42. Session des Europarates der Gemeinden und Regionen

Der Krieg in der Ukraine stand im Fokus der 42. Session des Europarates der Gemeinden und Regionen, welche vom 22. bis 24. März 2022 hybrid stattfand. Für Liechtenstein nahmen Maria Kaiser-Eberle, Vorsteherin von Ruggell und Sylvia Pedrazzini, Gemeinderätin von Eschen, als Vertreterinnen der Gemeinden online teil. Die russische Föderation wurde aufgrund der aktuellen Ereignisse aus dem Europarat ausgeschlossen. Das gemeinsame europäische Haus hat Russland als Bewohner verloren.

Die Sitzung in Strassburg wurde nicht nur, wie traditionell üblich, mit der Hymne der Europäischen Union eröffnet, sondern auch mit der Ukrainischen Nationalhymne. Eindrücklich war der Dienstagnachmittag: Zwei Bürgermeister und ein Minister aus der Ukraine wurden live zugeschaltet. Die direkte Berichterstattung und der originale Dialog mit diesen Volksvertretern waren sehr eindrücklich, informativ und ging «unter die Haut».

Eindrücke von Vitali Klitschko direkt aus Kiew
Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew, bedankte sich bei der Live-Zuschaltung bei den europäischen Partnerländern für die Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten. Er fragte eindrücklich, warum Russland die Ukraine angreift und stellte klar: «Dies ist so, weil wir in der Ukraine beschlossen haben, Teil der europäischen Familie zu sein. Die Ukraine will nicht ein Puzzlestück in einem Land sein, das nicht frei ist, keine Redefreiheit und keine Pressefreiheit hat.» Vitali Klitschko bezeichnete den Krieg gegen die Ukraine als einen Krieg gegen die europäischen Grundwerte, Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und das Völkerrecht, die in den Ländern des Europarates hochgehalten werden. Dieses Völkerrecht wurde von Russland gebrochen und ein Krieg begonnen. Millionen Menschen müssen die Ukraine verlassen und suchen einen sicheren Ort. Damit die Ukraine weiterhin diese Werte und Grundsätze verteidigen kann, ist es aus Klitschkos Sicht sehr wichtig, dass die Ukraine wirtschaftliche, politische und humanitäre Hilfe und auch Waffen bekommt.

Alexander Senkevich, Bürgermeister von Mikolayvic war bei seiner Live-Zuschaltung auf Grund eines gleichzeitig stattfindenden Luftangriffs in einem Bunker. Er war früher selber Mitglied im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Nie dachte er, dass jemals seine Stadt in Europa vom Krieg dermassen betroffen sein könnte. Seine Stadt Mikolayvic und das Land Ukraine werden die Werte des Europarates bis zum Schluss verteidigen. Senkevich bezeichnete den Krieg als Krieg der Zivilisation und bedankte sich bei den Gemeinden für die Aufnahme der Flüchtlinge aus seiner Stadt Micolayvic und der ganzen Ukraine. Er sagte: «Ohne eure humanitäre und medizinische Hilfe wäre es nicht möglich weiter zu machen…danke, danke, danke».

Die Zerstörung ist immens
Oleskiy Chernyshov, Minister aus der Ukraine war bei seiner Live-Zuschaltung ebenfalls wegen eines Luftangriffs in einem Bunker und bezeichnete die aktuellen Kampfhandlungen als vollumfänglich blutigen Krieg, keinen Albtraum sondern eine albtraumhafte Realität. Es ist ein Krieg gegen die Menschen, die Frauen und Kinder. Er hielt erschütternde Fotos vor die Kamera, auf denen zu sehen war, wie Wohnhäuser und ganze Quartiere vor Kriegsbeginn dastanden und wie sie jetzt aussehen, komplett zerstört und nicht mehr bewohnbar. In Mariupol liegt 70% des Wohnbestandes völlig in Asche oder ist beschädigt. Er zeigte das Theater, in dem immer noch Menschen im Bunker ausharren. Das Theater wurde angegriffen, obwohl gross angeschrieben war, dass sich Kinder dort aufhalten. Viele Kinder wurden bereits getötet wie ein Bild mit Kinderwagen für jedes getötete Kind in Lemberg zeigt. Der Bürgermeister von Gostomel wurde tödlich getroffen, als er Brot und Lebensmittel an die Bürger verteilte.

Bürgermeister und weitere Amtsträger werden von den Russen verschleppt und gefoltert. Tschernobyl und ein weiteres grosses AKW sind in der Hand der Russen. Auch damit wird Europa erpresst. Chernyshov ist überzeugt, dass Putin Europa spalten möchte und folglich nicht nur Krieg mit der Ukraine führen wird. Der Europarat steht für den Schutz der Menschenrechte und der Demokratie. Wichtig ist dabei die lokale Demokratie. Die kommunale Selbstverwaltung stellt eine grosse Stärke dar. Der Minister bedankt sich bei den Gemeinden, die helfen und Flüchtlinge aufnehmen.

Nachdem Russland wegen der Aggression gegen die Ukraine aus dem Europarat ausgeschlossen wurde, hat dieser noch 46 Mitgliedstaaten, welche alle an der 42. Session teilgenommen haben.

Ausschluss Russlands und ein Entschliessungsentwurf
Die Entscheidung des Ministerkomitees über den Ausschluss Russlands war schwierig, aber notwendig und wird auch von der Kammer der Gemeinden und Regionen klar unterstützt. Das Völkerrecht, die demokratischen Werte und die Menschenrechte wurden von Russland missachtet. Die Ukraine bezahlt dafür den höchsten Preis; mit Menschenleben. Um den zahlreichen Todesopfern zu gedenken, wurde eine Schweigeminute eingelegt. Die Ukraine verteidigt die Freiheit mit Kraft, Mut, Stolz und Würde. Auch das russische Volk ist jetzt ohne Schutz des Europarates und damit der Menschenrechte.

Die Kammer der Gemeinden und Regionen im Europarat verabschiedete einen Entschliessungsentwurf in dem die Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eingefordert werden, verurteilt die Verletzung der Menschenrechte und der Demokratie. Er fordert, dass Korridore geschaffen und der Krieg gestoppt werden. Die territoriale Souveränität muss anerkannt werden. Er ist überzeugt, dass Demokratie und Menschenrechte stärker sind als Krieg.

Weitere Tagesordnungspunkte der dreitägigen Sitzung befassten sich mit der Umsetzung der Bestimmungen der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung durch Deutschland, Luxemburg, die Türkei und das Vereinigte Königreich. Die Berichte über die Wahlbeobachtungen in Armenien, Georgien, Dänemark und Marokko wurden diskutiert und genehmigt. Die Beteiligung von Kindern an der nachhaltigen Entwicklung in ihren Gemeinden, Regionen und Diaspora und die Rolle lokaler und regionaler Behörden für die Landjugend werden vom Europarat als sehr wichtig erachtet. Ein weiteres Thema war der Druck und die Belastung, denen Gemeindeoberhäupter durch Fakenews, Bedrohung und Gewalt zunehmend ausgesetzt sind.

Engagierte junge Delegierte                                                                                                                              Eine Vertretung junger Delegierter nahm ebenfalls am Kongress teil. Als Beitrag  zu allen Debatten übermittelten die engagierten Abgeordneten aus 38 Mitgliedsländern einen sensiblen und kritischen Blick auf die Vertretung der Jugendlichen, Frauen, Minderheiten und Diasporas in den Institutionen der lokalen und regionalen Demokratie. Sie machten auf den wertvollen Beitrag junger Menschen im Kampf gegen Fake News und Hassreden, aber auch bei der Gestaltung von Massnahmen zur Unterstützung der ländlichen Jugend aufmerksam.