Starker Finanzsektor in der Pandemie

Die Covid-19-Pandemie war das prägende Ereignis des Jahres 2020 für den Finanzsektor und die Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein.

  • Die Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein veröffentlichte heute anlässlich ihrer Jahresmedienkonferenz den Geschäftsbericht und die Publikation „Finanzplatz Liechtenstein“.
  • Der liechtensteinische Finanzplatz verzeichnete im Jahr 2020 trotz Pandemie gute Ergebnisse und bleibt auf Wachstumskurs; der Finanzsektor war eine wichtige Stütze für die Realwirtschaft.
  • Die FMA hat ihre Aufsichtstätigkeit auch in der Pandemie dank hoher digitaler Reife uneingeschränkt wahrnehmen können.
  • Die Herausforderungen für den Finanzsektor und die Risiken sind mit der Covid-19-Pandemie gestiegen. Das erfordert von der FMA hohe Wachsamkeit.

Trotz ausserordentlicher Bedingungen und Turbulenzen an den Finanzmärkten war der Finanzsektor voll funktionsfähig und stabil. Er leistete für die Realwirtschaft und die Bevölkerung unentbehrliche Dienste wie beispielsweise im Zahlungsverkehr, in der Kreditvergabe oder in der Versicherung. Die FMA hat in der Pandemie dank ihrer hohen digitalen Reife ihren Geschäftsbetrieb vollumfänglich aufrechterhalten können und die notwendigen aufsichtlichen Massnahmen zeitnah gesetzt. Mit der dezentralen Arbeitsweise gewährleistete die FMA zudem den Schutz der Mitarbeitenden.

Die Covid-19-Pandemie stellte die FMA vor die Herausforderung, ihren gesetzlichen Auftrag im Rahmen der regulatorischen Vorgaben flexibel und zugunsten des wirtschaftlichen Gesamtbilds auszuüben. Im Fokus standen die Prüfung der Weiterführung des Geschäftsbetriebs der Finanzintermediäre und die Kontrolle von finanziellen Risiken. Die Finanzinstitute wurden angehalten, ihren regulatorischen Spielraum auszunutzen und die Realwirtschaft mit Krediten zu versorgen, um so eine Kreditklemme zu verhindern. Die FMA hat zur operationellen Entlastung der Finanzintermediäre in Abstimmung mit den Europäischen Aufsichtsbehörden verschiedene zeitlich befristete Erleichterungen, beispielsweise bei Vor-Ort-Kontrollen oder bestimmten Meldepflichten, vorgenommen. Zur laufenden Beurteilung der Risikosituation und der finanziellen Lage hat die FMA im Einklang mit den Europäischen Aufsichtsbehörden jedoch auch zusätzliche Meldepflichten eingeführt.

Finanzplatz auf Wachstumskurs
Die verwalteten Kundenvermögen der liechtensteinischen Banken inklusive der ausländischen Gruppengesellschaften stiegen im Jahr 2020 um 4,5% auf CHF 365,4 Mrd. Die harte Kernkapitalquote (CET1) des gesamten Bankensektors stieg von 20,0% auf 21,7%. Die Kapitalisierung ist im EU-Vergleich deutlich überdurchschnittlich. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit betrug für den Bankensektor CHF 543,4 Mio. gegenüber CHF 639,5 Mio. im Vorjahr. Das Fondsvolumen lag Ende 2020 bei CHF 59,1 Mrd. (2019: CHF 58,8 Mrd.). Die verwalteten Kundenvermögen der Vermögensverwaltungsgesellschaften stiegen 2020 um rund 6% auf CHF 53 Mrd. Die Versicherungsunternehmen nahmen im Jahr 2020 CHF 5,54 Mrd. an Prämien ein, gleichviel wie im Vorjahr.

Risiken für die Finanzstabilität erfordern hohe Wachsamkeit
Die FMA beurteilt die Risiken für die Finanzstabilität trotz der negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Volkswirtschaften als begrenzt. Ein möglicher Anstieg der Kreditausfälle, die hohe Bewertung an den Aktienmärkten, das Niedrigzinsumfeld, Inflationsrisiken und die unsichere Entwicklung der Volkswirtschaften erfordern jedoch eine hohe Wachsamkeit zur Gewährleistung der Finanzstabilität. Der Liechtensteiner Finanzsektor profitiert von hohen Kapital- und Liquiditätspuffern, die nicht nur die Verlustabsorptionsfähigkeit in der Krise erhöhen, sondern auch das Vertrauen der Kunden und Märkte in den Finanzplatz stärken.

Mehrere Verfahren wegen Verstössen gegen das Sorgfaltspflichtgesetz
Per Ende 2020 führte die FMA 28 Verwaltungsverfahren sowie 18 Verwaltungsstrafverfahren. Im Jahr 2020 konnten 139 Verfahren bzw. Vorerhebungen abgeschlossen werden. Verschiedene Verfahren und Vorerhebungen gegen Finanzintermediäre wurden wegen Verletzung der Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei geführt. Weitere Gegenstände von Verfahren waren u.a. Gewährserfordernisse des Aktionariats, Meldepflichtverletzungen, Mindestliquiditätsquote, Anforderungen an den Verwaltungsrat und Verdacht auf Insiderhandel. Die FMA verfügte wegen Verstössen gegen das Sorgfaltspflichtgesetz fünf rechtskräftige Bussen in der Höhe von CHF 939 000. Insgesamt verhängte die FMA 18 rechtskräftige Bussen in der Höhe von CHF 1 035 500. Die Sanktionen werden auf der Website der FMA veröffentlicht. Die von der FMA erhobenen Bussen fliessen in die Staatskasse.

Aufsichtsschwerpunkt Geldwäschereiprävention
Die Prüfung der Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäscherei bildet auch für das Jahr 2021 ein Aufsichtsschwerpunkt. Die Kontrolltätigkeit folgt einem strikt risikobasierten Ansatz. Je höher die Einstufung eines Finanzintermediärs bezüglich möglicher Bedrohungen ist, desto intensiver gestaltet sich die Aufsicht. Die FMA hatte im April 2019 die Geldwäschereiprävention in einer Organisationseinheit konzentriert und personell verstärkt. Das Geldwäschereiabwehrdispositiv Liechtensteins wird im September 2021 durch MONEYVAL überprüft werden.

Erste Registrierungen von VT-Dienstleistern
Anfang 2020 trat das Gesetz über Token und VT-Dienstleister (TVTG) in Kraft. Ende 2020 waren zehn Unternehmen für 24 Dienstleistungen nach dem TVTG registriert. Der FMA obliegt die Registrierung der VT-Dienstleister und die anlassbezogene Aufsicht. Das Gesetz definiert die rechtlichen Anforderungen für das Erbringen von Dienstleistungen auf VT-Systemen. VT-Systeme sind auf vertrauenswürdigen Technologien beruhende Transaktionssysteme, die eine Vielzahl von wirtschaftlichen Dienstleistungen ermöglichen. Das bekannteste Beispiel ist die Blockchain.