Interview mit FBP-Präsident Rainer Gopp

Am 24. Juni 2021 ist Rainer Gopp vom Parteitag einhellig zum neuen Präsidenten der Fortschrittlichen Bürgerpartei FBP gewählt worden. Für uns Anlass, mit ihm darüber zu sprechen, wie er die Zukunft der Partei sieht, wie er sie führen will und welche Themenbereiche zuoberst auf der politischen Agenda stehen werden.

Rainer, du bist am Parteitag vom 24. Juni 2021 zum neuen FBP-Präsidenten gewählt worden. Wie hast du die Zeit seit der Wahl erlebt?
Rainer Gopp:
Spannend! Ich habe nach der Wahl viele positive Rückmeldungen erhalten. Diese haben mir den Einstieg leicht gemacht. Da ich als geschäftsführender Präsident eingesetzt wurde, habe ich mich sowohl mit der administrativen Einarbeitung beschäftigt als auch gemeinsam mit Fraktion und Präsidium um das Themensetting gekümmert. Dies und einiges mehr stand in diesen gut zwei Monaten an. Ich darf sagen, dass mir die Arbeit grosse Freude bereitet.

Nach der Wahl kam es rund um die Personalie der ehemaligen Regierungsrätin Dr. Katrin Eggenberger zu Differenzen innerhalb der Bürgerpartei. Wie bewertest du die damaligen Vorgänge mit einem Abstand von einigen Monaten?
Ja, dies waren keine guten Wochen für die FBP. Wir sind dabei, viele interne Gespräche zu führen. Ziel soll es sein, dass wir aus dem Geschehenen für die Zukunft entsprechende Lehren ziehen können. Ich bin überzeugt, dies wird uns gut gelingen.

Welche politischen Themen müssen deiner Meinung nach prioritär behandelt werden?
Einiges davon ist in den Koalitionsvertrag eingeflossen. Dieser bildet die Basis für die Regierungsarbeit der nächsten vier Jahre. Für mich und auch für uns als FBP steht die Klima- und Energiepolitik als ein Hauptthema fest. Für mich enthalten zudem die Konsequenzen aus dem demografischen Wandel einige Themen, die dringend angegangen werden müssen. Es braucht beispielsweise zukunftsfähige Konzepte für die Altersvorsorge und die Pflege. Auch Wohn- und Lebensformen im Alter muss die Politik unbedingt im Fokus haben. Solide Staatsfinanzen sind zentral wichtig – dennoch müssen wieder zukunftsweisende Investitionen getätigt werden. Dazu gehören insbesondere auch Infrastrukturprojekte im Bereich Verkehr / Mobilität, dort brauchen wir Lösungen. Endlich angehen sollten wir die Aufgabenentflechtung von Staat und Gemeinden sowie ein Konzept für die Raumplanung. Der FBP sind zudem Innovationen und somit die Wirtschaftspolitik stets ein Anliegen. Gerade in Zeiten von Corona hätte ich mir von der Politik im Jahr 2020 mehr für die Wirtschaft erwartet. Die genannten und andere Themen wird die FBP in den nächsten Monaten in die politische Diskussion einbringen.

Stichwort Corona: Die Impfpolitik und die mangelnde Bereitschaft, sich impfen zu lassen bewegen derzeit die Gemüter. Was könnte man deiner Meinung nach tun, um die Impfquote zu erhöhen, die gegenwärtig bei rund 53  Prozent liegt?
Ich möchte vorausschicken, dass die Politik in dieser schwierigen Zeit der Pandemie aus meiner Sicht gut gearbeitet hat. Für mich persönlich ist nun aber die Zeit der Eigenverantwortlichkeit gekommen. Alle Menschen hatten die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, viele haben davon Gebrauch gemacht. Einige werden sicherlich noch dazu kommen. Eine direkte wie auch eine indirekte Impfpflicht ist für mich indiskutabel. Die Entscheidungsfreiheit der Menschen, auch in Bezug auf eine Impfung, muss meines Erachtens stets möglich bleiben.

Das Klima als Folge der selbstproduzierten Erderwärmung beschäftigt heute alle Länder dieser Erde. Wir leben heute in einem etwa zwei Grad wärmeren Liechtenstein als noch unsere Vorfahren vor 150 Jahren. Können wir als kleines Land überhaupt dagegen etwas tun? Und falls ja, was?
Was die Auswirkungen der Erderwärmung auf das Klima betrifft, ist es wohl schon mehr als 5 vor 12. Es ist also höchste Zeit, alle Hebel in Bewegung zu setzen, denn überall auf dem Planeten sehen wir immer wieder Konsequenzen der Klimaveränderung. Die Klimapolitik ist eine Aufgabe von uns allen. Ich bin überzeugt, dass auch Liechtenstein als kleines Land seinen Beitrag dazu leisten muss, selbst wenn dieser Beitrag global gesehen sehr klein ist.

Dabei gilt es zum Beispiel, die Umsetzung der Energiestrategie kritisch zu begleiten und allenfalls noch ambitiöser zu werden. Umweltministerin Sabine Monauni wird sich um die Klimastrategie kümmern, und auch wir als FBP werden diesbezüglich einen Schwerpunkt setzen – die Basis dazu hat eine FBP-Arbeitsgruppe bereits erarbeitet. Ich bin sogar überzeugt, wir in Liechtenstein könnten in Bezug auf die erneuerbare Energie, Gebäudesanierungen und anderen Massnahmen ein Vorzeigeland sein. Wir müssen dies nur wollen.

Ein Thema, das unsere Bevölkerung sehr beschäftigt, sind die vielen Casinos im Land. Welches ist die Strategie der FBP, um auf ein vernünftiges und adäquates Mass zu kommen?
Zu diesem Thema hört man nur die beiden Extreme. Jene, die diesen Wirtschaftszweig gerne drastisch einschränken würden und auf der anderen Seite die Interessensvertreter der Casinos. Aus heutiger Sicht war der politische Entscheid von damals, das Konzessionssystem zugunsten einer Polizei- oder Gewerbebewilligung aufzugeben, wohl ein Fehler.

Sabine Monauni hat als Wirtschaftsministerin rasch reagiert und mit einer entsprechenden Verordnungsänderung bereits steuernd in den Markt eingegriffen. Diesen Schritt haben wir unterstützt. Ich bin überzeugt, dass es über kurz oder lang ohnehin zu einer Bereinigung auf dem Casino-Markt kommen wird. Ebenso begrüsse ich das Vorhaben der Wirtschaftsministerin, eine rasche Einigung mit der Schweiz bezüglich des Austauschs der Sperrlisten zu erzielen. Eine drastische Anhebung der Geldspielabgabe oder gar ein kompletter Systemwechsel würde unsere Glaubwürdigkeit als verlässlicher Wirtschaftsstandort aber in Frage stellen. Als wirtschaftsfreundliche Partei sehen wir das kritisch. Darum sollte man es meines Erachtens nun damit bewenden lassen, zumal die Kontrollsysteme für die Casinos als auch für die Spieler funktionieren.

Nach dem Nein im Jahr 2020 zur S-Bahn bleibt die prekäre Verkehrslage weiterhin im Fokus. Wie stehst du zur derzeitigen Situation von Verkehr und Mobilität in Liechtenstein und wie könnte man dieses Problem längerfristig lösen?
Wir brauchen eine ganzheitliche Lösung, die alle Verkehrsteilnehmer miteinbezieht. Es gibt ein tolles Konzept der IG Mobiles Liechtenstein. Dies könnte eine gute Basis sein, um langfristig für das ganze Land eine nachhaltige Lösung zu entwickeln. Dabei sollten alle möglichen Lösungen, auch ein Road Pricing, zumindest geprüft werden.

Wie beurteilst du die bisherige Arbeit der zwei FBP-Regierungsmitglieder Sabine Monauni und Manuel Frick?
Angesichts der anspruchsvollen Themen, die unsere beiden neuen Regierungsmitglieder übernommen haben, haben beide bis anhin eine sehr gute Arbeit geleistet. Sabine Monauni musste beispielsweise neben den Casinos mit dem Jagdgesetz wie auch mit der Hochspannungsleitung in Balzers schwierige Dossiers von ihren Vorgängern übernehmen, die von diesen leider keiner Entscheidung zugeführt wurden. Manuel Frick ist wie sein Vorgänger stark mit der Corona-Thematik beschäftigt, wird aber nächstens dennoch zukunftsgerichtete Vorschläge in der Sozialpolitik, wie etwa die Sicherung der AHV, präsentieren. Die Zusammenarbeit mit unseren beiden Regierungsmitgliedern funktioniert sehr gut, und ich freue mich auf regen Austausch zu Fragen der Zukunft.

Du hast unter anderem angekündigt die FBP-Ortsgruppen zu stärken und so das Ohr näher am Volk zu haben. Wie willst du konkret vorgehen?
Ich bin überzeugt, dass auch meine Vorgänger ihr Ohr beim Volk hatten. Aber ja, ich habe mir zum Ziel gesetzt, möglichst nah bei den Ortsgruppen zu sein. Bereits in den ersten zwei Monaten konnte ich die Mehrheit der Ortsgruppenvorstände besuchen. Diese Treffen und weitere gemeinsame Aktionen wirken sich bestimmt sehr befruchtend auf die Arbeit des Präsidiums aus.

Wie erholst du dich von deinem stressigen Alltag? Hast du Hobbys?
Ich bin ja neben meinem Präsidentenamt auch noch anderweitig beruflich tätig. Zwei Unternehmensbeteiligungen geben mir eine tolle Abwechslung zur Politik. In der Freizeit stehen meine Familie und vor allem Unternehmungen mit meiner Tochter im Fokus. Selbst versuche ich, so oft es geht Sport zu treiben. Kürzlich war ich beispielsweise auf einer dreitätigen Biketour mit zwei Freunden – dies sind die Sachen, die viel Energie geben. Im nächsten Winter soll es dann auch wieder einmal der Engadin-Skimarathon sein. Ein wichtiger Ausgleich ist auch das Jassen mit Freunden … und die Bucket List ist noch lang. 


Das FBP-Präsidium 

Rainer Gopp, Parteipräsident (neu)
Judith Hoop, Vizepräsidentin Unterland (neu)
Marcel Kaufmann, Vizepräsident Oberland (neu)
Albert Frick, Landtagspräsident (von Amtes wegen)
Daniel Oehry, Fraktionssprecher (von Amtes wegen)
Sabine Monauni, Regierungschef-Stellvertreterin (von Amtes wegen)
Manuel Frick, Regierungsrat (von Amtes wegen)
Markus Büchel, Vertreter der Senioren in der FBP (bisher)
Clarissa Frommelt, Vorsitzende der Frauen in der FBP (bisher)
Anton Beck, Vorsitzender der Jungen FBP (neu)
Anja Meier-Eberle, Vertreterin der Ortsgruppen (bisher)
Leila Frick-Marxer, Beisitzerin (neu)