«Ich habe nicht gesucht und dennoch gefunden»

Die beiden Messeleiter Georges Lüchinger und Leone Ming (v. l.).

Dass Georges Lüchinger eine beachtliche Sportkarriere gemacht hat, lässt sich nicht bestreiten. Doch da er seiner Zeit häufig einen Schritt voraus war, handelt es sich nicht um die klassische Athleten- oder Funktionärskarriere. Es war vor allem die Sportkommunikation, mit der er ein mit Berühmtheiten gespicktes Netzwerk
knüpfen konnte, von dem her heute auch andere profitieren lässt. 

Als Georges Lüchinger 1965 in Montlingen geboren wurde, liess sich noch nicht erahnen, dass er eines Tages zwischen den besten Tennisspielern seiner Zeit stehen, den Schweizer Meisterpokal im Fussball in Händen halten oder für König Charles III. – damals noch der Prince of Wales – moderieren würde. Das liess sich auch noch nicht erahnen, als er die klassische Schullaufbahn mit Primar- und Sekundarschule sowie kaufmännischer Abendschule absolvierte. Ein erster Indikator dafür war, rückblickend, dass er beim FC Montlingen schon als Teenager die Funktionärs- und Trainerlaufbahn einschlug, statt sich regelmässig mit seinen Alterskollegen im Kampf um Bälle und Tore zu messen. «Ich war meiner Zeit oder meinem Alter voraus. Mit 16 war ich Vorstandsmitglied und Spiko in Montlingen, mit 17 Coach und Torwarttrainer bei der ersten Mannschaft», sagt Lüchinger über diese Zeit. Als er mit 23, schon beim USV, das B-Diplom als Trainer erlangte, war er zu jung, um die nächsthöhere Stufe zu erklimmen. Es folgten dennoch weitere Trainerstationen, so unter anderem der Aufstieg mit dem FC Widnau in die 1. Liga oder ein Engagement bei Austria Lustenau im Profibereich. Dass Lüchinger ebenfalls beim FC Ruggell war, hatte zwar keinen grossen Einfluss auf die Trainerkarriere, aber auf sein Leben. «Dort habe ich über den Fussball meine Frau kennengelernt, mit der ich nun seit 24 Jahren verheiratet bin und zwei mittlerweile erwachsene Kinder habe. So bin ich auch in Liechtenstein sesshaft geworden.»

Vom Reden zum Kommunizieren und Organisieren
Den eigentlichen Ausschlag für die Karriere des Erfolgstrainers gab aber ein anderes Talent: das Reden. «1989 bekam ich die Chance, bei Radio Rheintal die Funktion eines Moderators und Redaktors in einem zu übernehmen. Die Musik haben wir noch von Schallplatten gespielt», sagt Lüchinger und lacht. Das ging aber deshalb nicht lange, weil das grössere «Radio aktuell» aus St. Gallen sein Talent rasch erkannt und ihn zum Sportchef machte. Viereinhalb Jahre dauerte dieses Engagement. «In dieser Zeit habe ich einerseits viel über Leadership gelernt, da ich bis zu 17 Mitarbeitende führen durfte. Andererseits habe ich eine Journalistenausbildung am damals noch jungen MAZ, dem Medienausbildungszentrum, in Luzern absolviert.

Was Lüchinger bei «Radio aktuell» ebenfalls festgestellt hat, ist, dass die Kommunikation zahlreicher Sportvereine damals das vorhandene Potenzial noch kaum nutzte. «Heute hat jeder Verein in der 3. Liga einen Mediensprecher oder -verantwortlichen. Mitte der 1990er hatten selbst die meisten Profivereine noch keinen», sagt Georges Lüchinger. Damit hatte er eine Marktlücke entdeckt, die er mit seiner sportlichen wie beruflichen Erfahrung und dem MAZ-Abschluss als theoretischem Rüstzeug füllen konnte. Er machte sich selbständig, erarbeitete Kommunikationskonzepte und -strategien, organisierte Fotoshootings, schrieb selber oder übernahm das Mikrofon. Seine Dienstleitung, die er unter dem Oberbegriff «Kommunikation und Organisation» zusammenfasste, war rasch gefragt – in Liechtenstein, in der Schweiz und auch in Vorarlberg zu einer Zeit, als die Feldkircher VEU mit ihrer Eishockeymannschaft nicht nur Österreich, sondern Europa dominierte. «Ich habe dieses Geschäftsmodell zwar nicht gesucht, aber gefunden», sagt Georges
Lüchinger.

Georges Lüchinger hat unter anderem ein Verwaltungsratmandat bei den Berner Young Boys inne.

Über die Rhema zur Lihga
Heute ist Georges Lüchinger mit seinem Unternehmen Lüchinger Establishment nach wie vor in der Sportkommunikation tätig, bildet die Speaker bei den Eishockey-Weltmeisterschaften aus und betreut Grossanlässe wie den Spengler Cup in Davos, wo er auch selbst als Stadionsprecher tätig ist, oder die Tour de Suisse, wo er zunächst für das Anfang der 2000er erfolgreiche Team Phonak die Kommunikation und die Organisation übernommen hat. Über sein Talent für das Organisieren von Anlässen ist er auch in die Leitung der Rheintalmesse, wesentlich bekannter unter dem Kürzel Rhema, in Altstätten gekommen. Von dort war es zwar vielleicht kein kleiner, aber ein schon fast logischer Schritt, dass Günther Wohlwend, der Vater der Liechtensteinischen Industrie-, Handels- und Gewerbeausstellung, der Lihga also, Georges Lüchinger im Tam haben wollte, als er sich altersbedingt von seiner Messe zurückzog. «Das hat mich gereizt. Zusammen mit Leone Ming habe ich mich entschieden, ein Angebot abzugeben. Wie ich später erfahren habe, war es alles andere als das höchste Gebot, aber offenbar hat unser Konzept überzeugt.»

Daraus ist die Firma «liact» entstanden. Ein weiteres Erfolgsmodell. «Leone und ich sind von unseren Kompetenzen und ein Stück weit auch vom Wesen her ganz unterschiedliche Charaktere. Dass wir aber stets respektvoll miteinander und mit unseren Partnern sowie Kunden umgehen, ist meines Erachtens der Schlüssel zum Erfolg», sagt Georges Lüchinger. Dieser Erfolg zeigt sich nicht nur in der Lihga, sondern auch in anderen Projekten, die liact betreut, beispielsweise der jährlichen «Schaaner Wesa», dem Oktoberfest im SAL. Die gerade zu Ende gegangene Messe war aber einmal mehr das Aushängeschild der Firma. «Wir haben unglaublich viele positive Rückmeldungen erhalten – sowohl von Ausstellern als auch von Besuchern. Für den Aussteller geht es darum, geschäftlich zu profitieren. Viele Besucher möchten vielleicht auch ein gutes Geschäft machen, aber alle wollen Spass haben. Auch die LIHGA ist für mich Kommunikation. Es geht darum, Menschen zusammenzubringen, die Business machen, Bekannte treffen und feiern. Das schönste Kompliment ist es für mich daher immer, wenn mir jemand sagt ‹Jetzt bin ich schon fast drei Stunden hier und immer noch in Halle zwei›. Das zeigt, dass ihm die LIHGA gefällt, dass er ziemlich sicher wiederkommt. Und in zwei Jahren möchten wir sie natürlich alle wiedersehen, Besucher wie Aussteller.» Für die LIHGA und liact gelte eines jedenfalls erneut: «Gesucht habe ich diese Herausforderung nicht, aber gefunden. Und ich schätze sie, genauso wie das Teamwork mit Leone.»

Auch Weltstars wie Roger Federer und Rafael Nadal fühlten sich sichtlich wohl mit Georges Lüchinger.

Mach das, was dich lächeln lässt
Im Alter von 57 Jahren könnte sich Georges Lüchinger langsam auf das Ende seiner Berufslaufbahn vorbereiten. So ist er aber nicht gestrickt. «Ich möchte so lange wie möglich das machen, was mir Freude bereitet», sagt er und zitiert den preussischen Staatsmann und Reformer Heinrich vom Stein, der im 18. Und 19. Jahrhundert gelebt und gewirkt hat: «Hüte dich vor dem Entschluss, zu dem du nicht lächeln kannst.» Das gelte für ihn beruflich wie privat, sagt Lüchinger. «Wenn man eine Aufgabe oder Freizeitbeschäftigung geniesst, dann macht man seine Sache auch gut und ist zufrieden.»

Von Lüchingers Zufriedenheit, Erfahrung und Erfolg sollen auch andere profitieren können. «Können ist eine Grundvoraussetzung. Aber Erfolg stellt sich vor allem dort ein, wo man mit anderen zusammenarbeiten kann. Ich konnte mir so in den vergangenen Jahrzehnten ein grossartiges Netzwerk aufbauen. Das führt einerseits dazu, dass ich häufig als Berater engagiert werden und mein Wissen weitergebe, andererseits kommen aber auch immer wieder junge Sportler auf mich zu, die mich um Unterstützung bitten. Da sage ich in der Regl gerne zu. Denn ich konnte vom Sport viel profitieren und möchte, dass auch andere das finden, was sie lächeln lässt – ob sie es nun aktiv suchen oder nicht.»