UNO-Teilnahme: Interview mit Regierungsrätin Dominique Hasler

Aussenministerin Dominique Hasler sprach vor der UNO -Generalversammlung in New York.

Wir haben uns mit Aussenministerin Dominique Hasler über ihren Besuch bei der Session der Vereinten Nationen in New York mit zahlreichen Staatsoberhäuptern und MinisterInnen unterhalten.

Frau Regierungsrätin: Wie haben Sie Ihren US-Aufenthalt gestartet?

Als Auftakt besuchte ich auf Einladung der Vereinten Nationen zusammen mit zahlreichen Staatsoberhäuptern und MinisterInnen Ground Zero in New York, anlässlich des 20-jährigen Jubiläums von 9/11. Die Blumenniederlegung an diesem sehr speziellen Ort und in einem würdevollen Umfeld war ein bewegender Moment. Es war mir persönlich wichtig, den Opfern und Hinterbliebenen sowie der Stadt New York bei meinem ersten Besuch als Aussenministerin Liechtensteins Anteilnahme auszusprechen.

Wie verlief die Generaldebatte für Sie?

Zum ersten Mal bei Eröffnung der Generaldebatte dabei zu sein, war in vielerlei Hinsicht beeindruckend. Besonders erfreulich war natürlich, dass wir uns zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie in der imposanten GV-Halle versammeln konnten. Der Auftakt war dann unvergesslich – der UN-Generalsekretär, dann der GV-Präsident, gefolgt vom brasilianischen Präsidenten Bolsonaro und dann natürlich die Rede von US-Präsident Biden. Das Bewusstsein, an der zentralen Debatte der Weltdiplomatie teilzunehmen, ist eine eindrückliche Erfahrung. In meiner Rede hob ich die Wichtigkeit des Multilateralismus, der Rechtstaatlichkeit und internationaler Solidarität hervor – aber auch die wichtige Rolle von Kleinstaaten, insbesondere diejenige Liechtensteins. Gerade in Krisenzeiten wie der Pandemie sind wir auf ein starkes internationales Regelwerk und internationale Zusammenarbeit angewiesen. Die UNO ist das einzige universelle Gremium für die Bewältigung globaler Herausforderungen. Wenig überraschend stand die Generaldebatte im Zeichen der Pandemie und der Bedrohung durch den Klimawandel.

Wie gehen die Vereinten Nationen mit der COVID-19 Pandemie um?

Wie wir alle wurde die UNO zu Beginn vom Ausmass der Pandemie überrascht – und gerade in New York war die Situation ja zu Beginn der Pandemie dramatisch. Nach einem kurzen Stillstand hat die UNO allerdings ihre Arbeiten effizient weitergeführt. Auch Liechtenstein hat mit zwei initiierten Resolutionen in der Generalversammlung (zu internationaler Solidarität und zu elektronischer Beschlussfassung) einen wichtigen Beitrag geleistet. Während der hochrangigen Woche wurden natürlich Sicherheits- und Hygieneprotokolle strengstens eingehalten. So wurden wir etwa vom UNO-Protokoll angehalten – keine Hände zu schütteln, vermutlich zum ersten Mal in der Geschichte der UNO. Viele der grösseren Treffen fanden virtuell statt, aber ich hatte auch Gelegenheit zu zahlreichen persönlichen Treffen.

Wie wichtig war das Thema Afghanistan? Wie sehen Sie die Situation?

Afghanistan war ein wichtiges Thema in vielen Reden – so auch in meiner. Besonders habe ich auf die dramatische Situation von Frauen und Mädchen hingewiesen und an die besondere Verantwortung der UNO erinnert – aus meiner Sicht ist die Bewältigung dieser Krise ein kollektive Herausforderung für uns alle. Im Verlauf der Woche haben die Taliban Anspruch darauf erhoben, das Land nun bei der UNO zu vertreten. Darauf wurde zwar vorläufig nicht eingegangen, aber der Druck wird zunehmen.

Welchen Programmpunkt empfanden Sie als besonders wertvoll?

Ein sehr besonderer Anlass war das traditionelle Abendessen mit Aussenministerinnen aus der ganzen Welt und weiblichen Führungsfiguren des UNO-Sekretariats – ich war zusammen mit meiner schwedischen Amtskollegin Gastgeberin. Dass zahlreiche Gäste ihren Weg in die liechtensteinische Residenz gefunden haben, hat mich sehr berührt. Wir hatten Gelegenheit zu sehr offenen und informellen Gesprächen in einem schönen und ungezwungenen Rahmen. Frauen sind immer noch eine klare Minderheit in Führungspositionen in der Aussenpolitik, unser Zusammenhalt bildet auch eine wichtige Basis, Vorbild für Frauen und Mädchen zu sein.

Was war Ihr persönliches Highlight während ihrer ersten US-Reise?

Sicherlich ein Höhepunkt war die Vertiefung in unsere Arbeiten in New York und Washington und das persönliche Kennenlernen unserer Teams. Liechtenstein hat durch das unermüdliche Engagement in langen Jahren eine hohe Sichtbarkeit und ein eigenständiges Profil bei den Vereinten Nationen erarbeitet. Ich konnte das während meines Besuchs immer wieder auf eindrückliche Weise erleben. Auch in Washington ist unsere Botschaft bestens mit den vor Ort ansässigen liechtensteinischen Firmen sowie den politischen Akteuren vernetzt. Die weitere Entwicklung unserer wirtschaftlichen Interessen ist auch unserem neuen Botschafter wichtig. Mir persönlich ist es ein grosses Anliegen, die äusserst wertvolle Arbeit der Botschaften im Inland sichtbar zu machen. Für einen Kleinstaat sind eine gute Vernetzung und starke Partnerschaften unerlässlich, dafür werden wir uns weiterhin mit aller Energie einsetzen.