«Ich bin klug. Ich.» – TAK mit zeitlos aktuellem Motto

«Julius Caesar»: Ein 500 Jahre alter Stoff, bezogen auf 1500 Jahre zurückliegende Ereignisse, bildet den Auftakt in die Spielzeit 2021/22 des TAK Theater Liechtenstein. Gleichzeitig steht der Inhalt des Shakespeare-Stücks für Intendant Thomas Spieckermann symbolhaft für Vorgänge, die sich heute rund um den Diskurs über die Corona-Pandemie wiederholen. Eine Pandemie, der das TAK mit viel Einsatz so gut wie möglich getrotzt hat. Nun hoffen die Verantwortlichen aber, wieder zur altgewohnten Normalität zurückkehren zu können.

Die vergangenen anderthalb Jahren waren, wie für so viele Branchen, auch für das Theater keine einfache Zeit. «Im TAK hatten wir nach dem ersten Shutdown im Frühjahr 2020 das grosse Glück, unseren Spielbetrieb im Herbst 2020 bis Weihnachten aufrechterhalten zu können, obwohl die Theater in den Nachbarländern nach dem Sommer bald in den Lockdown gingen. Zeitweise – in den Wochen vor Weihnachten – waren wir vermutlich das einzige Theater in Europa, das noch Vorstellungen vor Publikum gespielt hat», sagt Intendant Thomas Spieckermann. Seit dem 1. März 2021 darf das TAK wieder Vorstellungen öffentlich anbieten. Damals zunächst mit einer Begrenzung auf zehn Personen, ab Mitte April konnten 50 Zuschauer eine Vorstellung besuchen. Im Juni fielen die Beschränkungen schliesslich weitgehend – wobei Maskenpflicht sowie Hygiene- und Abstandsregeln nach wie vor ihre Gültigkeit hatten. 

März 2021: Spielbetrieb vor zehn Zuschauern
Zunächst war für das TAK aber rund um Corona viel Flexibilität gefragt. «Das geplante Programm liess sich mit den anfänglich sehr engen Beschränkungen nicht durchführen. Wir haben in dieser Phase stattdessen einen neuen Spielplan aufgestellt und den Fokus auf Künstlerinnen und Künstler aus Liechtenstein gelegt. Es war berührend zu sehen, wie sehr die Darsteller und die Zuschauer den Live-Auftritt vermisst haben. Auf und vor der Bühne haben wir so manche gerührte Träne gesehen», sagt Spieckermann. Der Entscheidung für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor zehn Besuchern lagen dabei keine wirtschaftlichen Erwägungen zugrunde. «Vielmehr sollte es ein Zeichen dafür sein, wie wichtig Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft sind, welch entscheidender Aspekt im Leben von uns Menschen über Monate hinweg aus den bekannten Gründen nicht stattfinden konnte. Wir wollten für die Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne und für unsere Besucher da sein und Kunst wieder erlebbar machen.» 

Aktuelle Tendenzen und ihre Parallelen
Angesichts des organisatorisch anspruchsvollen Frühjahrs starten die TAK-Verantwortlichen mit umso mehr Motivation in die neue Spielzeit. Sie beginnt am 11. September, trägt den Titel «Ich bin klug. Ich.» und ist auf aktuelle Tendenzen bezogen, die aber auch ihre Parallelen in der Vergangenheit haben. «Nicht erst in der Pandemie, aber besonders in dieser für alle schwierigen Zeit, hatte das Ich Konjunktur. Egozentrik und Narzissmus werden nicht nur in der Politik und Wirtschaft teils offen zur Schau gestellt. Das subjektive Empfinden feiert sich als allein gültiger Massstab und trotzt der Wissenschaft», sagt Thomas Spieckermann. Das Motto «Ich bin klug. Ich.» überzeichne diese Tendenz ganz bewusst.

Exakt zum Motto passt auch ein Teil des Spielplans. Dies beginnt schon mit der Eröffnungspremiere am 11. September. Ein Ensemble um die beiden Liechtensteiner Darsteller Andy Konrad und Karin Ospelt gibt Shakespeares «Julius Caesar». «Regisseur Oliver Vorwerk widmet sich einem 500 Jahre alten Stoff, der sich auf Ereignisse bezieht, die nochmals 1500 Jahre zurückliegen. Dennoch ist der Inhalt aktueller denn je, und die Parallelen zur Gegenwart sind erstaunlich. Die Mörder um Brutus und Marc Anton zerstören mit ihrer Tat Strukturen – ohne tiefere Einsicht und ohne Blick für die Zukunft. Sie handeln in einer politisch aufgeheizten Atmosphäre vermeintlich für das Volk, aber letztlich für sich selbst, da sie denken, was sie für richtig halten, sei auch das Richtige für die Allgemeinheit. Oliver Vorwerk hat in diesem Zusammenhang festgehalten: ‹Vom Freiheitskämpfer zum Terroristen ist es ein kleiner Schritt›», sagt Thomas Spieckermann.

Das subjektive Empfinden feiert sich als allein gültiger Massstab und trotzt der Wissenschaft Das Motto ‹Ich bin klug. Ich.› überzeichnet diese Tendenz ganz bewusst.

Thomas Spieckermann, TAK-Intendant

 

Theater wirkt entgegen und schafft Gemeinschaft
Das Theater an und für sich ist für Thomas Spieckermann ein deutlicher Gegenpart zu dieser über die Jahrtausende in der Gesellschaft einmal mehr, einmal weniger immanenten Ich-Bezogenheit, welche von den Sozialen Medien nochmals befeuert werde. «Theater ist ein Gesellschaftswerk in doppeltem Sinne: Es ist im Probenprozess immer Teamwork. Der Arbeitsprozess erfordert Ko-Kreationen aller künstlerisch und technisch Beteiligten. Und vor allem die Vorstellungen sind nur möglich im konstruktiven Miteinander aller Anwesenden, insbesondere auch der Zuschauerinnen und Zuschauer.» Die Kultur führe im Allgemeinen und das Theater im Besonderen weg vom Ich, hin zur Gemeinschaft. «Man tauscht sich aus, gewinnt neue Erkenntnisse und nimmt einen konstruktiven Part ein. Das Theater versammelt uns wie kein anderes soziales System in konstruktiver Weise als Gesellschaft von Individuen.»

Davon überzeugen können sich die Theaterfreunde in Liechtenstein und der Region in einer ganzen Reihe von TAK-Produktionen und Gastspielen namhafter ausländischer Ensembles. «Ein weiteres besonders Highlight ist für mich die Uraufführung des Stücks ‹Für immer die Alpen› des Liechtensteiner Schriftstellers Benjamin Quaderer, welches das TAK zusammen mit dem Staatstheater Mainz auf die Bühne bringt und in dem der Liechtensteiner Schauspieler Thomas Beck eine zentrale Rolle einnimmt», sagt Thomas Spieckermann. Er ergänzt: «Überhaupt ist es mir eine Freude, dass grosse Häuser wie die Theater aus Basel, Zürich oder Berlin regelmässig im TAK zu Gast sind.»

Mit Shakespeares «Julius Caesar» eröffnet das TAK heute in einer Woche seine Spielzeit 2021/22.

Moderne und klassische Musik in den Sälen
Das Programm des TAK besteht aber bekanntlich nicht nur aus Schauspiel. Konzerte nehmen ebenfalls einen wichtigen und vom Publikum geschätzten Platz im Spielplan ein. «Auch diesbezüglich konnten wir eine Reihe von bekannten Künstlern für einen Auftritt gewinnen. Ganz besonders freue ich mich auf das ‹Branford Marsalis Quartet›, das sein Können im April im SAL zeigt. Die Jazzlegende Marsalis und ihre Band sind schon einmal bei uns aufgetreten – es ist unglaublich, welche Darbietung sie auf der Bühne liefern. Es ist ein beeindruckendes Erlebnis, ihnen zuzuhören», sagt Thomas Spieckermann.

Neben moderner Musik sind die «TAK Vaduzer Weltklassik Konzerte» ebenfalls eine feste Grösse im Programm des TAK. Dazu gehören lokale Meister wie das Sinfonieorchester Liechtenstein genauso wie das Kammerorchester Basel oder The European Philharmonic of Switzerland und die Wiener Sängerknaben. Auch feiert das TAK ein Wiedersehen mit den weltberühmten Pianisten Martha Argerich und Rudolf Buchbinder.

«Wir blicken voller Optimismus auf die neue Theatersaison. Nach den vergangenen, schwierigen anderthalb Jahren ist die Sehnsucht gross, wieder gemeinsam packende Theaterabend und schwelgende Konzerte zu geniessen und die Künstlerinnen und Künstler live auf der Bühne zu erleben.», sagt Thomas Spieckermann, der sich nun auf den kommenden Samstag freut, wenn es wieder heisst «Vorhang auf im TAK».


Infos:

Das gesamte TAK-Programm der Spielzeit 2021/22 sowie alle Informationen zu
Buchungen und Auskunftspersonen finden sich unter www.tak.li.