„Machtmissbrauch durch Behörden“?     

Leserbrief von Georg Kieber,
Mauren

Die Schlagzeile, „Konto von Oligarchensohn bleibt gesperrt“ (L. Vaterland, 5.3.2024) liest sich wie eine Erfolgsmeldung. Ein in England lebender Russe, Student, eröffnete vor Jahren ein Konto bei einer liechtensteinischen Bank. Dies war möglich, da die vertieften Abklärungen der Bank über die Herkunft der Gelder nichts erkennen liess, was gegen eine Geschäftsbeziehung gesprochen hätte.

Jahre später geriet der Vater des Bankkunden auf eine Sanktionsliste, worauf die Bank das Konto seines Sohnes in Liechtenstein sperrte. Seine Beschwerden gegen die Zwangsmassnahmen bei unserer Regierung und dem Verwaltungsgericht blieben erfolglos. Die Begründungen sind zynisch. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn sei intakt, so dass vermutet werden könne, dass der Sohn seinen Vater unterstütze, sollte er ihn darum bitten.

Wer der Sippenhaft entgehen will und Vermögensschutz sucht, bemühe sich um eine zerrüttete Familie. Prof. Dr. Carl Baudenbacher, früher Liechtensteins Richter am EFTA-Gerichtshof (später dessen Präsident) befasst sich dazu mit nicht zu rechtfertigenden Eingriffen in Grundrechte. Da auch unsere Verfassung (Art. 34) die Unverletzlichkeit des Privateigentums gewährleistet, sind seine Überlegungen auch für Liechtenstein gültig. Der Versuch, so Dr. Baudenbacher, Kontosperren damit zu rechtfertigen, sie seien von vorübergehender Natur, überzeuge nicht. Wer mit leeren Taschen dastehe, dessen Eigentumsrecht funktioniere nicht und er wisse nicht, wann und ob es wieder funktionieren werde. Er formuliert die Voraussetzungen für Grundrechtseingriffe:

Das Ziel der Sanktionen, damit Russlands Aggression einzubremsen, sei legitim, für eine Kontosperre eines Familienmitglieds fehlten jedoch die rechtlichen Voraussetzungen der „Geeignetheit zur Zielerreichung“ und der „Erforderlichkeit“ (mildestes Mittel). Bezüglich der Sanktionspolitik gegenüber Russland sei, so Baudenbacher, eine Neuorientierung überfällig. „Machtmissbrauch durch Behörden ist nicht zu tolerieren.“