«Standort Eschen hat sich als Erfolgsmodell erwiesen»

Von links: Peter Beck, Karin Frick, Katja Gey und Tino Quaderer.

Der traditionelle Unternehmerapéro der Gemeinde Eschen-Nendeln widmete sich der Frage, «wie wir morgen und übermorgen leben und arbeiten». Zukunftstrends, Einschätzungen und Prognosen waren der Inhalt der Vorträge. Aber auch der Rückblick kam nicht zu kurz. Das Fazit fiel in allen Bereichen überraschend optimistisch aus.

Der vorletzte Eschner Unternehmerapéro fand im Februar 2020 statt und widmete sich dem Thema «Verkehrslösungen». «Seither hat sich die Welt bekanntlich unglaublich stark verändert», sagte Gemeindevorsteher Tino Quaderer. Dass sich trotz anhaltender Pandemielage 120 in Eschen und Nendeln ansässige Unternehmerinnen und Unternehmer zur Neuauflage des Apéros im neuen «Esswerk» im Essanepark zusammengefunden haben, freute den Gastgeber sehr. «Das liegt sicher aber auch an der Möglichkeit, sich schon vor der Eröffnung einen Eindruck vom neuen Restaurant machen zu können, wofür ich Inhaber Albert Ospelt und seinem Team herzlich danke.»

Trotz unserer Beteiligung an den Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft in Höhe von 1,4 Millionen Franken konnten wir die Reserven im Jahr 2020 leicht ausbauen. Für 2021 sieht die Ertragslage ebenfalls positiv aus.

Tino Quaderer, Gemeindevorsteher

 

Mehr Einwohner, mehr Betriebe, höhere Reserven
Vorsteher Tino Quaderer ging in seinem Begrüssungsreferat darauf ein, wie Eschen-Nendeln und seine Unternehmen sich in der Corona-Krise geschlagen haben. Seine Bilanz lautete gleich zu Beginn: «Wir sind besser durchgekommen, als wir es im Frühjahr 2020 befürchtet haben.» Die Gemeinde konnte im vergangenen Jahr den landesweit zweitgrössten Netto-Bevölkerungszuwachs verzeichnen. 58 Personen lebten zum Jahresende mehr in Eschen und Nendeln als im Dezember 2019. Bei der Beschäftigtenzahl sei zwar ein moderater Rückgang zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei die Zahl der Betriebsstätten aber auch um 7 Prozent gestiegen. «Und auch die öffentlichen Finanzen, über die ich mir zeitweilig durchaus Gedanken gemacht habe, haben die Pandemie bisher gut überstanden. Trotz unserer Beteiligung an den Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft in Höhe von 1,4 Millionen Franken konnten wir die Reserven leicht ausbauen. Für 2021 sieht die Ertragslage ebenfalls positiv aus.»

Gleichzeitig habe die Pandemie der Digitalisierung in Eschen-Nendlen einen Schub verliehen. «Unter Druck ist es uns gelungen, viele Prozesse einfacher zu gestalten», sagte Tino Quaderer. Nach dem Schock im März 2020 habe aber in vielen Bereichen auch bald wieder die Normalität Einzug gehalten. «Der Verkehr hat schnell wieder die Zahlen von vor dem Ausbruch der Pandemie erreicht. Die Arbeitswelt verändert sich also wohl doch nicht so schnell, wie es manchmal postuliert wird. Auf jeden Fall hat sich der Standort Eschen-Nendeln aber trotz aller Herausforderungen als Erfolgsmodell erwiesen.»

Auch das Land hat sich gut geschlagen
Aus Perspektive des Landes beleuchtete Katja Gey, die Leiterin des Amts für Volkswirtschaft (AVW), die Folgen der Pandemie und ihre möglichen Auswirkungen. Bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen hob sie vor allem die gute Zusammenarbeit zwischen Staat und Gemeinden sowie die kurzen Reaktionszeiten als Erfolgsgaranten hervor. So hätten die meisten Branchen und Unternehmen die Verluste des ersten Halbjahres 2020 im Vergleichszeitraum 2021 bereits wieder fast wettgemacht. «Auch alle für uns wesentlichen Indikatoren deuten auf eine weitere Erholung hin. Gleichzeitig gibt es mit Tourismus, Gastronomie, Eventorganisatoren und Zulieferern aber auch Branchen, die weiterhin unter grossen Unsicherheiten leiden. Dort wird es wohl eher zu einer neuen Realität als zu einer Rückkehr zur Normalität kommen. Gesamthaft sind wir als Land aber gut durch die Krise gekommen», sagte Katja Gey, die es als richtig und wichtig erachtet, dass Landtag und Regierung die Unterstützungsmassnahmen bis Ende des Jahres verlängert haben. Selbst wenn weiterhin Lieferengpässe und Rohstoffknappheit drohen, ist die AVW-Leiterin daher für die Zukunft optimistisch. Dazu trägt auch bei, dass ihr Amt bisher keine einzige Insolvenz in Liechtenstein registrieren musste, die rein auf Corona zurückzuführen ist. Herausforderungen wie Fachkräftemangel, beschleunigte Digitalisierung, Sozialversicherungsfragen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Klimawandel gelte es aber auch weiterhin besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

«Das Lokale wird wichtiger»
Das Schlussreferat gehörte Karin Frick, Leiterin Research und Geschäftsleitungsmitglied beim Gottlieb Duttweiler Institut. Die Wissenschaftlerin verwies zunächst darauf, dass niemand sicher voraussagen könne, was die Zukunft bringe. «Heute verfügen wir aber über so viele Daten wie nie zuvor. Die Kunst ist nun, sie richtig zu verbinden, um sinnvolle Aussagen treffen zu können.» Was sich auf jeden Fall abzeichne seien unter anderem Widersprüche. «Das Lokale wird wichtiger werden, während wir gleichzeitig in einer globalisierten Welt leben.» Eine Rolle spiele auch die Verunsicherung, welche die Pandemie ausgelöst haben. «Das fängt schon beim Begrüssen an, bei dem niemand so recht weiss, ober er seinem Gegenüber nun die Hand schütteln soll oder nicht.» Um zu investieren und damit die Wirtschaft als Ganzes am Laufen zu halten, müsse man aber an die Zukunft glauben.

Was Corona sicher gezeigt habe, sei, dass die Entkopplung des Arbeitsorts vom Büro funktioniere. Dies führe zu einer neuen Multilokalität. «So stellt sich auch in Bezug auf den Fachkräftemangel die Frage, ob Arbeitnehmer wirklich in Liechtenstein wohnen müssen. Denn sehr, sehr vieles lässt sich mit der richtigen Software bereits von zu Hause oder wo auch immer aus erledigen», sagte Karin Frick. Die Digitalisierung werde ohnehin noch schneller voranschreiten, virtuelle Sitzungen vielleicht bald mit Hologrammen geführt, und die Firmen hätten weniger Fixkosten. Auch eingekauft werde immer mehr von der Couch aus, was schon zur Folge habe, dass grosse Shoppingcenter in den USA nun als Amazon-Auslieferungscenter dienten.

Vertrauen entsteht im Kleinen
«In unserem Leben gibt es definitiv eine Verschiebung in Richtung zu Hause», sagte Karin Frick. Dass das soziale Leben, wie man es vor dem Ausbruch der Pandemie kannte, zu Ende ist, glaubt die Zukunftsforscherin jedoch nicht. «Gerade Liechtenstein hat dabei entscheidende Vorteile. Denn Vertrauen und damit Stabilität entstehen im Kleinen. Das wird ebenfalls wieder zu einer Besinnung auf das Lokale führen und zur Bereitschaft, trotz globaler Unsicherheiten lokal zu investieren.» Auch die starke Technologisierung von Liechtensteins Wirtschaft erweise sich als Vorteil und könne noch weiter von der weltweiten Situation profitieren. «Denn wir müssen beispielsweise unweigerlich neue Arten und Weisen finden, wie wir uns ernähren, ohne Böden zu zerstören. Dazu ist Technologie gefragt. Es zeigt sich also einmal mehr, dass Herausforderungen wirkungsvolle Innovationstreiber sind.»