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Er lässt mich nimmermehr in Ruh

Leserbrief von Jo Schädler, Gamprin

 

Die Rede ist wieder einmal von diesem lustigen Kuriosum, dem runden Tisch im Ziegelgehäuf. Um den herum würden welche hocken, die täten ja mehr schwatzen wie andere, womit zu überdenken wäre, ob man nicht vorteilhafterweise daraus eine Landesschwatzstube macht.

Es ist ja schon im Ansatz intellektfremd, die Rededauer, nicht aber Inhalt, Tiefe, Gehalt und Tragweite zu erfassen. Aufmerksame Zeitgenossen, welche sich Landtage anhören, wissen, seitdem die Volksvertreter an diesem runden Tisch sitzen, ist die Politik im Lande; man verzeihe den kernigen Dialektausdruck, aber er ist leider der einzig verwendbare: „Zum Födla us nünt meh“. Wie der Landtag noch im Regierungsgebäude tagte, gab es wunderbare Streitdiskussionen, wo auch schon gerne einmal die Fetzen flogen. Die Parteien sassen zusammen, konnten sich rotten, formieren und gegenseitig stärken.

Verfolgt man heute eine Sitzung, fühlt man sich zu Voltaire hingezogen, der da meint: „Das Geheimnis zu langweilen besteht darin, alles zu sagen“. Und um es wieder einmal in Erinnerung zu rufen:   „Ein runder Tisch wird als symbolische Sitzordnung eingesetzt, bei der keine Hierarchie, sondern die Gleichberechtigung aller Teilnehmer herausgestellt wird. Er wird eingesetzt zur Klärung abweichender Interessen, oder zur Bewältigung von Krisen, um einen von allen Seiten anerkannten Kompromiss zu finden“. Voilà, das beschreibt den Salat, den wir haben am eindrücklichsten. Nur noch Kompromisse, meist faule; trachtend im blinden Unverstand, alle Schafe auf eine Linie zu bringen. Das macht das Regieren einfacher und Oligarchen, Monarchen und deren Vasallen schliessen Bünde und lachen sich ins Fäustchen.

Gerne würde ich einen Landtagskandidaten kennenlernen, der den Verstand hat und vor der Wahl verspricht, sich niemals mit der anderen Partei an einen runden Tisch zu setzen und couragiert verlangt, den explizit gleichen, demokratisch richtigen Abstand zum Landtagspräsidenten zu haben, wie alle anderen. Jo Schädler, Gamprin

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