Der Landtag hatte die Regierung letzten Herbst beauftragt, die Beitrittsverhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzunehmen. Nach zahlreichen Vorgesprächen auf technischer Ebene hat die Regierung nun offiziell Antrag auf Mitgliedschaft im IWF gestellt und damit den formellen Beitrittsprozess gestartet. Das Exekutivdirektorium des IWF wird nun den Antrag prüfen und einen Mitgliedschaftsausschuss einsetzen.
Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen wird Liechtenstein in den nächsten Monaten von einer technischen Delegation des IWF besucht, um die erforderlichen Daten sowie Informationen zur Wirtschaft und Rechtsordnung des Landes zu sammeln. Der Bericht dieses Ausschusses wird u.a. die vorgeschlagene Quote sowie weitere Bedingungen der Mitgliedschaft, die mit Liechtenstein im Detail diskutiert und abgestimmt werden, umfassen. Sobald Liechtenstein diesem Bericht zugestimmt hat, prüft das Exekutivdirektorium des IWF den Antrag und legt dem Gouverneursrat des IWF einen Beschlussentwurf zur Abstimmung vor. Nachdem der Gouverneursrat der Mitgliedschaft grundsätzlich zugestimmt hat, sind weitere rechtliche Schritte in Liechtenstein und insbesondere die Zustimmung des Landtags zum ausgehandelten Ergebnis notwendig, bevor ein Übereinkommen unterzeichnet werden kann. Der formelle Beitrittsprozess dauert in der Regel etwa ein Jahr.
Die Zugehörigkeit zum Internationalen Währungsfonds ist aus Sicht der Regierung für Liechtenstein von grosser Bedeutung. Die heutige weltweite Vernetzung bringt auf nationaler wie internationaler Ebene verstärkte Risiken für die Finanzstabilität mit sich, denen Liechtenstein als offene Volkswirtschaft stark ausgesetzt ist. Durch verschiedene Mechanismen bietet der IWF Schutz in Krisensituationen. Ein schneller Zugang zu Finanzmitteln wäre für Liechtenstein beispielsweise bei einer grossen Naturkatastrophe oder auch in einer Finanzkrise sehr wichtig. Mit seinen Interventionen im Zuge diverser Krisen hat der IWF in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt, dass er genau das zu leisten vermag. Der schnelle Zugang zu liquiden Mitteln ist in einer Krise entscheidend,
um den Finanzsektor und letztlich die Realwirtschaft vor grösseren Schäden zu bewahren.
Eine IWF-Mitgliedschaft bringt aber auch weitere Vorteile mit sich. So korrespondieren die Ziele des Internationalen Währungsfonds – darunter die Förderung eines ausgewogenen globalen Handelswachstums und der Stabilität der Wechselkurse – stark mit den Bedürfnissen einer kleinen, exportorientierten Volkswirtschaft. Auch die internationale Vernetzung, die Reputation und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts und Finanzplatzes Liechtenstein werden durch einen Beitritt zum 190 Mitgliedsstaaten zählenden IWF gestärkt und die internationale Vergleichbarkeit und Visibilität erhöht. Zudem würde die IWF-Mitgliedschaft eine weitere Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit mit der Schweiz in wirtschaftspolitischen Fragen mit sich bringen.
Die Kosten für einen IWF-Beitritt belaufen sich gemäss Berechnungen der Regierung auf jährlich rund eine halbe Million Franken und bestehen ausschliesslich aus administrativen Kosten, die durch die Mitarbeit im IWF entstehen. Ferner wird für jedes Mitgliedsland eine Quote ermittelt, wovon ein Teil beim IWF hinterlegt wird. Dieses Geld stellt jedoch keinen Mitgliedsbeitrag oder dergleichen dar, sondern ist als verzinste Währungsreserve zu verstehen, die im Krisenfall vom jeweiligen Land jederzeit abgerufen werden kann.