiere gilt ein reduzierter Satz von 300 Euro. «Schliesslich möchten wir so vielen Hunden wie möglich ein schönes Leben mit tierlieben Besitzern ermöglichen.»

Mit der Adoption ist dann zwar ein wichtiger Schritt auf dem Weg in ein glückliches Hundeleben getan. Doch für Carmen Foser sind damit weder das Tier noch seine neuen Besitzer Vergangenheit. «Bei den Vermittlungen, für die ich selbst zuständig bin, bleibe ich stets in Kontakt mit den Adoptanten. Ich freue mich immer, wenn ich Fotos oder Videos geschickt bekomme, gebe auch gerne Tipps, wenn es zu Eingewöhnungsschwierigkeiten kommt, und freue mich über jede positive Rückmeldung und über jede glückliche Mensch-Tier-Beziehung. Das ist der schönste Lohn für unsere Arbeit, die manchmal fast einem Vollzeitjob gleichkommt.» Entsprechend froh ist Carmen Foser, dass ihr Mann, ihre Tochter und ihr Sohn hinter ihrem Engagement stehen und kein Problem damit haben, dass die Ehefrau und Mutter sieben Tage in der Woche für ihre Vereinskollegen, die Mitarbeitenden in Rumänien und die neuen Besitzer «ihrer» Hunde erreichbar ist.

Carmen mit Lucy

Lucy komplettiert die Familie

Für viel Freude in der Familie sorgen auch die mittlerweile drei rumänischen Hunde, die mit den Fosers zusammenleben. «Die Adoption von Lucy, unserem dritten Hund aus Rumänien, war eigentlich nicht geplant. Aber als ich sie bei einem meiner Besuche in der Tötungsanstalt gesehen habe, war es wieder Liebe auf den ersten Blick. Daher lebt sie inzwischen auch bei uns», sagt Carmen Foser. Und Lucy begleitet ihr Frauchen fast auf Schritt und Tritt, wenn Carmen Foser nicht gerade ihrem Teilzeitjob als Geschäftsführerin eines Handelsunternehmens in Vaduz nachgeht. «Wenn ich dann Mittagspause oder Feierabend habe, und natürlich auch an den Wochenenden, kann ich am besten abschalten, indem ich mit meinen drei Vierbeinern in die Natur raus gehe. Das ist Erholung pur und bestätigt mich immer wieder in meinem Engagement für die Strassenhunde, das ich noch lange fortsetzen möchte.»

www.sos-dogsouls.com