S-Bahn: Grosser Mehrwert für Lebens- und Wirtschaftsraum

Christoph Gasser-Mair, ÖBB-Pressesprecher

Im Interview mit Dr. Christoph Gasser-Mair, ÖBB-Pressesprecher, kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Güterverkehr bei Realisierung der S-Bahn Liechtenstein zwischen Feldkirch und Buchs nur eine moderate Entwicklung einnehmen wird. Der Mehrwert der S-Bahn ist für die Gesellschaft bezüglich dem unmittelbaren Lebens- und Wirtschaftsraum sehr hoch.

Welchen Nutzen ergibt die S-Bahn-Takt-Verbindung Liechtensteins an die S-Bahnnetze in St. Gallen und Vorarlberg zu den Anschlusspunkten Feldkirch und Buchs?
Christoph Gasser-Mair: Bei Umsetzung des Projektes erhalten die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner eine attraktive S-Bahn-Verbindung mit direkter Anbindung an den Nah- und Fernverkehr in Österreich und die Schweiz. Die Erfahrungen, unter anderem im benachbarten Vorarlberg, zeigen, dass ein gutes Angebot auf der Schiene viele Menschen zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr bewegen und damit die Verkehrs- und Umweltbelastung der Strasse reduzieren kann. Der für Liechtenstein aufgrund seiner Lage wichtige, grenzüberschreitende Verkehr kann zunehmend auf die Schiene verlagert werden und wird wesentlich erleichtert. Darüber hinaus wird im Zuge der Projektumsetzung auch die Infrastruktur (insbesondere die Bahnhöfe) erneuert und zu modernen barrierefreien Mobilitätsdrehscheiben aus- und umgebaut.

Wie gestalten sich die Anschlusspunkte für die Pendler aus Vorarlberg ab Feldkirch zu den Arbeitsplätzen in das Land Liechtenstein hinein?
Die Umsetzung des Projektes «S-Bahn-Liechtenstein» dient zuallererst der Herstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur für einen attraktiven, stabilen Nahverkehr (Halbstundentakt) zwischen Vorarlberg (Feldkirch), Liechtenstein und der Schweiz. Das kommt insbesondere auch den vielen Berufspendlern zugute, für die ein Umstieg vom Auto auf die Bahn dadurch attraktiver werden soll.

Fakt ist, dass überall dort, wo wir gemeinsam mit den Ländern getaktete S-Bahn-Systeme eingeführt haben, die Fahrgastzahlen stark nach oben gegangen sind. 

Christoph Gasser-Mair, ÖBB-Pressesprecher

Welchen Stellenwert nimmt die Güterverkehrsverbindung auf dieser Achse Innsbruck – Feldkirch – Buchs – Sargans für die ÖBB ein? Ist es richtig, dass bei einer S-Bahn-Realisierung die Güterverkehrssteigerung eingedämmt wird?
Die Verbindung zwischen Feldkirch und Buchs ist eine von zwei Bahnverbindungen zwischen Österreich und der Schweiz. Es fällt dieser Verbindung somit grundsätzliche Bedeutung zu, da sowohl im Regelbetrieb als auch zum Beispiel bei einer Streckenstörung oder Bauarbeiten Züge zwischen den beiden Ländern geführt werden können. Eine starke Steigerung des Güterverkehrs über diese Achse ist bei Umsetzung des S-Bahn-Projektes jedoch nicht zu erwarten. Es ist auch laut den angeführten Prognosen mit nicht wesentlich mehr als einem Güterzug pro Stunde zu rechnen. Bei einer Umsetzung des S-Bahn-Projekts wird nur eine moderate Entwicklung des Güterverkehrs zwischen Feldkirch und Buchs erfolgen. Ohne Infrastrukturausbau und unter der Annahme, dass der Nahverkehr nicht verdichtet wird, würden sich freie Kapazitäten für die Güterverkehrsrelationen ergeben, die über den oben genannten Zahlen liegen.

Die Technologie des Rollmaterials ist bei Güterzügen mit Sicherheit auch in der Entwicklung. Wie wird sich diese Gleitfähigkeit bzw. dieser technische Fortschritt bei Güterzugtransfers zeigen?
Das Rollmaterial für den Güterverkehr wird selbstverständlich ständig weiterentwickelt. Der Fokus auf die Eindämmung der Schallemissionen führt schon heute dazu, dass bereits zwei Drittel der Güterwagenflotte von ÖBB Rail Cargo Group mit lärmarmen Bremssohlen ausgestattet sind. Bis Ende 2020 sollen alle in Betrieb befindlichen Güterwägen noch nachgerüstet werden.

In Österreich – insbesondere auch in Vorarlberg – wird in die Bahnlinien sowie Bahnhöfe sehr stark investiert und der ÖV ausgebaut. Was zeigen die Erfahrungen in Bezug auf den Umsteigeeffekt?
Fakt ist, dass überall dort, wo wir gemeinsam mit den Ländern getaktete S-Bahn-Systeme eingeführt haben, die Fahrgastzahlen stark nach oben gegangen sind. Dazu gehören auch eine attraktive Tarifpolitik und ein gut ausgebautes Bussystem. Das trifft insbesondere auch auf die unmittelbare Nachbarschaft Liechtensteins, also Vorarlberg, aber auch Tirol zu und bringt einerseits einen Nutzen für die Pendler, weil sie stress- und staufrei, sicher und ohne lästige Parkplatzsuche ans Ziel kommen. Die S-Bahnen stiften zudem einen grossen Mehrwert für die Gesellschaft insgesamt, weil die Strassen entlastet werden und so aktiver Klima- und Naturschutz betrieben wird. Jede Fahrt mit dem Zug ist um 26 Mal klimafreundlicher als mit dem Pkw. Letztlich also ein Gewinn für den unmittelbaren Lebens- und Wirtschaftsraum.