Journalismus auf der Intensivstation

Leserbrief von Initiative A
und TankstellaBeiz

In ihren Anmerkungen zu unserer Stellungnahme kritisiert die Vaterland-Redaktion, bei der Wodarg-Veranstaltung hätten weder Publikum noch Moderator die Aussagen des Referenten hinterfragt. Auf die Idee, dass dies vor allem die Aufgabe von Journalisten ist, kommt die Redaktion offensichtlich aber nicht. Dabei lernt man bereits in der ersten Lektion jeder Medien-Schule, dass dies die wichtigste Pflicht der Medien ist!

Wie im Leserbrief von Carmen Sprenger erwähnt, hat der Moderator – seine Aufgabe ist es zu moderieren – mehrmals zu kritischen Fragen aufgerufen. Mehr noch: Er hat in der Fragerunde lobend bemerkt, dass unter den rund ein Dutzend Medienvertretern auch zwei Drittel der Liechtensteiner Mainstream-Medien gekommen sind, und er hat sie sogar direkt angesprochen, ob es von ihrer Seite kritische Fragen gibt. Jedoch nicht einmal darauf gab es eine einzige Frage seitens des Vaterland-Redaktors David Sele…

Es bestand auch die Gelegenheit, bilaterale Interviews mit dem Referenten und den Organisatoren zu führen. Auch darauf wurde verzichtet. Der Referent stand den Medien am Schluss über eine Stunde lang geduldig Rede und Antwort. Aus Liechtenstein nahm einzig 1FLTV diese Gelegenheit wahr. Der Landessender Radio L reagierte gar nicht erst auf zwei Einladungen…

Liechtensteins Journalismus ist nach dem Volksblatt-Aus und den wiederholten finanziellen Nöten von Radio L definitiv auf der Intensivstation angelangt. Der Regierungschef sprach bei anderer Gelegenheit von einer «Operation am offenen Herzen». Zu so einer «Operation am offenen Herzen» wird auch die dringende Neuordnung der Medienförderung im Land, denn Medienvielfalt und kritischer Diskurs in den Medien sind für eine funktionierende Demokratie essenziell. Nicht umsonst bezeichnet man die Medien als vierte Gewalt im Staat. Davon sind wir in Liechtenstein jedoch weit entfernt.