Corona: Kann Indien-Mutante gefährlich werden?

Legende: Die Zahl der Corona-Fälle steigt in Indien schneller an als irgendwo sonst auf der Welt. © Ajit Solanki/dpa

Der deutsche Virologe Christian Drosten zeigt sich weiterhin gelassen

Indien durchlebt momentan- nicht zuletzt aufgrund der Liederlichkeit der Regierung- einen Shock-down. Täglich infizieren sich mehrere Hunderttausend Personen an der Corona-Doppelmutation B.1.617 und haben das Land in eine Art Starre versetzt. Täglich steigen die Zahlen weiter, ein Ende ist nicht in Sicht. Viele Tausend sterben täglich wegen der fehlenden medizinischen Versorgung. Aber wie gefährlich ist diese Doppel-Mutation in Indien wirklich und wie gut helfen Impfstoffe?

Der bekannte deutsche Virologe Christian Drosten aus Berlin zeigt sich angesichts der bisherigen Erkenntnisse über die indische Corona-Variante B 1.617 weiter relativ gelassen. Anhand der sehr kleinen verfügbaren Datenbasis lasse sich schließen, dass die Mutante nicht allein die heftige Infektionswelle in dem Land verursache, „sondern das ist mehr eine bunt gemischte Virus-Population“, sagte der Wissenschaftler von der Charité in Berlin im Podcast „Coronavirus-Update“ (NDR-Info) vom Dienstagabend. Auch die ansteckendere Variante B.1.1.7, die mittlerweile in Deutschland und Europa dominiert, sei stark vertreten.

Mehrere Effekte kommen in Indien zusammen

In Indien kommen derzeit aus Sicht Drostens mehrere Effekte zusammen: Herdenimmunität sei dort einer Studie zufolge bei weitem noch nicht erreicht gewesen. Es werde nun eine Bevölkerung durchseucht, die schon ein bisschen die Anfangsimmunität aus den bisherigen Wellen zu verlieren beginne, sagte der Virologe. Gleichzeitig sei die Variante B.1.617 etwas verbreitungsfähiger und robuster gegen die Immunität. In der Fachsprache ist von Immunescape (Immunflucht) die Rede. Diese Eigenschaft sei bei B.1.617 leicht ausgeprägt. Das sei auch im Vergleich mit anderen Varianten „nichts, was einen wirklich groß beunruhigt“.

Indien-Variante wird medial überschätzt

Im Moment halte er die Variante B.1.617 „in der Medienbewertung (für) überschätzt“, sagte Drosten. Auch gebe es keine Belege, dass Menschen durch sie schwerer erkrankten. „Wenn viele Leute zur gleichen Zeit infiziert werden, dann hat man auch bei den jüngeren Altersgruppen auf einmal, absolut gesehen, ganz viele Kranke in einem kurzen Zeitfenster.“ In Indien sei zudem die Grundgesundheit der Bevölkerung weniger gut als in Deutschland, was den Effekt der jüngeren Bevölkerung wieder etwas ausgleiche.