Kleine Anfrage des Abgeordneten Kaufmann Georg zum Thema: Arbeitsmarktfähigkeit von älteren Mitarbeitenden
Gemäss der Arbeitslosenstatistik 2020 waren per Ende Dezember 2020 370 Personen arbeitslos. Im Jahr zuvor waren es 276 Personen. Verglichen mit 2019 ergab sich also eine Erhöhung um 34,1%. Diese Erhöhung ist einzig auf die Altersgruppe 50plus zurückzuführen. Während die Zahlen bei den 15- bis 49-Jährigen durchwegs zurückgingen, stieg sie bei den über 50-Jährigen um 6% auf 113 Personen an. Gemäss Aussagen von Fachleuten liegt ein wichtiger Grund darin, dass sich die älteren Mitarbeitenden nicht um ihre Arbeitsmarktfähigkeit gekümmert haben, solange sie eine Anstellung hatten. Um dem entgegenzuwirken, wurde in der Schweiz «viamia» gestartet, eine Bundesinitiative zur beruflichen Standortbestimmung und Laufbahnberatung für Personen über 40. «viamia» wird nun schweizweit angeboten.
Liechtenstein hat im Jahre 2014 im Rahmen der Sanierung des Staatshaushaltes die allgemeine unentgeltliche staatliche Laufbahnberatung ab 25 Jahren abgeschafft. Einzig Stipendienbezüger/-innen sowie Personen, welche beim Arbeitsmarktservice gemeldet sind oder vom Amt für Soziale Dienste beziehungsweise der Bewährungshilfe betreut werden sowie Personen, die bei der Invalidenversicherung registriert sind, werden beim Amt für Berufsbildung und Berufsberatung weiterhin unentgeltlich beraten. Dazu meine Fragen:
Mit was für Massnahmen gedenkt die Regierung in Zeiten des Fachkräftemangels die Arbeitsmarktfähigkeit von älteren Arbeitnehmenden in Liechtenstein zu erhalten beziehungsweise zu stärken?
Dominique Hasler: Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 lag mit 380 Personen bei 1.9%. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote per Februar 2022 mit 273 Personen bei 1.3%. Ebenfalls rückläufig ist die Arbeitslosigkeit bei Personen 50Plus mit aktuell 92 Personen oder 1.2%. Die Arbeitslosenquote bei Personen 50Plus lag in den letzten Jahren stets tiefer als die durchschnittliche Gesamtarbeitslosigkeit. Auch hat der Arbeitsmarktservice im Amt für Volkswirtschaft festgestellt, dass Stellenzuweisungen von Personen über 50 Jahren von den Unternehmen gerne entgegengenommen werden – sofern die Qualifikationen der Stellensuchenden das Anforderungsprofil erfüllen.
Aktuell wird im Wirtschaftsministerium analysiert, wie das Arbeitskräftepotenzial gezielt weiterentwickelt und die demografische Entwicklung reflektiert werden kann. Ziel ist es, das inländische Arbeitskräftepotential zu optimieren und gemeinsam mit der Wirtschaft Massnahmen zur Fachkräfteförderung zu entwickeln.
Bezugnehmend auf die in der Kleinen Anfrage erwähnte Bundesinitiative in der Schweiz ist ein bedeutender Ansatz, freie Arbeitsstellen möglichst durch Menschen zu besetzen, die bereits im Lande leben oder arbeiten. Berufschancen inländischer Arbeitskräfte können dadurch erhöht und die soziale Sicherheit älterer Arbeitnehmender gestärkt werden. Dazu gilt es sicherzustellen, dass Personen im Erwerbsleben Möglichkeiten erhalten, ihre Potentiale und Berufschancen abzuklären sowie sich in ihrer Laufbahn beraten zu lassen. Angedacht ist, dass Massnahmen und Überlegungen in diese Richtung seitens des Amtes für Berufsbildung und Berufsberatung mit Blick auf eine mögliche Revision des Berufsbildungsgesetzes geprüft und aufgezeigt werden.
Liechtenstein ist im Bereich der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung eng in das Schweizer System integriert. Plant die Regierung demnach auch die Übernahme der Initiative «viamia» zur beruflichen Standortbestimmung ab 40 Jahren?
Dominique Hasler: Ab 2022 wird viamia schweizweit von den Kantonen angeboten. Die rasche Umsetzung zeigt die Bedeutung, welche sowohl auf kantonaler als auch Bundesebene diesem Projekt beigemessen wurde. Liechtenstein ist Mitglied der Schweizerischen Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung (KBSB) und der kantonalen Stellen für Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung (BSLB), die dieses Projekt umsetzen. Aufgrund der geltenden gesetzlichen Altersbegrenzung in Liechtenstein im Bereich der staatlichen Laufbahnberatung für Personen, die älter als 25 Jahre sind, ist eine Beteiligung an diesem Projekt derzeit nicht möglich. Entsprechend wird aktuell eine Anpassung des Berufsbildungsgesetzes geprüft.
Sind diese und ähnliche Massnahmen Teil der geplanten Revision des Berufsbildungsgesetzes, welche dem Landtag wahrscheinlich im Herbst vorgelegt werden?
Dominique Hasler: Eine entsprechende Abänderung des Berufsbildungsgesetzes wird derzeit von der Regierung erarbeitet. Die Gesetzesvorlage beinhaltet unter anderem die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen, damit Massnahmen ergriffen werden können, die auf die Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials abzielen. Dies und die anstehenden Herausforderungen in den Bereichen demografischer Wandel, Digitalisierung und Technologisierung, Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie, erfolgreiche Gestaltung des Wiedereinstiegs, sind Gründe für eine mögliche Aufhebung der Altersbegrenzung für Laufbahnberatungen.
Wie stellt sich die Regierung heute – acht Jahre nach Abschaffung der allgemeinen unentgeltlichen Laufbahnberatung ab 25 – zu dieser Thematik?
Dominique Hasler: In Anbetracht der Herausforderungen und der laufenden Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft erscheint aus heutiger Sicht eine staatliche Beratungsdienstleistungsunterstützung bei der Gestaltung der Berufslaufbahn über die gesamten Arbeitsleben sinnvoll.