«Die Jugend trägt die Folgen heutiger Entscheidungen am stärksten»

Michael Schädler aus Triesenberg ist 20 Jahre alt, hat eine abgeschlossene Berufsausbildung als Informatiker für Applikationsentwicklung und absolviert derzeit im Vollzeitstudium die BMS Liechtenstein Typ Wirtschaft. Bereits im Alter von 15 Jahren trat er dem Jugendrat Liechtenstein bei, dem er seit Frühjahr 2022 als Präsident vorsteht. Fahrradtouren, Wanderungen und das Skifahren zählen zu den Hobbys von Michael Schädler.

Interview: Johannes Kaiser 

Du bist seit fünf Jahren beim Jugendrat Liechtenstein engagiert und sehr aktiv. Wie ist dein Interesse für gesellschaftspolitische Fragen geweckt worden?

Michael Schädler: In meiner Sekundarschulzeit wollten wir als Klassenmehrheit unbedingt ins Skilager. Jedoch war dies finanziell damals nicht möglich, da bereits eine Abschlussreise nach England geplant war. Mich hat dies unglaublich gestört. Damals habe ich gemerkt, dass ich mein Umfeld aktiv beeinflussen möchte.   Leider ist es mit dem Skilager dann doch nichts geworden. Aber ich nahm in der Folge an den Jubel-Veranstaltungen teil und moderierte diese später auch. Dort wurde ich vom damaligen Jugendrat-Präsidenten Brian Haas für den Jugendrat begeistert. 

Nicht jede oder jeder Jugendliche ist am politischen Geschehen so interessiert. Was  motiviert dich, deine Stimme für die jungen Menschen zu erheben?

Politische Entscheidungen bestimmen unsere persönliche, tägliche Lebensrealität. Meine Generation benötigt langfristige und kluge Entscheidungen für eine sichere Zukunft. Darum ist es wichtig, dass unsere Generation die Themen wie Klimawandel, Fachkräftemangel, AHV, künstliche Intelligenz und aktiv mitbestimmt, da sie die Folgen der Entscheidungen am stärksten trägt. Im Schweizer Nationalrat beträgt das Durchschnittsalter 49 Jahre. In Liechtenstein sieht es nicht wirklich besser aus. Es ist unglaublich wichtig, dass die junge Generation ein hohes Gewicht im politischen Entscheidungsfindungsprozess bekommt.

Wie werden die Ideen und Aktivitäten des Jugendrates aufgenommen? Fühlt ihr euch  gehört und von der offiziellen Politik wahrgenommen?

Die Jugendsession hat bereits zum achten Mal stattgefunden. Die Anträge wurden jeweils an den Landtag weitergeleitet. Dabei kam manchmal mehr, manchmal weniger zurück. Auf dem Wege einer Petition reichen wir den wichtigsten Antrag der Jugendsession, der am meisten Stimmen hinter sich vereint, an den Landtag weiter. Letztes Jahr wurde die Petition «Priorisierung des Langsamverkehrs» einstimmig an die Regierung überwiesen. Allgemein bemerken wir nun bei der Bindung zur Politik einen Aufschwung. An der diesjährigen Jugendsession waren sieben Landtagsabgeordnete und drei Regierungsmitglieder anwesend. Auch sonst bekommen wir viel Zuspruch. Das motiviert uns, und wir werden uns darum bemühen, die Bindung an die Politik zu stärken. Daraus werden gemeinsam mit UNICEF Schweiz und Liechtenstein noch weitere Forderungen folgen. Mehr dazu aber im nächsten Jahr – die Vorbereitungen laufen!

Welches sind die brennendsten Themen, die die jungen Leute mit Blick auf die Zukunft am meisten beschäftigen?

Gemäss einer in diesem Jahr vom Liechtenstein-Institut publizierten Befragung von rund 1000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren ergibt sich bezüglich er wichtigsten Themen, die sie bewegen, folgende Reihenfolge: 

  1. Klimawandel und Umweltschutz
  2. Verkehr und Mobilität
  3. Gleichberechtigung von Mann und Frau
  4. Langfristige Finanzierung der Altersvorsorge

Dieses Stimmungsbild zeichnet sich auch an den Veranstaltungen des Jugendrates ab. 

Was ist für dich die Quintessenz der diesjährigen Jugendsession, die am Samstag, 23. September 2023, im Landtagssaal stabgefunden hat?

Die Jugendsession wurde durch uns und UNICEF in Gemeinden, Jugendtreffs, Jubel, Jungparteien sowie Social Media beworben. Es ergab sich ein repräsentatives und heterogenes Treffen junger Menschen. Trotzdem konnte sich diese Gruppe junger Menschen mit   grossem Konsens und aufeinander eingehenden Diskussionen einigen, dass eine Unterstützung der Photovoltaik- Pflicht sowie allgemein ein höheres Tempo in Richtung erneuerbare Energien enorm wichtig ist. Die Jugendsession postuliert dabei folgende zwei Intentionen: 

Schutz vor dem Klimawandel und Energieautarkie. Die Stellungnahme mit Begründung wurde bereits im Namen der Jugendsession veröffentlicht.

Welche weiteren Themen standen im Fokus der diesjährigen Jugendsession?

Die Anträge waren vielfältig: Es ging um die Verbreiterung der Studienlage zu erneuerbaren Energie, ein detalliertes Energiemonitoring, den Ausbau von Windkraftwerken und Weiteres. Im Fokus stand eindeutig die Petition zur Energieautarkie. Ausserdem wurde einstimmig eine Stellungnahme zur Photovoltaik-Pflicht verfasst. Diese Anträge sind auf dem Weg zum Landtag. Zusätzlich werden sie an einer Regierungssitzung vorgestellt.