Das Schulamt organisierte am vergangenen Mittwoch den 5. Pädagogischen Dialog, der aufgrund der Corona-Pandemie erstmals online stattfand. Rund 130 Lehrpersonen, Schulleitende und Mitarbeitende des Schulamtes nutzten die Möglichkeit zu Weiterbildung, Information und Austausch im Kontext des Themas „Fakt oder Fake?“.
Der digitale Wandel hat längst auch in Liechtenstein die Schulen erfasst. Amtsleiter Arnold Kind hielt in seiner Ansprache zu Beginn des 5.Pädagogischen Dialogs fest: „Ich begrüsse diesen technologischen Wandel deshalb, weil ich weiss, dass an unseren Schulen der richtige Umgang mit der Digitalisierung gelehrt wird.“ Und auch der Blick ins Programm des diesjährigen Pädagogischen Dialogs zeige ihm ganz deutlich, welchen Stellenwert ein kompetenter Umgang mit Digitalisierung an unseren Schulen habe.
Vier Trenddiagnosen zur vernetzten Welt
Der bekannte deutsche Medienwissenschaftler Dr. Bernhard Pörksen referierte anschliessend zum Thema „Fakt oder Fake? Wie Gerüchte und Lügen blitzschnell um die Welt gehen und warum die Wahrheit UNS braucht!“. Pörksen arbeitet als Professor an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Zuletzt schrieb er mit Friedemann Schulz von Thun das Buch: „Die Kunst des Miteinander-Redens. Über den Dialog in Gesellschaft und Politik“. In seinem Referat betonte Pörksen, dass Fake-News als Symptom der vernetzten Welt verstanden werden müssten. Er zeigte vier Trenddiagnosen auf, die die neue digitale Welt bestimmten: neue Geschwindigkeit, neue Ungewissheit, neue Anreize und neue Manipulationsmöglichkeiten.
Eine Datenbank der Sehnsüchte
„Information ist (heutzutage) schnell, die Wahrheit braucht aber (seine) Zeit“, hielt Pörksen zu seiner ersten Trenddiagnose fest und beschrieb damit ein zentrales Dilemma des heutigen Tagesjournalismus. Die Journalisten befänden sich in einem Wettbewerb zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit. Weiters erläuterte er seine These, dass wir Menschen „gewissheitsbedürftige Wesen“ seien. Die Neuen Medien führten aber eben zu einer neuen Ungewissheit. „Mehr Informationen machen uns nicht mündiger, sondern erhöhen die Desinformation“, sagt er mit Blick auf die unzähligen Scheingewissheiten, die im Netz barrierefrei zugänglich seien. Das Netz sei auch eine Datenbank der Sehnsüchte. Die neuen Anreize, die es liefere, könnten mittels Netzanalytikern unmittelbar auf ihre Wirkung überprüft werden. So sei eine ganze „Erregungsindustrie“ entstanden, die die Menschen bediene. Nicht zu vergessen seien die Manipulationsmöglichkeiten, die das Netz biete: Fake-News, Fake-Identitäten, Deep-Fake sowie Bots und Trolle.
Medienkompetenz als Bildungsauftrag
Um diesen Schattenseiten des Internets adäquat zu begegnen, appellierte Pörksen unter anderem an die Lehrpersonen, die einen immens wichtigen Bildungsauftrag im 21. Jahrhundert hätten: „Es gilt den Einzelnen in seiner Medienkompetenz zu stärken!“ Insofern begrüsste er die Entwicklung, die in Liechtenstein mit dem neuen Lehrplan „LiLe“ eingesetzt habe. Der LiLe stellt nämlich sicher, dass Kinder und Jugendliche in der Schule ausreichende Informatik- und Medienkompetenzen erwerben, um sich erfolgreich in einer zunehmend digitalisierten Welt bewegen zu können. Die Schule habe noch die Möglichkeit zum „Lagerfeuermoment des Wissens“, so Pörksen. „Man sitzt um ein gemeinsames Feuer und bespricht Chancen und Risiken.“
Im Anschluss an das Referat schlug Marcel Kaufmann, Leiter des Zentrums für Schulmedien, eine thematische Brücke zum Schulalltag in Liechtenstein. Er skizzierte in seinen Ausführungen exemplarisch drei praxisnahe Unterrichtsbeispiele, wie Medienkompetenz über die drei Zyklen des Lehrplans verteilt verankert werden kann.